Umgangsrecht: Mütter müssen teilen lernen
Der Bundesgerichtshof zeigt sich offen, dass geschiedene Eltern ihre Kinder abwechselnd bei sich betreuen. Das kann nur klappen, wenn die Frauen mitmachen. Ein Kommentar.
Die Karriere des Begriffs „Kindeswohl“ im Kontext von Trennung und Scheidung ist ein Ausdruck von Ratlosigkeit. Wenig familiäres Geschehen demoliert das Kindeswohl in einer Weise, wie es das Auseinandergehen der Eltern vermag. Die gerichtliche Orientierung am „Kindeswohl“ kann die Brüche meist nicht mehr kitten. Kinder hassen und fürchten den elterlichen Streit.
Doch wie sollen Gerichte anders die unlösbaren Konflikte angehen, die zerstrittene Paare ihnen aufbürden? Das Kindeswohl ist daher erneut der zentrale Begriff im jüngsten grundlegenden Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Umgangsrecht nach der Trennung (Az.: XII ZB 601/15). Es geht um die Frage, ob eine paritätische Regelung, bei der die Kinder abwechselnd bei den früheren Partnern leben, gegen den Willen des einen Partners durchgesetzt werden kann. Ohne Antidiskriminierungsvokabular: Ob Väter einen Anspruch haben, dass die Kinder bei ihnen ebenso aufwachsen dürfen wie bei der Mutter.
Viele Gerichte meinten, einen solchen Anspruch gebe das Gesetz nicht her. Das hat der BGH sanft korrigiert. Die familienrichterliche Anordnung des sogenannten Wechselmodells sei trotz Ablehnung der Mutter „nicht ausgeschlossen“. Entscheidend ist – das Kindeswohl. Die Gerichte sollen es gründlich untersuchen und insbesondere die Kinder fragen.
Männer sind Egoisten, Frauen opfern sich auf
Klingt salomonisch. In der Praxis sieht es dann oft anders aus. Denn weil weniges dem Kindeswohl so schadet wie der Elternzwist, soll er gerade nach der Trennung vom Kind ferngehalten werden. Das bedeutet dann, dass ein Wechselmodell richterlich nur verordnet werden darf, wenn einigermaßen Frieden herrscht. Was wiederum schwierig ist, weil Trennungspaare, bei denen Frieden herrscht, selten bei Gericht erscheinen.
Der BGH-Beschluss ist deshalb nur ein freundlicher Wink, mehr nicht. Schon gar nicht ist er ein Durchbruch für Väter, die in einer gleichberechtigten Rolle als Erzieher wahr- und ernstgenommen werden wollen. Auch im entschiedenen Fall schimmert Skepsis der Richter durch, ob der Vater bei seinem Begehren nicht mehr als das Wohl des Kindes sein eigenes im Auge haben könnte. Dass Erziehung und Zusammensein mit Kindern heutzutage als unentbehrliches Erlebnis geschildert werden, dürfte dazu beitragen, ich-süchtige Motive zu unterstellen.
Motive, die man Frauen in vergleichbarer Lage eher selten unterstellt. Prägend ist hier das rundweg positive Bild von Verantwortung und Selbstaufgabe. Bei allem gesellschaftlichen Fortschritt hat sich daran bisher wenig geändert. So haben es die Mütter in der Hand: Schüren sie Konflikte, wird kein Wechselmodell angeordnet. Sie müssen freiwillig hergeben, was sie eigentlich behalten wollen. Anders kann es keine Gleichberechtigung geben. Sie sind hier das stärkere Geschlecht.
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