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Luciana Lamorgese nimmt in Rom am ersten Treffen des neuen Kabinetts von Giuseppe Conte teil.
© AFP

Luciana Lamorgese und Italiens Migrationspolitik: Neue Ministerin, neuer Stil

Nach Matteo Salvini von der rechtsradikalen Lega scheint sich unter Luciana Lamorgese ein Kurswechsel in der italienischen Migrationspolitik abzuzeichnen.

Das neue Kabinett des alten und neuen Regierungschefs Giuseppe Conte ist im Amt – und keine Ministerin verkörpert den zu erwartenden Kurs- und Stilwechsel der Regierung „Conte 2“ besser als Luciana Lamorgese. Die 65-jährige parteilose Süditalienerin wird nicht wie ihr Vorgänger Matteo Salvini von der rechtsradikalen Lega einmal pro Woche auf das Dach des Ministeriums steigen, um von dort aus mit Live-Videos in den sozialen Medien gegen die Bootsflüchtlinge und deren privaten Retter zu hetzen. Sie wird das Innenministerium, wie der „Corriere della Sera“ schrieb, „normalisieren“ und „entmilitarisieren“.

Mit der neuen Ministerin wird sich der Ton ändern

Die Migration wird auch für die neue Regierung ein zentrales Thema bleiben. Die Sozialdemokraten des PD hatten die Abschaffung der zwei Sicherheitsdekrete Salvinis zur Bedingung für den Eintritt in die Regierung gemacht. Mit dem ersten wurden die Integrationseinrichtungen für Flüchtlinge praktisch abgeschafft, mit dem zweiten sind die privaten Retter kriminalisiert worden. Nicht-RegierungsOrganisationen, die mit geretteten Flüchtlingen ohne Erlaubnis in italienische Hoheitsgewässer eindringen, drohen nun hohe Bußen. Von einer Abschaffung der beiden Dekrete ist nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen zwar keine Rede mehr, aber von „Verbesserungen“.
Lamorgese wird sich hüten, alles über Bord zu werfen, was Salvini mit seiner „Politik der geschlossenen Häfen“ erreicht hat. Die drastische Verringerung der Zahl der ankommenden Bootsflüchtlinge wird von einer klaren Mehrheit der Italiener positiv bewertet. Sicherlich wird sich jedoch mit der neuen Ministerin Ton und Stil ändern. „Wir müssen bei der Immigration klare Regeln aufstellen. Aber wir müssen uns auch bewusst sein, dass das ,Anders-sein’ der Ankommenden eine Bereicherung darstellt“, sagte Lamorgese 2018.

Als bisherige Polizeichefin organisierte sie die Unterbringung der Bootsflüchtlinge

Die Zeiten, in denen Dutzende Flüchtlinge jeweils für Wochen auf privaten Rettungsschiffen blockiert wurden, oft bei sengender Hitze und hohem Seegang, dürften unter Lamorgese vorbei sein – zumal die NGOs keineswegs Italiens Hauptproblem bei der Bekämpfung der illegalen Immigration darstellen: Von den 5253 Migranten, die seit Anfang Jahr bis Ende August in Italien landeten, sind nur 947 an Bord privater Rettungsschiffe angekommen. Der Rest kam auf eigenen kleinen Booten, die auch Salvini nicht am Einlaufen in italienische Häfen hindern konnte.

Lamorgese bringt einiges an Erfahrung mit. Als bisherige Polizeichefin von Mailand organisierte sie dort die Verteilung und Unterbringung der Bootsflüchtlinge. Zuvor war sie Stabschefin im Innenministerium unter Salvinis sozialdemokratischem Vorgänger Marco Minniti gewesen. Sie kennt also den „Laden“, den sie nun führen wird.

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