Vier Deutsche in Ost-Ukraine festgenommen: Milizenführer bezeichnet OSZE-Beobachter als "Kriegsgefangene"
Insgesamt 13 OSZE-Beobachter sind laut Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen von prorussischen Separatisten in der ost-ukrainischen Stadt Slawjansk festgesetzt worden. Der dortige Milizenführer verdächtigt diese der Spionage.
Der prorussische Milizenführer in der ostukrainischen Stadt Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarew, bezeichnet die festgesetzten Mitarbeiter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) als „Kriegsgefangene“. „Wir haben insgesamt zwölf Personen festgenommen, darunter vier ukrainische Offiziere“, sagte der selbsternannte Bürgermeister der „Bild"-Zeitung vom Samstag laut einer vorab verbreiteten Mitteilung. „Sie sind keine Geiseln, sie sind Kriegsgefangene“, betonte er und fügte hinzu: „Ihnen geht es gut, aber ich kann nicht sagen, wann sie wieder freikommen.“
"Sie werden jetzt von unseren Sicherheitsdiensten untersucht, denn sie haben keine Genehmigung für ihre angebliche Beobachtermission“, sagte Ponomarew weiter. „Sie hatten Karten dabei, in denen unsere Checkpoints markiert sind, und andere Dinge, die sie verdächtig machen, dass sie Spione sind“, ergänzte er. Die Festgehaltenen seien „für uns keine OSZE-Beobachter, sie hatten eine andere Mission, sie haben uns nicht um eine Berechtigung gefragt“.
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte zuvor angegeben, es seien vermutlich 13 OSZE-Mitarbeiter, darunter vier Deutsche, festgesetzt worden. Bei den Deutschen handelt es sich demnach um drei Angehörige der Bundeswehr und einen Dolmetscher. Das Auswärtige Amt richtete einen Krisenstab ein.
Details zu den Umständen der Gefangennahme und den Tätern nannte die Ministerin nicht. Unter den Gefangenen ist ihren Angaben zufolge aber auch ein Däne. Sie habe daher mit dem dänischen Verteidigungsminister gesprochen, sagte von der Leyen.
Zuvor hatte das Kiewer Innenministerium erklärt, die Beobachter würden von Aufständischen festgehalten. Zunächst war allerdings nur von sieben Beobachtern sowie einem Dolmetscher, fünf ukrainischen Soldaten und einem Fahrer die Rede. Der Kontakt zu der Gruppe war am Mittag abgerissen. Den Angaben aus Kiew zu Folge wurden die Militärbeobachter von den Aufständischen zunächst in einem Bus festgehalten und dann unter Zwang zum örtlichen Gebäude eines Geheimdienstes gebracht.
Merkel: Setzen weiter auf den diplomatischen Prozess"
Wegen der mangelnden Kooperation Russlands bei der Beilegung der Krise im Osten der Ukraine hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) baldige Beratungen der EU-Außenminister über weitere Sanktionen gegen Moskau angekündigt. Die Europäer würden weiter „auf den diplomatischen Prozess setzen“, doch müsse auch nachgedacht werden, „im Rahmen der Stufe zwei weitere Sanktionen ins Auge zu fassen“, sagte Merkel am Freitag vor einem Gespräch mit Polens Ministerpräsident Donald Tusk in Berlin. Dazu würden sich die EU-Außenminister „baldmöglichst treffen“.
"Ich habe heute morgen mit (Russlands Präsident Wladimir) Putin gesprochen und aus meiner Sicht noch einmal deutlich gemacht habe, dass einerseits die Ukraine eine ganze Reihe von Schritten unternommen hat, um den Genfer Prozess umzusetzen“, sagte Merkel. Andererseits habe sie Putin gesagt, „dass mir das russische Bekenntnis zu dem Prozess von Genf fehlt“ und dass das „natürlich auch eine Wirkung“ auf die prorussischen Kräfte in der Ukraine habe.
Russland hätte durchaus Möglichkeiten, die „Separatisten auf einen friedlichen Weg der Verfassungsdiskussion und der Wahlvorbereitung zu bringen“, sagte Merkel. Diese Schritte seien bisher aber leider ausgeblieben. Die Kanzlerin betonte zudem die Bedeutung, die „vernünftige Vorbereitung“ der am 25. Mai anstehenden Präsidentschaftswahlen in der Ukraine sicherzustellen. Diese sei „bisher nicht gewährleistet“.
