Flüchtlinge: Neue App soll Integration erleichtern
Die App "Ankommen" bietet Flüchtlingen Infos zu Ausbildung, Arbeit, deutschen Werten und dem Asylverfahren in fünf verschiedenen Sprachen. Zudem gibt es einen interaktiven Deutschkurs für Sprachanfänger.
Die neue, kostenlose App "Ankommen" soll Flüchtlingen helfen, sich in Deutschland zu orientieren: Wie steht es um die Religionsfreiheit in Deutschland? Wie funktioniert das Asylverfahren? Und wo bekomme ich ärztliche Unterstützung? All diese Fragen werden in der App beantwortet. "Als praktischer Wegbegleiter soll die App beim Ankommen helfen, mit Sprach-, Kultur und Wertevermittlung", sagte Ulrich Wilhelm, Intendant des Bayerischen Rundfunks (BR) zu den Zielen des Projekts. Getragen wird die neue App vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Kooperationspartner ist neben dem Goethe-Institut auch die Bundesagentur für Arbeit. Die technische Umsetzung übernahm das Team von Mustafa Isik, Abteilungsleiter für Softwareentwicklung beim BR. Heinrich Alt, Koordinator der App, sagt: "Bis zu 90 Prozent der Flüchtlinge haben ein Smartphone - mit der App holen wir sie ab und bieten viele wichtige Informationen." In der App ist außerdem ein kostenloser und interaktiver Sprachkurs für Sprachanfänger integriert, der vom Goethe Institut beigesteuert wurde.
App ist in fünf Sprachen verfügbar
Um es den Flüchtlingen möglichst leicht zu machen, sei die App in fünf Sprachen verfügbar, sagte Mustafa Isik. Dazu gehören Deutsch, Englisch, Französisch, Farsi und Arabisch. Für Android-Handys ist die App ab heute verfügbar, für iOS plane man einen Start in den nächsten zehn Werktagen. Einmal runtergeladen kann man alle Funktionen nutzen. Ein dauerhafter Internetzugang sei nicht erforderlich. Um die App zu bewerben, starte man ab Mittwoch auch eine Marketingkampagne mit Plakaten und Werbung in Flüchtlingsunterkünften.
Von "Guten Tag" bis zur Religionsfreiheit
Doch wie funktioniert "Ankommen"? Öffnet man die App, gelangt man auf einen Startbildschirm mit vier Piktogrammen. Hinter jedem dieser Piktogramme verbirgt sich eine Kategorie. Die Erste ist "Schritt für Schritt". Hier sind alle 170 Fragen und Lektionen aufgelistet, die in der App zurzeit verfügbar sind.
Beginnend mit der Lektion "Guten Tag" über Informationen zum Asylverfahren und Religionsfreiheit bis hin zur Frage "Kann ich in Deutschland studieren?" können die Flüchtlinge sich hier informieren. Hat man einen Text gelesen, erscheint eine Medaille auf dem Bildschirm. Ein sogenanntes "Achievement" erklärt Isik. Damit wolle man sicherstellen, dass die Leute motiviert bleiben und stetig weiterlesen.
Sprachkurs für Nullanfänger
Der zweite Teil ist dann auch schon der Sprachkurs. Hier können Flüchtlinge in zurzeit zwei Lektionen die Grundkenntnisse der deutschen Sprache lernen. Sechs weitere Lektionen sollen folgen. "Sprache ist der Schlüssel der gesellschaftlichen Teilhabe", sagte Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts, zur Bedeutung der Sprachkurse. Er betont zudem, dass es sich um einen progressiven Kurs handelt. Das heißt, das Niveau wird Schritt für Schritt erhöht. "So können auch Nullanfänger, also Menschen ohne Deutschkenntnisse, den Kurs nutzen", erklärt Ebert.
Doch auch ohne die deutsche Sprache zu beherrschen, kann man sich durch die restliche App klicken. In den beiden Kategorien "Asyl, Ausbildung und Arbeit" und "Leben in Deutschland" erhalten die Flüchtlinge zahlreiche Informationen zu allem was für sie wichtig sein könnte. Unter "Asyl, Ausbildung und Arbeit" werden Fragen wie etwa "Was bekomme ich in einer Erstaufnahmeeinrichtung?" oder "Wie kann ich ein Konto eröffnen?" geklärt.
Nach Köln wurden noch Artikel zur Gleichberechtigung eingeführt
"Die Kategorie 'Leben in Deutschland' waren hingegen heikel", sagt Heinrich Alt, Koordinator der App-Erstellung. Man wollte schließlich Grundwerte vermitteln, ohne von oben herab zu diktieren. Das habe man aber gut hinbekommen, meint Isik vom BR über die eigene Arbeit. In der Kategorie stellen sich unter anderem Menschen mit Migrationshintergrund vor, die von ihren Erfahrungen in Deutschland erzählen. Fragen, sind beispielsweise "Was kann man in Deutschland trinken?" und "Wie kann ich an einem Integrationskurs teilnehmen?".
"Nach den Übergriffen in Köln haben wir außerdem noch einen Artikel zur Gleichberechtigung der Geschlechter hinzugefügt", erklärt Susanne Poelchau, Redaktionsleiterin Wissen und Forschung, vom BR. Und auch sonst wolle man aktuell bleiben. In neueren Versionen reagiere man zum Beispiel auf die Änderung von Gesetzestexten.
Feldversuche im Vorfeld
Doch sind Fragen nach der Religionsfreiheit überhaupt wichtig für Flüchtlinge? Ja, glaubt Susanne Poelchau vom BR. "Wir haben mit ersten Versionen der App Feldversuche in Flüchtlingsunterkünften durchgeführt und haben das mit in die App einfließen lassen." Man sei selbst erstaunt gewesen, dass Fragen wie "Woran sehe ich, dass da Schweinefleisch drin ist?" nicht so gefragt waren wie Informationen zu beispielsweise Religionsfreiheit.
Nils Wischmeyer