Griechenland, Vorratsdatenspeicherung und Pegida: Mister Zickzack: Scharfe Kritik an Sigmar Gabriel
Ein SPD-Mitglied macht in einem Blogpost auf einer SPD-Plattform im Netz seinem Unmut über Parteichef Sigmar Gabriel Luft - und erntet dafür viel Zuspruch.
In der "Bild"-Zeitung wird Sigmar Gabriel schwer gelobt. Zumindest soll es wohl ein Lob sein, denn das Boulevardblatt hat heute Gabriel zumindest wörtlich die Pickelhaube aufgesetzt und ihn als "Eisernen Sigmar" tituliert, nachdem sie Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern bildlich die Haube aufgezogen hatten. Doch in der eigenen Partei kommt der Kurs des SPD-Chefs nicht wirklich gut an und das betrifft nicht nur seine Griechenland-Politik. In einem Blogpost auf der Seite "deinespd.de", eine Plattform der SPD-Basis, macht sich Björn Uhde, Administrator der Seite, Luft.
Er schreibt: "Ich bin seit 20 Jahren in der SPD, ich habe Schröder unterstützt und stand bei seinen Wahlsiegen als Wahlhelfer im Lokal. Frank-Walter Steinmeier habe ich unterstützt. Peer Steinbrück habe ich unterstützt. Dich kann ich leider nicht unterstützen." Uhde wirft Gabriel nicht so sehr seine inhaltliche Positionen vor als vielmehr seinen Schlingerkurs. "Ich habe ein Problem mit deinem Zickzack-Kurs. Und der Art und Weise, wie du unsere SPD in der Öffentlichkeit darstellst."
Der Autor zählt unter anderem seine Haltung zu Pegida auf. Da habe SPD-Generalsekretärin Fahimi zunächst erklärt, keinen Umgang mit den "braunen Gestalten" zu pflegen und dann sei Gabriel selbst vor Ort gewesen. Zweites Beispiel sei die Vorratsdatenspeicherung. Da sei die SPD durch die klare ablehnende Haltung von Bundesjustizminister Heiko Maas zunächst als Bürgerrechtspartei wahrgenommen worden, bis Gabriel Maas ad absurdum geführt habe. Ergebnis: "11 Landesverbände ignoriert, der SPD eine unwahrscheinlich miese Presse verschafft."
Etliche Mitglieder, Unterbezirke und Ortsvereine hätten den Kurs von Gabriel Pro VDS kritisiert. Uhde führt weiter aus: "Lieber Sigmar: das sind keine Berufsquerulanten. Das sind die Leute, die diese Partei tragen. Das sind die, die Wahlkämpfe organisieren. Das ist das Rückgrat unserer Partei. Das jetzt keine Lust mehr auf einen Bundestagswahlkampf 2017 hat. SPD im Land: JA. SPD in der Gemeinde: JA. SPD im Bund? NIE.“ Es gebe auch eine weitere Sprachregelung: "Bundes-SPD: GGG: Ganz große Grütze, Landes-SPD (Bayern): GG: Große Grütze, Ortsverein: G: Geil."
Außerdem verstehe keiner wie man die VDS beschließen könne und #digitalleben als Jahreslosung ausrufen kann. Das sei ein bemerkenswerter Akt. "Und dann das „Digitale Grundsatzprogramm“ eine Woche nach dem verheerenden VDS-Beschluss anfangen, zu diskutieren – Wer macht bei euch im Willy-Brandt-Haus eigentlich die Terminierung?"
Auch die Griechenland-Politik Gabriels kritisiert Uhde. "Als erstes begrüßt du das Referendum, dann findest du es vollkommen unsinnig. Um nach dem „Oxi“-Resultat vorzupreschen und gleich mal zu konstatieren, daß sich die Griechen selbst abgeschossen haben – mehr oder weniger. Einen Tag später stehen die Türen für Verhandlungen weiter offen. ... Kurzum: Hast du deinen Laden noch im Griff? Also mehr als die Delegierten des Parteikonvents? Und die Werbeabteilung des Willy-Brandt-Hauses."
Uhde wirft Gabriel mangelhafte Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit vor. "Mister Zickzack: mit deinem derzeitigen Kurs, der eher die SPD verstört als mitnimmt, mit diesem Politikverständnis wirst du nie Kanzler." Die Menschen würden eher ein Gefühl wählen und seien keine "political animals" . "Die laufen im Herbst 2017 ins Wahllokal und wählen die Persönlichkeit, bei der sie sich aufgehoben fühlen. Und das wird Angela Merkel sein. Und ich überlege es mir, ehrlich gesagt, auch." Uhde schließt mit der Frage: "Wer aber sogar in der eigenen Partei unnötige Gräben aufreißt, wer so verheerend mit der SPD umgeht – wie regiert der erst Deutschland?"
Der Blogpost stößt auf jeden Fall auf Resonanz. Auf Facebook wurde der Text häufig geteilt. Nico Lumma, Co-Vorsitzender des netzpolitischen Vereins D64 kommentierte den Post mit einem schlichten "Tja".
Mathias Richel, ebenfalls D64-Mitglied macht es ähnlich: "Tja, so was kommt von so was." Viele Kommentatoren auch auf der Facebook-Seite von Björn Uhde selbst unterstützen die Kritik.
Prominente SPD-Mitglieder und Mandatsträger haben noch nicht auf die Kritik im Netz reagiert. Gleichwohl steht Gabriel auch dort seit einiger Zeit in der Kritik - vor allem von Seiten der Parteilinken. Das jüngste, von ihm initiierte Strategiepapier mit dem Titel „Starke Ideen für Deutschland 2025“, das seine Partei fit für die Bundestagswahl 2017 machen soll, stößt auf Kritik. Gabriel versucht damit einen Schwenk von der linken Mitte zur "arbeitenden Mitte" zu vollziehen. Auch von einem "patriotischem Selbstverständnis" ist die Rede. Diesen Punkt kritisiert Uhde in seinem Blogpost ebenfalls.