Tusk betonte seinerseits bei der Pressekonferenz, die EU dürfe „nicht ratlos“ sein angesichts der Gewalt, „wie wir sie im Osten erfahren“. Europa müsse bereit sein, seine Werte „hart zu verteidigen“, sagte der polnische Ministerpräsident. Er betonte, eine einfache Fortführung der bisherigen Politik gegenüber Russland sei nicht möglich. In der Ukraine-Krise haben westliche Staats- und Regierungschefs den Druck auf Moskau erhöht und neue Sanktionen angedroht.
Obama, Merkel, Hollande, Cameron und Renzi in der Schaltkonferenz
US-Präsident Barack Obama, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Frankreichs Staatschef François Hollande und die Regierungschefs von Großbritannien und Italien, David Cameron und Matteo Renzi, sprachen in einer Schaltkonferenz am Freitag über eine mögliche „Verhängung neuer Sanktionen der internationalen Gemeinschaft gegen Russland“, wie der Elysée-Palast in Paris mitteilte. Russland müsse sich „provokativer Erklärungen oder Manöver der Einschüchterung“ enthalten und damit zu einer „Deeskalation“ der Lage beitragen.
"Die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine muss vollständig respektiert werden“, hieß es in der Erklärung des Elysée-Palasts nach der Schaltkonferenz der fünf Staats- und Regierungschefs weiter. Gefordert wurde zudem eine „schnelle Reaktion der G7“. Auch solle eine Stärkung der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beantragt werden.
Ukrainischer Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk wird von Papst Franziskus empfangen
Der ukrainische Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk wird an diesem Samstag von Papst Franziskus in Audienz empfangen. Die Begegnung finde am späten Vormittag im Apostolischen Palast statt, hieß es aus dem Vatikan. Der Papst könne sich so aus erster Hand über die Lage in dem osteuropäischen Krisenland informieren. Am Sonntag will Jazenjuk an den Feiern zur Heiligsprechung von Papst Johannes Paul II. und Johannes XXIII. teilnehmen, wie ein Sprecher des ukrainischen Außenministeriums laut Nachrichtenagentur Interfax (Freitag) mitteilte.
Franziskus hatte sich wiederholt besorgt über die aktuelle Situation geäußert. In seiner Osterbotschaft forderte Franziskus eine politische Lösung des Konflikts mit Russland. Alle Beteiligten müssten „jede Anstrengung unternehmen, um Gewalt zu verhindern“. Hierbei müsse sie die internationale Gemeinschaft unterstützen. Die Zukunft des Landes könne nur im „Geist der Einheit und des Dialogs“ gestaltet werden.
Helikopter auf Militärflughafen explodiert.
Ukrainische Spezialkräfte riegelten die Separatisten-Hochburg Slawjansk im Osten des Landes ab. Zuvor war ein ukrainischer Militärhubschrauber nach Angaben aus Kiew auf dem Flughafen von Kramatorsk durch eine Rakete getroffen und zerstört worden. Ein Helikopter vom Typ Mi-8 sei auf dem Militärflughafen im Osten der Ukraine explodiert, teilte das Verteidigungsministerium in Kiew mit. Der Offizier Wassyl Krutow von den ukrainischen Spezialkräften sagte der Nachrichtenagentur Interfax Ukraine, der Helikopter habe sich am Boden befunden, als er von der Rakete getroffen wurde. Der Kommandeur der Maschine sei bei der Explosion verletzt worden
Kramatorsk befindet sich wenige Kilometer von der Stadt Slawjansk entfernt, die seit Tagen von prorussischen Milizen kontrolliert wird. Bei einer Offensive der ukrainischen Armee wurden dort am Donnerstag nach Angaben aus Kiew bis zu fünf prorussische Kämpfer getötet. Die Stadt bleibt aber weiterhin in der Hand der Aufständischen, die nach Ansicht Kiews und des Westens von russischen Spezialeinheiten unterstützt werden. Russland bestreitet dies und bezeichnet die Milizen als örtliche Bürger, die über den Kurs der neuen Regierung in Kiew beunruhigt sind.
