zum Hauptinhalt
Mit Dreieckstuch der "Arischen Bruderschaft" und Schraubenschlüssel: einer der mutmaßlichen Täter im Eichsfeld.
© MM
Update

Brutaler Angriff in Thüringen: Mit Baseballschläger und Schraubenschlüssel: Neonazis attackieren Journalisten

Zwei Journalisten hatten Aufnahmen vom Grundstück des Thüringer NPD-Chefs Heise gemacht. Sie wurden von Rechten überfallen, verletzt und beraubt.

In Thüringen sind zwei Journalisten von mutmaßlichen Rechtsextremen angegriffen und beraubt worden. Auslöser seien offenbar Foto- und Filmaufnahmen vom Grundstück des Thüringer NPD-Chefs Thorsten Heise im Eichsfeld gewesen, wie die Polizei in Nordhausen am Montag mitteilte. Später seien die beiden Reporter auf einer Landstraße bei Hohengandern in ihrem Auto von zwei maskierten Männern überfallen worden.

Die Angreifer raubten ihnen den Angaben zufolge die Fotoausrüstung, bevor sie im Auto flüchteten. Der Wagen der Opfer wurde demnach zerstört, die beiden Männer wurden leicht verletzt. Bei den Tatverdächtigen handelt es sich den Angaben zufolge um zwei 24-Jährige aus dem Eichsfeld, die der rechten Szene zugerechnet werden. Noch am Sonntag durchsuchte die Polizei das Grundstück des Chefs der NPD im Dorf Fretterode nach möglichen Beweismitteln. Der Staatsschutz übernahm die weiteren Ermittlungen.

Thüringens NPD-Chef Thorsten Heise auf dem Neonazi-Festival am 20. und 21. April im ostsächsischen Ostritz.
Thüringens NPD-Chef Thorsten Heise auf dem Neonazi-Festival am 20. und 21. April im ostsächsischen Ostritz.
© Foto: John MacDougall/AFP

Die beiden Fotografen erstatteten unterdessen Strafanzeige wegen Verdachts des schweren Raubes und eines versuchten Tötungsdelikts, wie der Göttinger Anwalt Sven Adam mitteilte. Der Pressefotograf und sein Begleiter aus Göttingen befanden sich demnach zu Recherchezwecken im Eichsfeld, als sie von Personen des rechten Spektrums entdeckt worden seien. Dem Anwalt zufolge kam es zu einer Verfolgungsjagd.

Nachdem das Fahrzeug der Journalisten in einem Graben zum Stehen kam, seien diese mit einem Baseballschläger, einem Messer, einem etwa 40 Zentimeter großen Schraubenschlüssel und Pfefferspray angegriffen worden. Einer der Angegriffenen habe unter anderem eine Stichverletzung im Oberschenkel erlitten, sein Begleiter eine Kopfplatzwunde. Am Auto seien die Scheiben zerstört und die Reifen zerstochen worden.

Der Fotograf konnte nach Angaben seines Rechtsanwalts noch aus dem eigenen Fahrzeug Fotos von einem der Täter anfertigen. Die SD-Karte mit diesen Fotos kam nicht in den Besitz der Rechten und wurde der Polizei für die weiteren Ermittlungen zur Verfügung gestellt. Laut "Göttinger Tageblatt" handelt es sich bei den beiden Opfern der Neonazi-Attacke um freie Journalisten.

Heise war Organisator des Neonazi-Festivals in Ostritz

Heise war der Organisator des Neonazi-Festivals "Schild & Schwert" vor gut einer Woche im ostsächsischen Ostritz. Gegen ihn wurde anschließend ermittelt wegen eines Verstoßes gegen Paragraph 86a des Strafgesetzbuches, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Ordner auf dem Festival hatten T-Shirts mit dem Schriftzug "Arische Bruderschaft" getragen. Abgebildet war darauf das Logo zweier gekreuzter Stielhandgranaten, das fast identisch ist mit dem des berüchtigten "SS-Sonderkommandos Dirlewanger". Heise vertreibt diese und andere Produkte mit diesem Logo auch über einen Online-Shop.

Linke: NPD Sammelbecken für Straf- und Gewalttäter

Die Thüringer Linken-Bundestagsageordnete Martina Renner nahm die Attacke zum Anlass, die Behörden zu erhöhter Sensibilität vor dem am 1. Mai geplanten NPD-Aufmarsch in Erfurt aufzurufen. "Allein schon diese Aktionen und Hintergründe sollten für die Erfurter Behörden Grund genug sein, den Neonazi-Aufmarsch am Tag der Arbeit und seine Teilnehmer sehr genau unter die Lupe zu nehmen", sagte sie. Der Vorfall im Eichsfeld zeige, dass die NPD ihre Strukturen als Sammelbecken für Straf- und Gewalttäter weiter ausbaue. Ein Angreifer sei NPD-Funktionär im niedersächsischen Landesvorstand und an dem Überfall von Neonazis in Leipzig-Connewitz im Januar 2016 beteiligt gewesen, berichtete Renner.

Auch der Versammlungsleiter des Aufmarschs am 1. Mai in Erfurt, Axel Schlimper, habe einen gewalttätigen Hintergrund, sagte die Linken-Bundestagsabgeordnete weiter. Dem ehemaligen Thüringer Regionalleiter des mittlerweile aufgelösten Holocaustleugner-Netzwerks "Europäische Aktion" und seinem Verein "Stahlsau" würden paramilitärische Aktivitäten vorgeworfen. Schlimper ist auch Teil eines deutsch-österreichischen Netzwerks mit guten Kontakten zu einer militanten Neonazi-Organisation in Ungarn. (mit AFP)

Zur Startseite