Bayern und Sachsen-Anhalt: Neonazis missbrauchen Karnevalsumzüge für Propaganda
In Derenburg in Sachsen-Anhalt und in Würzburg haben sich Rechtsextreme unter die Karnevalsumzüge gemischt. Die Vereine distanzieren sich.
In Würzburg in Bayern und im sachsen-anhaltischen Derenburg ist es Rechtsextremen gelungen, Karnevalsumzüge für ihre Propaganda zu missbrauchen. Die Partei "Der III. Weg" reihte sich am Sonntag in Würzburg in den Faschingsumzug ein. Am Samstag mischte sich die Identitäre Bewegung (IB) Harz so wie schon im Vorjahr in den Umzug. In beiden Gemeinden distanzierten sich die Chefs der Vereine, die die Umzüge organisiert haben.
In Würzburg zogen etwa zehn Aktivisten der Neonazi-Kleinpartei "Der III. Weg" mit schwarz angemalten Gesichtern im Umzug mit, wie "Spiegel online" berichtete. Sie trugen demnach ein Plakat "Wir wissen es genau, abschieben wird uns keine Sau". Die Teilnehmer riefen "Ficki, Ficki" und "Money, money, money", einer von ihnen hatte sich mit Sakko und Maske als Bundeskanzlerin Angela Merkel verkleidet.
Die Organisatoren des Umzugs wurden eigenen Angaben zufolge von der Aktion überrumpelt. "Die Karnevalsgesellschaft bietet keinen Boden für rechtsradikale Tendenzen", sagte der Präsident der 1. Karnevalsgesellschaft Elferrat, Reinhart Stumpf.
Der Präsident des Derenburger Carnevalsvereins, Frank Heyer, sagte der "Volksstimme", was sich die Identitären erlaubt hätten, sei alles andere als Spaß. "Derenburg distanziert sich von dem Auftritt der Identitären." Außerdem wolle man im Vorstand beraten, wie künftig verhindert werden kann, dass diese Bewegung in Derenburg ein drittes Mal im Umzug eine Plattform bekommt. „Das sind wir den anderen, rund 480 Mitwirkenden, einfach schuldig. Sie haben für einen farbenfrohen, fröhlichen und sehr gelungenen Karnevalsumzug gesorgt.“
Die Identitäre Bewegung Harz hatte sich schon 2016 unter den Karnevalsumzug gemischt - sie führten damals mit fünf Teilnehmern ein Straßentheater auf, wie es später in einer Regierungsantwort auf eine Anfrage aus dem Magdeburger Landtag hieß. Die Versammlung war damals nicht angemeldet, die Behörden hatten zur Herkunft der Teilnehmer "keine Erkenntnisse".
Henriette Quade, Linken-Abgeordnete im sachsen-anhaltischen Landtag, begrüßte die Distanzierung des Karnevalsvereins von der Aktion. Es sei allerdings fraglich, warum dieser nach Erfahrungen von vergangenen Jahr vor Ort nicht aufmerksamer gewesen sei und die Teilnahme der Identitären Bewegung verhindert habe.
Die von der IB behauptete Notwendigkeit einer Verteidigung des Abendlandes gegen "Invasoren" sei ernster, als die Maskerade vermuten lasse, sagte Quade dem Tagesspiegel. "Genau das ist die politische Erzählung der extremen Rechten, der IB und der AfD. Deshalb ist es besonders bedauerlich, dass sie nicht ausgeschlossen wurden."
Matthias Meisner