Rühe plädiert für starke EU-Präsenz
Im derzeit weltbewegenden Ukraine-Konflikt ist eine starke EU-Präsenz nötig. Mit dieser Stellungnahme meldet sich im Rahmen des CDU-Wahlkampfes fürs Europaparlament der ehemalige Bundesverteidigungsminister Volker Rühe am Freitag zu Wort. Er halte eine zu defensive und passive EU in dieser Frage für einen Fehler, sagte der 71-Jährige in Hamburg. Rühe: „Die EU verkauft sich bei dem Thema völlig unter Wert.“ Die Problemlage der Ukraine sei auf keinen Fall militärisch zu lösen, fügte er hinzu.
Europäische Stärke bedeutet auch, dass die politischen „Alphatypen“ das Diplomatiegeschick in Kiew in die Hand nehmen. „Angela Merkel, Francois Hollande – ich habe beide noch nicht in Kiew gesehen“, betont Rühe. Ziel müsse ein EU-Beitritt der Ukraine sein. Das sei aber eine kostspielige und langfristige Angelegenheit, stellt der Ex-Minister und außenpolitische Stratege der Union klar. Auch mit Blick auf Russlands politische Beweglichkeit und die von deren Präsident Wladimir Putin spricht Rühe sich für einen langen Atem aus. „Wir leben alle auf einem Kontinent; mal ehrlich: Russland hat doch gar keine anderen Perspektiven, als sich nach Europa zu orientieren, analysiert der frühere CDU-Generalsekretär, der im Auftrag von Bundeskanzlerin Merkel derzeit den Vorsitz einer Kommission führt, die die Parlamentsvorbehalte bei Bundeswehr-Auslandseinsätzen überprüfen soll.
Von einem neuerlichen „kalten Krieg“ wolle er nicht sprechen, gleichwohl fürchtet er, dass das Verhältnis zu Russland einen dauerhaften Schaden nehmen könne. Eine nur auf expansive Größe in Quadratmetern ausgelegte Politik Putins sei in seinen Augen nicht zeitgemäß. Das riesige Land mit politischen und ökonomischen Reformen auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vorzubereiten, und nicht militärisch, das wäre eine wahre Aufgabe mit Format für den russischen Machthaber, so Rühe. Trotz der momentan vielleicht nationalistischen Stimmung im Land, werde sich auch in Russland die Zivilgesellschaft zu Wort melden, ist Rühe sich sicher. Russland sei schließlich mehr als nur Putin, ergänzt der CDU-Politiker. Er bleibe trotz der aktuellen Spannungen bei seinem Vorschlag, dass Russland auch mit Blick auf China oder Indien sich irgendwann der NATO anschließen müsse.
Im Übrigen ist Rühe ein Verfechter einer Europaarmee. „Nicht jedes Land muss eine eigene Luftbetankung vorhalten und eine eigene Luftverteidigung besitzen“, nennt er Beispiele für solch eine Philosophie und merkt in diesem Zusammenhang das Vorgehen der Niederländer an, die bereits vor drei Jahren angefangen hätten, ihre Panzer abzuschaffen. Soll eine schlagkräftige Verteidigungspolitik noch finanzierbar bleiben, könne ohnehin nicht jeder jedes machen, argumentiert Rühe, der sich eine hohe Wahlbeteiligung bei den Europawahlen am 25. Mai wünscht, denn auch das wäre ein starkes europäisches Zeichen für Putin.
Explosion in Odessa
Bei einer schweren Explosion an einem Straßenposten in der ukrainischen Stadt Odessa sind mindestens sieben regierungsnahe Sicherheitskräfte verletzt worden. Der Sprengsatz sei vermutlich von prorussischen Separatisten versteckt worden, sagte am Freitag ein Polizeisprecher in der Hafenstadt am Schwarzen Meer. Aktivisten hatten in den vergangenen Tagen zahlreiche Kontrollposten vor Odessa eingerichtet, um moskautreuen Kräften den Zugang zu verwehren.
Der Leiter des ukrainischen Antiterrorzentrums, Wassili Krutow, teilte unterdessen mit, dass der Geheimdienst der Ex-Sowjetrepublik in den vergangenen Tagen etwa 30 Männer festgenommen habe. Die Gruppe habe „Sabotageakte gegen den Staat“ geplant. Unter den Festgenommenen seien auch Offiziere der russischen Auslandsaufklärung, sagte der Vize-Geheimdienstchef. Eine unabhängige Bestätigung gab es nicht.
