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In der Regierungskoalition von Premier Benjamin Netanjahu kriselt es schon länger.
© Amir Cohen/Reuters
Update

Regierungskrise: Netanjahu stimmt vorgezogenen Neuwahlen in Israel zu

Bisher hatte Premier Netanjahu es abgelehnt. Aber nun soll es in Israel doch vorgezogene Neuwahlen geben - und zwar im April.

In Israel finden Anfang April vorgezogene Neuwahlen statt. Darauf hätten sich alle an der Regierung beteiligten Parteien geeinigt, teilte ein Sprecher der Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Montag mit. Bislang hatte Netanjahu, dessen Regierung seit einiger Zeit in der Krise steckt, Neuwahlen abgelehnt.

Netanjahu bestätigte am Montag die Entscheidung seiner Koalition für Neuwahlen. Er erhoffe sich „ein klares Mandat für unsere Regierung, ihren Weg fortzusetzen“, sagte Netanjahu bei einer Sitzung seiner rechtsorientierten Likud-Partei in Jerusalem.
Hintergrund der Entscheidung seien Spannungen innerhalb der rechts-religiösen Regierungskoalition von Netanjahu, berichteten die Medien. Regulär sollte erst im November 2019 wieder gewählt werden.

Nach israelischen Medienberichten soll die vorgezogene Wahl nun am 9. April stattfinden. Mit einer Auflösung der Knesset (Parlament) wird an diesem Mittwoch gerechnet.

Warum setzt Netanjahu jetzt auf Neuwahlen? Er steht wegen Korruptionsvorwürfen stark unter Druck. In den kommenden Monaten wird mit einer Entscheidung der Staatsanwaltschaft über eine mögliche Anklage in drei Fällen gerechnet. Es gilt allerdings als wahrscheinlich, dass Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit seine Entscheidung wegen der Wahlen im April nun weiter aufschiebt. Außerdem war Netanjahus rechts-religiöse Regierungskoalition zuletzt immer stärker unter Druck geraten. Seit dem Rücktritt von Verteidigungsminister Avigdor Lieberman im November musste Netanjahu mit einer knappen Mehrheit von 61 der 120 Sitze im Parlament regieren. Abstimmungen in der Knesset in Jerusalem wurden zunehmend zur Zitterpartie für die Koalition. Als weiterer Grund für die vorgezogenen Wahlen gilt der fortwährende Streit um ein Wehrpflicht-Gesetz, das bis Mitte Januar verabschiedet werden muss. Ziel des Gesetzes ist, schrittweise mehr strengreligiöse Männer zum Wehrdienst zu verpflichten. Oppositionspolitiker Jair Lapid von der Zukunftspartei wirft Netanjahu jedoch vor, er habe einen Pakt mit strengreligiösen Parteien geschlossen, um eine strikte Umsetzung zu verhindern. Lapid teilte am Montag mit, er wolle deshalb das Gesetz nicht unterstützen, ebenso wie der zurückgetretene Verteidigungsminister Lieberman. Damit hätte das Vorhaben keine Mehrheit mehr. Netanjahu sprach am Montag vor seiner Fraktion von zahlreichen Errungenschaften seiner Regierung im politischen, wirtschaftlichen und militärischen Bereich. Dabei nannte er unter anderem die Entscheidung des US-Präsidenten Donald Trump vor einem Jahr, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, sowie den Umzug der US-Botschaft nach Jerusalem im Mai. Er lobte außerdem Einsätze des Militärs gegen Angriffstunnel der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen sowie der pro-iranischen Hisbollah an der Nordgrenze Israels. Bei den Parlamentswahlen im März 2015 hatte Netanjahu mit seinem rechtsorientierten Likud die meisten Stimmen geholt. Vor Liebermans Rücktritt im Streit um eine Waffenruhe im Gazastreifen bestand die Koalition aus sechs Parteien und einer Mehrheit von 66 zu 54 Stimmen im Parlament. Netanjahu ist seit 2009 durchgängig im Amt, es ist seine vierte Amtszeit als Regierungschef.

Auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas will neu wählen lassen

In der Nacht zu Montag hatte auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas angekündigt, das von der radikalislamischen Hamas kontrollierte und de facto funktionslose palästinensische Parlament aufzulösen und binnen eines halben Jahres Neuwahlen abhalten zu lassen. Das palästinensische Verfassungsgericht habe ein entsprechendes Urteil gefällt "und das müssen wir sofort umsetzen", sagte Abbas bei einem Treffen mit Vertretern der palästinensischen Führung in Ramallah. Wann das Urteil des Verfassungsgerichts in Ramallah gefallen war, teilte Abbas nicht mit.

Mit einer Auflösung des Parlaments würde Abbas den Druck auf seine Widersacher von der Hamas deutlich erhöhen. Die radikalislamische Bewegung hatte 2007 die Macht über den Gazastreifen übernommen, seitdem hat das palästinensische Parlament nicht mehr getagt. Nach palästinensischem Recht würde der Parlamentspräsident Interimspräsident, wenn der bereits 83 Jahre alte Abbas im Amt stürbe. Seine Amtszeit lief offiziell bereits 2009 aus. Weil keine Wahlen stattfanden, ist er jedoch bis heute im Amt.
Abbas, dessen Fatah im Westjordanland herrscht, hatte den Druck auf die Hamas in den vergangenen Monaten erhöht. So verringerte er etwa die Gehaltszahlungen für den unter israelischer Blockade stehenden Gazastreifen. (AFP, dpa)

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