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Bei den Kurdenprotesten in der Türkei gegen die Tatenlosigkeit Ankaras angesichts der drohenden Eroberung der syrischen Stadt Kobane durch Dschihadisten sind mindestens zwölf Menschen getötet worden. Hier im Bild: Die Stadt Diyarbakir.
© AFP

Zusammenstöße in mehreren Städten: Mindestens zwölf Tote bei Kurdenprotesten in der Türkei

Die Kurden-Bastion Kobane droht in die Hand der IS-Terroristen zu fallen. Gegen die Tatenlosigkeit Ankaras gingen in vielen türkischen Städten Kurden auf die Straße.

Bei den Kurdenprotesten in der Türkei gegen die Tatenlosigkeit Ankaras angesichts der drohenden Eroberung der syrischen Stadt Kobane durch Dschihadisten sind mindestens zwölf Menschen getötet worden. Viele weitere wurden laut Medienberichten verletzt, als es am Dienstag in zahlreichen mehrheitlich von Kurden bewohnten Städten im Südosten zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei, aber auch mit Islamisten kam.
Die Demonstranten werfen Ankara vor, dem drohenden Fall der Kurdenstadt Kobane an die Extremistengruppe Islamischer Staat (IS) tatenlos zuzusehen. Das Parlament hat zwar den Einsatz der Armee in Syrien und dem Irak autorisiert, doch hat die Regierung von Ministerpräsident Ahmet Davutoglu bisher keine militärische Intervention gestartet. Die Kurdenpartei HDP hatte deshalb zu den landesweiten Protesten am Dienstag aufgerufen, tausende Menschen folgten dem Appell.
In der südöstlichen Großstadt Diyarbakir wurden nach Berichten vom Abend fünf Menschen getötet, als es zu Schusswechseln zwischen prokurdischen Aktivisten und Islamisten kam. Mindestens zehn weitere wurden verletzt. Ein Polizeifahrzeug, weitere Autos, Geschäfte und Regierungsgebäude wurden in Brand gesteckt oder anderweitig beschädigt. Mindestens drei Tote wurden aus Mardin gemeldet, zwei in Siirt sowie jeweils einer aus den Städten Batman und Mus.

In den kurdischen Provinzen Diyarbakir, Mardin, Siirt und Van wurde eine Ausgangssperre verhängt. Die Polizei setzte in Istanbul und Ankara Tränengas und Wasserwerfer gegen die Demonstranten ein. Proteste gab es auch in der Küstenstadt Antalya sowie in Mersin und Adana im Süden.

Innenminister Efkan Ala forderte die Demonstranten am Abend zum Rückzug auf, sonst drohten "unvorhersehbare Folgen". Der inhaftierte Anführer der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Abdullah Öcalan, schrieb derweil in einer Botschaft, die Regierung habe bis Mitte Oktober Zeit, um ihre Ernsthaftigkeit bei den Friedensverhandlungen mit der PKK zu zeigen. Die schon länger stockenden Gespräche stehen angesichts des Konflikts um Kobane vor dem Scheitern.

Demonstrationen auch in vielen deutschen Städten

Nicht nur in der Türkei, sondern auch in zahlreichen Städten Deutschlands, Frankreichs und Belgiens gab es Proteste der Kurden. Mehrere Dutzend kurdische Demonstranten drangen am Dienstag in das Europaparlament in Brüssel ein. Nachdem sich mehrere Abgeordnete mit ihnen zu Gesprächen trafen und Parlamentspräsident Martin Schulz einer Delegation seine Unterstützung gegen die Dschihadisten zusagte, zogen die Demonstranten wieder ab.

In Berlin, Bremen, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Kiel und Stuttgart kamen am Montagabend und Dienstag teils mehrere hundert Menschen zu Kundgebungen zusammen. In Bonn drangen Demonstranten in das Gebäude der Deutschen Welle ein, um eine Deklaration zu übergeben. Auch in Düsseldorf und Kiel gab es in den Studios der Rundfunksender WDR und NDR ähnliche Aktionen. Die Demonstrationen verliefen überwiegend friedlich. Nahe des Präsidentensitzes in Paris versammelten sich rund 200 Kurden zu einem Sitzstreik, bevor am Abend etwa 500 Demonstranten am Außenministerium vorbeizogen. Weitere Protestmärsche mit hunderten Teilnehmern gab es in Marseille, Toulouse und Bordeaux. Dabei gab es in Toulouse Zusammenstöße mit der Polizei, die Tränengas einsetzte. In Marseille wurden vor dem türkischen Konsulat 15 Demonstranten festgenommen. (AFP)

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