Kiew: Russland will "dritten Weltkrieg" anzetteln
Bis zu 500 Beobachter
Die Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Ukraine soll so schnell wie möglich verstärkt werden. Die Vorbereitungen seien bereits angelaufen, sagte der Sonderbeauftragte der OSZE für die Ukraine, Tim Guldimann, am Freitag. Der Ständige Rat der OSZE habe am 21. März beschlossen, bis zu 500 Beobachter in das krisengeschüttelte Land zu entsenden. Zurzeit seien 130 bis 140 Experten vor Ort. Eine Aufstockung gehe nicht von einem Tag auf den anderen. „Aber es ist klar, dass die Mission substanziell verstärkt werden soll.“
Ermittlungen in der Ukraine gestartet
Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat am Freitag Vor-Ermittlungen in der Ukraine begonnen. Es werde unter anderem geprüft, ob die Verbrechen so schwer sind, dass sie in die Zuständigkeit des Gerichts fallen, teilte das Büro von Chefanklägerin Fatou Bensouda mit. Der Strafgerichtshof verfolgt Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Die Ukraine ist kein Mitgliedsstaat des Gerichts, hat aber in der vergangenen Woche den Internationalen Strafgerichtshof mit Ermittlungen beauftragt.
Die Regierung in Kiew forderte die Ankläger in Den Haag auf, Verbrechen zu untersuchen, die zwischen dem 21. November 2013 und dem 22. Februar 2014 in der Ukraine begangen wurden. Die Krim-Krise und die jüngsten Vorfälle im Osten des Landes fallen damit nicht in die Zuständigkeit Den Haags. Vor-Ermittlungen werden noch nicht gegen einzelne Personen geführt, sondern sollen zeigen, ob die Hinweise auf Verbrechen für genauere Untersuchungen und einen möglichen Prozess ausreichen. Der Internationale Strafgerichtshof verfolgt nur die schwersten Verbrechen. Vor-Ermittlungen laufen zurzeit unter anderem in Afghanistan, Nigeria und Honduras. Zum ersten Mal wurden sie für einen Konflikt in Europa eröffnet.
Merkel fordert von Putin ein klares Bekenntnis zur Genfer Vereinbarung
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat vom russischen Präsidenten Wladimir Putin ein klares Bekenntnis zu den Genfer Vereinbarungen für die Ukraine verlangt. Merkel forderte Putin nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in einem Telefonat dazu auf, öffentlich deutlich zu machen, dass er die Vereinbarungen aus der vergangenen Woche „voll unterstützt“. Zugleich warf Seibert Russland vor, bislang keine einzige Zusage aus Genf umgesetzt zu haben. „Nichts davon ist bisher geschehen.“ Merkel stellte ferner klar, dass auch Deutschland bei einer Zuspitzung des Konflikts zu weiteren Sanktionen bereit sei. „Da möge sich keiner täuschen. Diese Bereitschaft besteht weiterhin“, sagte Seibert. Im Laufe des Tages soll es zur Entwicklung im Osten der Ukraine noch eine Telefonkonferenz der Kanzlerin mit US-Präsident Barack Obama und europäischen Staats- und Regierungschefs geben.
Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk hat Russland vorgeworfen, einen „dritten Weltkrieg“ anzetteln zu wollen. Das „aggressive“ Vorgehen der russischen Armee in der Ukraine werde zu einem Konflikt auf europäischem Territorium führen, sagte er am Freitag bei einem Kabinettstreffen, das im Fernsehen übertragen wurde. Die Welt habe den Zweiten Weltkrieg noch nicht vergessen, und Moskau wolle einen dritten Weltkrieg beginnen.
