Integrationskosten für Flüchtlinge: Ministerpräsidenten machen Druck auf Scholz und Merkel
Die Länder akzeptieren die Kürzungen bei den Integrationszuschüssen des Bundes nicht - ein Sondertreffen mit der Kanzlerin soll es richten.
Der Konflikt spitzt sich zu: Die Ministerpräsidenten der Länder haben am Donnerstag bei einem Treffen in Berlin einmütig die von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) geplanten Kürzungen bei den Bundesmitteln für die Integration von Flüchtlingen abgelehnt. Noch einmal wollen sie sich mit Scholz zusammensetzen, um eine Lösung zu finden. Gibt es dann kein Ergebnis, wollen sie die Kanzlerin einbinden. Ein Sondertreffen mit Angela Merkel soll dann das erhoffte Ergebnis bringen - nämlich mindestens so viel Bundesgeld für die Länder und die Kommunen zu bekommen wie bisher. Das machten der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, der Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), und sein Stellvertreter Tobias Hans (CDU) aus dem Saarland deutlich.
In dem seit Monaten schwelenden Streit um die Flüchtlingskosten geht es einerseits um Geld, andererseits aber auch darum, für die nächsten Jahre eine verlässliche Lösung zu bekommen, die jährliche Neuverhandlungen über die Mittelverteilung überflüssig machen. Bisher machen die Bundesmittel 4,7 Milliarden Euro im Jahr aus, wobei die Vereinbarung dieser Summe noch aus Zeiten größerer Flüchtlingszahlen stammt. Laut Tschentscher deckt das etwa ein Viertel der Gesamtkosten, zu denen neben Integrationsmaßnahmen nicht zuletzt die Kosten der Unterkunft kommen. Was Scholz bisher anbietet, läuft aus Ländersicht auf eine deutliche Verringerung hinaus - es wären dann noch 1,3 Milliarden Euro im Jahr. Der Bundesfinanzminister will zudem ein neues Pauschalmodell einführen, in dem der Bund einmalig für jeden anerkannten Flüchtling insgesamt 16000 Euro über fünf Jahre bezahlt, und zwar in fallenden Jahressummen.
"Nicht eins zu eins"
Der Saarländer Hans machte deutlich, dass die Länder nicht erwarteten, dass die Zahlungen des Bundes „eins zu eins wie 2019“ weitergeführt würden. Aber es müsse mehr geboten werden als bisher. „Wir lassen da nicht locker“, sagte er. Laut Tschentscher sind die Länder bereit, eine flexiblere Lösung als bisher zu akzeptieren. Doch das Pauschalmodell von Scholz tauge nicht, weil es zu wenig passgenau sei. Es gehe nicht nur um anerkannte Flüchtlinge, die einen Aufenthaltsstatus in Deutschland haben, sondern auch um Asylbewerber. Der Hamburger Bürgermeister forderte, es müssten mindestens die 1,8 Milliarden Euro des Bundes für die Unterkunftskosten weiterhin fließen. Dazu müsse auch weiterhin eine Integrationspauschale für jeden Flüchtling kommen. Für diese Pauschale zahlt der Bund bisher 2,4 Milliarden Euro.
Scholz verweist auf Koalitionsvertrag
Scholz verweist auf den Koalitionsvertrag, in dem eine Gesamtsumme an Bundeshilfen von acht Milliarden Euro für diese Wahlperiode bis 2021 vereinbart worden war. Diesen Vertrag hätten auch mehrere Ministerpräsidenten mitverhandelt. Scholz kündigte zwar am Mittwoch an, eine einvernehmliche Lösung anzustreben und bat um weniger Aufgeregtheit in der Debatte. Doch der einmütige Beschluss der Ministerpräsidenten, sich zügig an Merkel zu wenden, sollte das nicht der Fall sein, macht deutlich, dass sie sich nicht hinhalten lassen wollen. Mit dem Appell an die Kanzlerin verbinden sie offenbar die Hoffnung, dass Merkel als Urheberin der hohen Flüchtlingszahlen nach 2015 kein Interesse hat, das Thema in die anstehenden Wahlkämpfe insbesondere im Osten zu ziehen.
Scholz andererseits hat seine Etatplanung für 2020 und die Jahre danach sehr eng stricken müssen, weil wegen des geringeren Wirtschaftswachstums die Steuereinnahmen geringer ausfallen als bisher geplant. Im Bundesfinanzministerium und auch in den Koalitionsfraktionen im Bundestag weist man daher seit längerem darauf hin, dass die Länder und auch die Kommunen in ihrer Gesamtheit noch bis 2022 mit Überschüssen rechnen könnten, während beim Bund die schwarze Null nur mit Anspannung zu erreichen sei.