Tödliche Schüsse israelischer Soldaten: Netanjahu verbittet sich "Moralpredigten" von Erdogan
Der türkische Präsident Erdogan hatte die tödlichen Schüsse auf Palästinenser als "Massaker" kritisiert. Israels Premier Netanjahu keilt nun zurück.
Israels Regierungschef hat den Vorwurf des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan scharf zurückgewiesen, sein Land habe an 15 Palästinensern im Gazastreifen ein "Massaker“ verübt. Benjamin Netanjahu schrieb am Sonntag auf Twitter: "Die moralischste Armee der Welt wird sich keine Moralpredigten anhören von jemandem, der selbst seit Jahren eine Zivilbevölkerung ohne Unterscheidung bombardiert.“
Erdogan hatte die tödlichen Schüsse israelischer Soldaten auf mindestens 15 Palästinenser bei Massenprotesten im Gazastreifen am Samstag als "Massaker“ verurteilt. Seine Regierung werde "israelischen Terror“ immer und überall anprangern, sagte Erdogan am Samstag vor Anhängern in Istanbul und sprach von einem "unmenschlichen Angriff“. Er fügte hinzu: "Wir werden unsere palästinensischen Brüder in ihren rechtmäßigen Anliegen bis zum Ende unterstützen.“
Netanjahu schrieb bei Twitter, mit solchen Äußerungen begehe man offenbar in Ankara den 1. April. Israel kritisiert seit langem, dass die Türkei die im Gazastreifen herrschende radikalislamische Hamas unterstütze. Die Türkei und Israel hatten 2016 nach jahrelanger Eiszeit ein Versöhnungsabkommen unterzeichnet. In diesem Rahmen setzte Erdogan auch türkische Hilfslieferungen für den Gazastreifen durch.
Bei den Protesten waren 1400 Palästinenser verletzt worden
Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman kündigte ein entschlossenes Vorgehen der Armee an. Sollten die palästinensischen Proteste andauern, "werden wir uns verteidigen“, sagte Lieberman dem Armeesender am Sonntag. Man folge dem "Prinzip der eisernen Mauer“.
Bei Massenprotesten der Palästinenser an der Grenze zu Israel waren am Freitag 15 Menschen von israelischen Soldaten getötet und mehr als 1400 verletzt worden. Die meisten am Freitag getöteten Palästinenser seien "bekannte Terroraktivisten“ gewesen, sagte Lieberman.
UN-Generalsekretär António Guterres forderte "unabhängige und transparente Ermittlungen“ zu den Vorfällen vom Freitag. Lieberman sagte, man werde mit keiner Untersuchung kooperieren. Israel werde von den Vereinten Nationen regelmäßig auf ungerechte und zynische Weise einseitig angeklagt.
Verteidigungsminister Lieberman lehnt Untersuchung ab
"Ich schlage diesem ganzen Marsch der Heuchler in Israel und im Ausland vor, den Tod von einer halben Million Menschen in Syrien zu untersuchen, Hundertttausende Tote im Jemen, in Libyen, im Sudan“, sagte Lieberman. An den Protesten am Freitag hätten rund 40.000 Palästinenser teilgenommen, nach seinen Informationen seien rund 90 Prozent davon Aktivisten oder Angestellte der im Gazastreifen herrschenden Hamas sowie ihre Angehörigen gewesen.
"Wir werden nicht in den Gazastreifen zurückkehren, sie müssen ihr eigenes Schicksal in die Hände nehmen“, sagte Lieberman gleichzeitig. Wenn die Hamas das Ziel einer Zerstörung Israels aufgebe, könne man über einen Wiederaufbau des Palästinensergebiets sprechen.
Israel hatte den Gazastreifen 2005 geräumt, 2007 riss die Hamas gewaltsam die alleinige Macht an sich. Seit mehr als einem Jahrzehnt herrscht eine israelische Blockade über das Gebiet, die inzwischen von Ägypten mitgetragen wird. (dpa)