Barack Obama will mit Angela Merkel über schärfere Sanktionen gegen Russland beraten
US-Präsident Barack Obama wird nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters vermutlich am Freitag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und weiteren EU-Regierungschefs über schärfere Sanktionen gegen Russland beraten. An der Telefonkonferenz sollten auch der britische Premierminister David Cameron, der französische Präsident Francois Hollande und Italiens Regierungschef Matteo Renzi teilnehmen. Die Uneinigkeit in der EU über eine Verhängung weiterer Strafmaßnahmen im Zuge der Ukraine-Krise hätten die USA von einem solchen Schritt bislang abgehalten. Vor allem Deutschland und Italien bremsten, hieß es. Allerdings könne die US-Regierung auch im Alleingang schärfere Sanktionen verhängen. Das US-Präsidialamt war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Obama, der sich derzeit auf einer Asien-Reise aufhält, hatte Russland vorgeworfen, sich nicht an die Genfer Vereinbarung zu halten, und mit weiteren Sanktionen gedroht.
John Kerry wirft Russland "Sabotage" vor.
Zuvor hatte US-Außenminister John Kerry das Verhalten Russlands in der Ukraine-Krise als „Sabotage“ gebrandmarkt. Sollte Moskau seinen Kurs nicht ändern, werde sich dies als "teurer Fehler" erweisen, warnte Kerry in Washington. "Lassen Sie es mich ganz klar sagen: Wenn Russland so weiter macht, wird das nicht nur ein schwerer Fehler sein, sondern auch ein teurer Fehler“, sagte Kerry. Ganz offensichtlich mit Blick auf weitere Sanktionen fügte der US-Chefdiplomat hinzu: „Wir sind bereit zum Handeln.“
Moskau habe nicht „einen einzigen Schritt“ zur Umsetzung der in der vergangenen Woche in Genf geschlossenen Ukraine-Vereinbarung gemacht, kritisierte Kerry. „Sieben Tage lang hat Russland sich geweigert, auch nur einen einzigen Schritt in die richtige Richtung zu gehen. Nicht ein einziger russischer Offizieller ist öffentlich im ukrainischen Fernsehen aufgetreten und hat die Separatisten aufgerufen, den Aufstand zu beenden, die Waffen abzugeben und die ukrainischen Gebäude zu verlassen.“ Statt positiver Maßnahmen versuche Russland „lauthals, den demokratischen Prozess in der Ukraine zu sabotieren“, sagte Kerry weiter. Im Gegenzug dazu habe die ukrainische Übergangsregierung in Kiew „vom ersten Tag an“ ihre Zusagen von Genf gehalten.
Der US-Außenminister, sein russischer Kollege Sergej Lawrow, der amtierende ukrainische Außenminister Andrej Deschtschyzja und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hatten vor einer Woche in Genf ein Abkommen ausgehandelt, das die „Entwaffnung illegaler bewaffneter Gruppen“ in der Ukraine sowie die Räumung besetzter Gebäude vorsieht. Diese Vereinbarung wurde bisher nicht umgesetzt, stattdessen kam es in den vergangenen Tagen zu zunehmender Gewalt.
Nato: Etwa 40.000 russische Soldaten an Grenze zu Ukraine
Am Donnerstag hatte die Regierung in Kiew mit einer "Anti-Terror-Operation" unter anderem in Slawjansk in der Ostukraine begonnen, bei der mehrere Menschen starben. Als Reaktion auf den Militäreinsatz ordnete Russland neue Militärmanöver an der Grenze zur Ukraine an. Die Ukraine verlangte umgehend eine Erklärung für die Militärmanöver im Grenzgebiet - und zwar innerhalb von 48 Stunden. Die Anfrage entspreche den Vorgaben der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), teilte dasAm Donnerstag hatte die Regierung in Kiew mit einer "Anti-Terror-Operation" unter anderem in Slawjansk in der Ostukraine begonnen, bei der mehrere Menschen starben.
Als Reaktion auf den Militäreinsatz ordnete Russland neue Militärmanöver an der Grenze zur Ukraine an. Die Ukraine verlangte umgehend eine Erklärung für die Militärmanöver im Grenzgebiet - und zwar innerhalb von 48 Stunden. Die Anfrage entspreche den Vorgaben der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), teilte das Außenministerium in Kiew. Die Nato geht davon aus, dass Russland etwa 40.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen hat. Die russische Armee ist den ukrainischen Truppen bei weitem überlegen. Außenministerium in Kiew. Die Nato geht davon aus, dass Russland etwa 40.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen hat. Die russische Armee ist den ukrainischen Truppen bei weitem überlegen.
