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Anhänger der rechtsextremen Partei "Der III. Weg" marschieren mit Fahnen.
© Christian Ditsch/Imago

Partei "Der III. Weg": Neonazis bieten Hausaufgabenhilfe im sächsischen Plauen

Die rechtsextreme Partei "Der III. Weg" gibt in Plauen Nachhilfestunden für Schüler. Der Oberbürgermeister sieht keine Handhabe dagegen.

Es ist mit 90 Mitgliedern in Sachsen noch eine Kleinpartei - aber gefährlich gut vernetzt und mit vielen Sympathisanten. "Es ist zu erwarten, dass insbesondere die Akteure der Partei im Vogtland weiterhin auch außerhalb Sachsens eine große Rolle bei den kommenden Parteiaktionen spielen werden", berichtet der sächsische Verfassungsschutz über die Neonazis der Partei "Der III. Weg". Und nennt insbesondere die Aktivitäten in der Vogtland-Metropole Plauen, wo 2015 ein "Stützpunkt" gegründet und 2017 das bundesweit erste "Partei- und Bürgerbüro" eröffnet worden ist.

Seit ein paar Monaten dort neu im Angebot: eine Hausaufgabenhilfe für Schüler, die nach Angaben von Plauener Bürgern auch rege in Anspruch genommen wird. Auf der Internetseite der rechtsextremen Partei ist ein Bild mit dem Parteifunktionär Tony Gentsch zu sehen, wie der einem Schüler bei den Aufgaben hilft. Dazu der Text: Schüler könnten zu den Öffnungszeiten "in unserem Büro vorbeikommen, wenn sie Hilfe bei Schulaufgaben sowie einzelnen Fächern benötigen". Gentsch ist laut Verfassungsschutz ein "auch überregional maßgeblicher Kader" der neonazistischen Partei.

Muss das sein? Diese Frage richtete diese Woche in der "Einwohnersprechstunde" in Plauen ein Bürger an Oberbürgermeister Ralf Oberdorfer (FDP). Könne die Stadt nicht eigene Angebote machen? Teilnehmern zufolge antwortete Oberdorfer, "Der III. Weg" sei eine "demokratisch genehmigte" Partei. Deshalb gebe es auch "keine Handhabe", gegen dieses Angebot etwas zu unternehmen. "Ich sehe keine Möglichkeit, zugelassene Parteien über das Gesetz hinaus zu beschränken", wird der Plauener Oberbürgermeister vom "Vogtland-Anzeiger" zitiert.

Die 'Kundschaft' wird ja von den Nazis nicht mit dem Lasso eingefangen und zwangsweise ins Parteibüro entführt, sondern geht da aus freien Stücken hin. Folglich ist es Aufgabe der Eltern, Pädagogen und der ganzen ehrsamen Zivilgesellschaft, den Kindern überzeugend klar zu machen, warum man nicht zum Nazi geht.

schreibt NutzerIn crossoverhill

Oberbürgermeister: Kinder nicht dem braunen Spektrum überlassen

Auf Tagesspiegel-Anfrage bestätigt Oberdorfer: "Grundsätzlich ist die Antwort natürlich richtig, dass ,Der III. Weg' keine verbotene Partei ist. Damit ist sie in einer Demokratie legitimiert."

Der FDP-Politiker fügt hinzu: "Das heißt jedoch nicht, dass wir in Plauen dem Tun tatenlos zusehen." Es gebe den "Runden Tisch für Demokratie und Toleranz", wo sich eine Vielzahl demokratischer Kräfte zusammengeschlossen habe und "die Stadt immer mit am Tisch" sitze. "Dort plant und organisiert man unter Führung der Kirche gemeinsame Aktionen, an denen sich wiederum sehr viele Plauenerinnen und Plauener am Protest gegen antidemokratische Kräfte beteiligen. Auch bietet Plauen eine Vielzahl von Freizeiteinrichtungen an, die von der Stadt und vom Landkreis unter anderem auch finanziell unterstützt werden, um Kinder und Jugendliche nicht dem braunen Spektrum zu überlassen."

