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Der britische Premier Boris Johnson hat zwischenzeitlich mit dem Abbruch der Post-Brexit-Verhandlungen gedroht.
© REUTERS

Post-Brexit-Gespräche: Moment der Entscheidung

Verändert der Rauswurf des Londoner Beraters Cummings etwas an den Post-Brexit-Gesprächen? In jedem Fall erwartet die EU von Premier Johnson eine Entscheidung.

Vor einigen Tagen twitterte Michel Barnier, der EU-Chefverhandler bei den Post-Brexit-Gesprächen mit Großbritannien, ein vielsagendes Foto. Die Aufnahme zeigt den Franzosen in London während einer Pause bei den Verhandlungen über einen Handelsvertrag neben einem Fußballfeld. In einem Wortspiel schrieb Barnier, er habe sich in der britischen Hauptstadt „ebene Spielfelder“ anschauen wollen. Wer die Post-Brexit-Verhandlungen verfolgt, weiß allerdings, was in der Handelspolitik mit „level playing field“ eigentlich gemeint ist: gleiche Wettbewerbsbedingungen sowohl für die EU als auch für Großbritannien. Und an diesem Punkt haken unter anderem die Gespräche, die inzwischen unter erheblichem Zeitdruck stattfinden.

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Möglicherweise wollte Barnier mit dem Twitter-Foto seine Frustration darüber zeigen, dass in den Verhandlungen mit seinem britischen Gegenüber David Frost immer noch kein Durchbruch erzielt worden ist. Die Gespräche befinden sich inzwischen in ihrer entscheidenden Phase: Demnächst wird sich entscheiden, ob Großbritannien zum Ende des Jahres den EU-Binnenmarkt und die Zollunion mit einem Vertrag verlässt oder ob im Falle eines „No Deal“ Zölle erhoben werden müssen.

Cummings stand hinter Johnsons harter Linie

Möglicherweise verändert der Rauswurf von Dominic Cummings, des Beraters von Premierminister Boris Johnson, auch etwas am britischen Verhandlungskurs. Cummings galt stets als Vertreter einer harten Linie gegenüber Brüssel. Die Folge: Johnson versuchte in den vergangenen Wochen, die EU mit Drohungen unter Druck zu setzen. So kündigte der Premierminister zwischenzeitlich im Oktober an, den Verhandlungstisch zu verlassen, wenn es keine „fundamentalen Änderungen“ an der Position der EU gebe.

Am kommenden Montag sollen die Gespräche nun in Brüssel fortgesetzt werden. Zum entscheidenden Moment könnte eine Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs der EU am kommenden Donnerstag werden. Offenbar erwartet die EU von Johnson, bis dahin zu entscheiden, ob er sich auf einen Deal mit der EU einlassen will oder nicht. Bereits zuvor hatte Barnier durchblicken lassen, dass bis spätestens Mitte November eine Entscheidung stehen müsse, um anschließend ausreichend Zeit für die Ratifizierung des Vertragswerks in der EU zu lassen.

EU verlangt Einhaltung von Mindeststandards

Zu den Knackpunkten gehört die Forderung der EU, dass Großbritannien auch in Zukunft gewisse Mindeststandards einhalten soll, um einen unfairen Wettbewerb zu vermeiden. Johnson muss nun ohne seinen Berater Cummings entscheiden, ob er endlich den gordischen Knoten durchschlagen oder sich auf eine Verlängerung der Hängepartie über den EU-Gipfel am kommenden Donnerstag hinaus einlassen soll.

In London sind bereits Einflüsterer aus beiden Lagern unterwegs. So gehört Finanzminister Rishi Sunak zu denjenigen, die sich für einen raschen Abschluss mit der EU aussprechen. Aber auch die Befürworter eines „No Deal“ haben trotz des Rückzugs von Cummings noch keineswegs aufgegeben. So forderte der Brexiteer John Redwood, der die konservative Regierungspartei im Unterhaus vertritt, dass Großbritannien sich zum Jahresende komplett von der EU „befreien“ müsse.

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