Russland: Notfalls Einsatz von "Friedensstiftern"
Moskau fordert nun seinerseits die USA mit Nachdruck auf, die Führung in Kiew zu einem sofortigen Stopp der "Anti-Terror-Operation" gegen die pro-russischen Separatisten zu bringen. „Washington muss die Übergangsregierung in Kiew zwingen, ihre Militäreinsätze im Südosten des Landes einzustellen und die Streitkräfte in die Kasernen zurückzuholen“, hieß es in einer Mitteilung des russischen Außenministeriums.
Die „unüberlegten Schritte“ der Führung in Kiew würden die frühere Sowjetrepublik immer tiefer in einen Strudel reißen. Die USA hätten bisher „nichts getan“ für eine Lösung des Konflikts.
Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin appellierte unterdessen an Generalsekretär Ban Ki Moon, die „Gewalt der ukrainischen Behörden gegen die eigene Bevölkerung“ öffentlich anzuprangern. Im Fall weiterer Gewalt in der Ukraine wolle Russland den Weltsicherheitsrat einschalten. Im „Notfall“ könnte Moskau außerdem den Einsatz von „Friedensstiftern“ in der Ukraine beschließen, sagte Tschurkin. Dies wäre ein „vom UN-Recht gedeckter Fall von Selbstverteidigung wie im Georgienkonflikt“ 2008, behauptete er.
UN-Botschafter Tschurkin wiederholte damit eine Position, die andere Moskauer Politiker bereits geäußert hatten. Kremlchef Wladimir Putin hatte sich eine Parlamentsvollmacht für den Einsatz zum Schutz russischer Bürger in der Ukraine geben lassen. UN-Generalsekretär Ban zeigte sich derweil „zutiefst besorgt“, dass die Krise in der Ukraine „außer Kontrolle“ geraten und zu „nicht vorherzusehenden Konsequenzen“ führen könne. „Militärische Aktionen müssen um jeden Preis verhindert werden“, sagte sein Sprecher.
Steinmeier versucht, Genfer Abkommen zu retten
Angesichts der Eskalation startete Außenminister Frank-Walter Steinmeier einem Zeitungsbericht zufolge einen neuen Versuch zur Rettung des Genfer Abkommens. In einem Schreiben an den amtierenden OSZE-Chef Didier Burkhalter forderte er nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ eine stärkere Vermittlungsrolle der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Die OSZE unterhält bereits eine Beobachtungsmission in der Ukraine. Nun könnte sie den Vorstellungen Steinmeiers zufolge beispielsweise runde Tische mit den Konfliktparteien einrichten.
Von „zentraler Bedeutung“ sei, dass die vier Unterzeichner des Genfer Abkommens eine „sichtbare politische Rückendeckung“ zeigten, schrieb Steinmeier den Angaben zufolge. Dies könne etwa „durch gemeinsame hochrangige Reisen im Vierer-Format nach Kiew, in den Osten und den Westen des Landes“ geschehen. Das Schreiben an Burkhalter ging der „SZ“ zufolge in Kopie auch nach Washington, Moskau, Brüssel und Kiew.
Ukraine-Krise bringt Georgien der EU näher
Bei dem „Anti-Terror-Einsatz“ nahe der ostukrainischen Stadt Slawjansk am Donnerstag haben ukrainische Regierungstruppen nach eigenen Angaben mindestens fünf prorussische Aktivisten getötet. Drei Kontrollpunkte der Separatisten seien erobert worden, teilte das Innenministerium in Kiew mit. Dabei sei ein Mitglied der Sicherheitskräfte verletzt worden. Zuvor hatten auch Vertreter der moskautreuen „Volksmiliz“ von Schusswechseln berichtet. Moskauer Staatsmedien zufolge standen ukrainische Truppen nur wenige Kilometer vom Zentrum von Slawjansk entfernt, das von prorussischen Kräften kontrolliert wird.