Die Sprecherin der Stadtverwaltung, Silvia Weck, schickt noch einen Veranstaltungshinweis des Runden Tisches hinterher: Ende Februar findet ein Filmabend statt, gezeigt wird "Von Neonazis und Superhelden. Die Kleinstadt Themar und der Rechtsrock". Auch der Filmemacher Adrian Oeser will dann nach Plauen kommen. "Ein schönes Beispiel einer Aktion des Runden Tisches", schreibt Weck dazu.

Der Plauener Linken-Stadtrat Lars Legath erklärt: "Hinter dem angeblichen sozialen Engagement des ,Der III. Weg' steckt aus meiner Sicht eine geschickte Werbestrategie." Die Neonazis würden in ihren Behauptungen bewusst ausblenden, dass in Plauen seit Jahren eine sehr gute Jugendhilfestruktur und viele Hilfsangebote für Bedürftige existierten. "Dadurch solle den Bürgerinnen und Bürgern vermittelt werden, dass "die Stadt" nichts für sie mache, "das ist aber falsch".

Doch wird in Plauen genug getan, um die weitere Ausbreitung der braunen Partei "Der III. Weg" zu verhindern? An Warnungen mangelt es nicht. 2017 hatte die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke die Aktivitäten von "Der III. Weg" in Plauen als Beispiel dafür erwähnt, dass sich Neonazis als "Kümmerer" und "Interessenvertreter des deutschen Volkes" darstellen, um mit Idealen wie Solidarität und Hilfsbereitschaft neue Anhänger zu rekrutieren.

Im sächsischen Verfassungsschutzbericht heißt es zu der "ideologisch am historischen Nationalsozialismus orientierten Partei": "Wahrscheinlich ist, dass die Bedeutung der Partei im Freistaat Sachsen weiter steigen wird. Dies dürfte sie in Zukunft zu einem der bestimmenden Einflussgrößen der rechtsextremistischen Szene machen." Die Programme von NSDAP und "Der III. Weg" eine die "biologische Sicht auf den Volksbegriff". Volksgenosse“ sein könne demnach nur, wer "deutschen Blutes" sei.

Monatliche "Volksküchen" und "Deutsche Winterhilfen"

Gentsch hatte schon bei der Eröffnung des "Partei- und Bürgerbüros" 2017 monatliche "Volksküchen", monatliche "Deutsche Winterhilfen" und offene "Jugendabende" angekündigt. Diese "sozialen Aktivitäten" würden sich explizit entsprechend der ideologischen Ausrichtung der Partei nur an "Deutsche" richten, heißt es in der Expertise des Nachrichtendienstes. Das "Partei- und Bürgerbüro" sei eine bisher bundesweit einzigartige Immobilie, die der Partei "Der III. Weg" einen Versammlungs-, Lager- und Rückzugsraum biete, von dem aus auch bundesweit die Aktivitäten der Partei organisiert und unterstützt werden könnten. Auf der Internetseite des "Der III. Weg" werden seit einiger Zeit zusätzlich auch kostenlose Selbstverteidigungskurse für Kinder angeboten, organisiert von der "parteinahen Arbeitsgruppe Körper & Geist".

Zudem wählen die Rechtsextremisten seit Jahren immer wieder die Straße als Aktionsfeld. Im Dezember versuchte "Der III. Weg", die französischen Gelbwesten-Proteste bei einer Demonstration durch Plauen für sich zu vereinnahmen. Ende September übten die Neonazis von "Der III. Weg" in Plauen den Schulterschluss mit der AfD. Letztere hatte den Ex-Landesvorsitzenden aus Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, als Gastredner verpflichtet. Im Publikum auf dem Altmarkt standen - gut erkennbar mit einheitlichen Shirts und Plakaten - sieben, acht Leute der rechtsextremen Kleinpartei.

Anfang September hatten sich laut Versammlungsbehörde sogar 550 Menschen an einer "Der III. Weg"-Demonstration durch Plauen beteiligt, darunter auch viele Familien mit Kindern. Der Auftaktredner verkündete via Lautsprecher "Die Lösung heißt Nationalsozialismus", doch die Polizei sah keinen Anlass zum Eingreifen. Nach Angaben der Lokalzeitung "Freie Presse" hatte die Polizei zum Teil ausländisch aussehende Passanten weggeschickt, bevor die Rechtsextremisten durch die Innenstadt zogen. Die Polizeidirektion Zwickau berichtete damals unter der Überschrift "Friedliches Versammlungsgeschehen" über den Aufmarsch.

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