zum Hauptinhalt
Viele suchen dringend für sie bezahlbaren Wohnraum.
© Foto: Jens Kalaene dpa/lbn

Studie des Sozialverbands Deutschland: Miete drückt eine Million Haushalte unter Hartz-IV-Satz

Eine Studie des Sozialverbands Deutschland zeigt: Ausgerechnet Geringverdiener müssen überdurchschnittlich viel für Wohnraum ausgeben.

Steigende Mieten verschärfen die soziale Ungleichheit: Eine aktuelle Studie des Sozialverbands Deutschland (SoVD) kommt zu dem Ergebnis, dass rund eine Million Haushalte nach Abzug der Miete weniger als den Hartz-IV-Satz zum Leben haben. Dem Gutachten zufolge, das am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde, betrifft das in erster Linie Privathaushalte in Großstädten.

Ärmere müssen zudem gemessen am Haushaltseinkommen außerdem deutlich mehr für das Wohnen ausgeben als Normalverdiener und Reiche. „Die Mietpreisentwicklung vertieft die soziale Spaltung in unserer Gesellschaft“, kritisierte Verbandspräsident Adolf Bauer.

Die Hälfte der Miethaushalte in Deutschland wendet der Untersuchung zufolge mindestens 29 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Bruttokaltmiete auf. Bei Geringverdienern mit weniger als 1300 Euro Haushaltseinkommen liegt dieser Anteil bei 46 Prozent – also erheblich höher. Wer netto mehr als 4500 Euro im Monat zur Verfügung hat, muss nur noch 17 Prozent für das Wohnen ausgeben.

Fehlender Wohnraum ist das Hauptproblem

Das Gutachten stützt sich auf Daten aus den Jahren 2014 und 2015. Neuere Zahlen gebe es nur zu Angebotsmieten, also den Mieten, die Vermieter bei einem Umzug fordern, sagte Studienautor Stephan Junker, ein Berliner Sozialwissenschaftler. Ausschlaggebend für die Belastung der armen Haushalte seien aber vor allem die Bestandsmieten, also die Mieten der langjährigen Mieter.

Besonders hohe Mietbelastungen haben der Studie zufolge nicht nur Arme, sondern auch Alleinerziehende, Rentner, Menschen mit Migrationshintergrund, mit geringem Bildungsgrad und auch Singles. Sie alle geben überdurchschnittlich viel für die Miete aus. Unklar sei, ob das allein am niedrigen Einkommen liege oder ob auch Diskriminierung eine Rolle spiele, sagte Junker. Besonders bei Mietern mit Migrationshintergrund gebe es dafür Hinweise.

Fehlender Wohnraum ist das Hauptproblem. Schätzungen zufolge werden in Deutschland weit mehr als 1,9 Millionen zusätzliche bezahlbare Wohnungen gebraucht. Das führe zum Beispiel dazu, dass viele Einkommensschwache zur Untermiete lebten, in unsicheren Verhältnissen mit oft befristeten Mietverträgen, heißt es in der Studie.

Verband fordert mehr sozialen Wohnungsbau

Bisher war bekannt, dass kleine Wohnungen für Singles, Rentner oder kleine Familien fehlen. Der Studie zufolge mangelt es aber auch an großen, bezahlbaren Wohnungen. Jeder vierte Haushalt lebe auf zu engem Raum, sagte Junker. Der Sozialverband fordert vor allem mehr sozialen Wohnungsbau – dafür müsse der Bund deutlich mehr Geld in die Hand nehmen, sagte Bauer. Keinesfalls dürfen die Probleme am Wohnungsmarkt allein dem Kräftespiel der Wirtschaft überlassen werden.

Nach derzeitigem Stand will die Bundesregierung die Länder bis 2021 mit mindestens fünf Milliarden Euro unterstützen. Mehr als 100.000 Sozialwohnungen sollen entstehen. (dpa, epd, AFP)

Zur Startseite