In der Nacht zuvor hatten prorussische Bewaffnete nach Angaben der ukrainischen Übergangsregierung einen Armeestützpunkt in der östlichen Stadt Artemiwsk attackiert. Der Angriff von mehr als hundert Bewaffneten sei zurückgeschlagen worden, teilten das Innen- und das Verteidigungsministerium in der Hauptstadt Kiew mit. Mindestens ein Soldat sei verletzt worden. Die ukrainischen Sicherheitskräfte eroberten dem Innenministerium zufolge indes die Kontrolle über das Rathaus in der südöstlichen Stadt Mariupol aus der Hand prorussischer Kräfte zurück. „Das Rathaus ist befreit“, schrieb der amtierende Minister Arsen Awakow auf Facebook. Die Gegenseite betätigte die Angaben. Das Rathaus war seit dem 13. April besetzt, kurz darauf wurden bei Kämpfen um das Gebäude drei Besetzer getötet.
USA und Russland werfen sich gegenseitig Verschärfung der Krise vor
Russland und der Westen haben in der Ukraine-Krise indes erneut den Ton verschärft. Nachdem Moskau indirekt mit einer Militäraktion im Nachbarland gedroht hatte, warf die Nato der Kreml-Führung „zündelnde Rhetorik“ vor. Die USA nannten russische Vorwürfe „lächerlich“, wonach sie hinter dem Vormarsch ukrainischer Truppen im Osten des Landes stehen. Moskau wiederum bezichtigte Washington der „Fälschung“ von Fotos aus dem Konfliktgebiet. Derweil bat der Sondergesandte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE), der Schweizer Diplomat Tim Guldimann, um Geduld bei der Umsetzung des Genfer Abkommens. Die Vereinbarung habe bereits "dazu beigetragen, dass die Eskalation gestoppt wird", sagte er im ARD-Morgenmagazin. Zwar hake die Umsetzung, aber zumindest verschärfe sich die Situation nicht weiter, meinte er.
Das sieht der amerikanische Präsident Barack Obama anders. Er sagte in Tokio: "Bisher zumindest sehen wir nicht, dass Russland dem Geist oder den Buchstaben der Einigung von Genf nachkommt." Sollte die Führung in Moskau das Abkommen weiter missachten, müsse sie mit Konsequenzen rechnen, sagte Obama weiter. "Dann werden wir die Sanktionen verschärfen", kündigte er an.
"Ich bin besorgt über die russischen Erklärungen, die der Ukraine mit einer Militäraktion drohen“, sagte Nato-Vize-Generalsekretär Alexander Vershbow in Brüssel. „Russland hat die Verantwortung, die Situation zu beruhigen statt sich einer zündelnden Rhetorik zu bedienen.“ Vershbow reagierte auf Äußerungen des russischen Außenministers Sergej Lawrow, der im Falle einer Verletzung russischer Interessen in der Ukraine mit einer „Antwort“ gedroht hatte.
Lawrow verwies dabei ausdrücklich auf den Georgien-Krieg von 2008. Würden „die Interessen der Russen angegriffen, so wie es in Süd-Ossetien war“, sehe er keine Alternative zu einer „Antwort“, sagte Lawrow am Mittwoch. Um die abtrünnige Kaukasusregion Süd-Ossetien hatten Russland und Georgien im Sommer 2008 einen kurzen Krieg geführt. In der Folge erkannte Russland das Gebiet sowie die ebenfalls abtrünnige Region Abchasien in der Folge als unabhängig an
Steinmeier: Assoziierungsabkommen mit Georgien im Juni
Vor diesem Hintergrund haben Deutschland und Frankreich der ehemaligen Sowjetrepublik Georgien Rückendeckung bei der Annäherung an die Europäische Union gegeben. Er sei sich sicher, dass noch Ende Juni ein Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Georgien unterzeichnet werde, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Tiflis. An Russland gerichtet fügte er hinzu, die Annäherung Georgiens an die EU „richtet sich gegen niemanden“. Die EU wolle „Kooperation statt Konfrontation“. Allerdings dürfte auch dem Außenminister klar sein, dass die Verantwortlichen in Moskau derzeit wenig kooperativ agieren. Zumal Steinmeier auch darauf hinwies, dass auch die NATO an einer weiteren „Verdichtung“ der Beziehungen mit Georgien interessiert sei. Zu den Perspektiven eines möglichen EU- oder NATO-Beitritts des Landes äußerte er sich jedoch nicht. Steinmeier und sein französischer Kollege Laurent Fabius hatten vor ihrem Eintreffen in Georgien bereits gemeinsam Moldau besucht. (dhan/dpa/AFP/rtr)