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Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz.
© imago images/photothek

Kritik an Corona-"Novemberhilfen": Merz wirft Scholz undurchdachten „Schnellschuss“ vor

Der Kandidat für den CDU-Vorsitz sieht Ungereimtheiten bei den Milliardenhilfen wegen des Lockdowns - und will keine Verlängerung der Mehrwertsteuersenkung.

Der Kandidat für den CDU-Vorsitz, Friedrich Merz, hat Finanzminister Olaf Scholz (SPD) einen völlig undurchdachten „Schnellschuss“ bei den Novemberhilfen vorgeworfen, mit denen der Staat den vom neuen Teil-Lockdown betroffenen Branchen mit zehn Milliarden Euro hilft. „Da muss nachgearbeitet werden“, sagte Merz in einem Interview mit dem Tagesspiegel.

Ihn überzeugten diese sogenannten „Novemberhilfen“ in der gegenwärtigen Form nicht. „Natürlich muss man den Betroffenen helfen, ohne Frage. Der Umsatz ist aber der unschärfste Maßstab für einen Schadensersatz oder für den Verdienstausfall.“ Der Staat ersetzt bis zu 75 Prozent des Umsatzes im Vorjahres-November oder des durchschnittlichen Monatsumsatzes. Es gebe erhebliche Ungereimtheiten, sagte der Wirtschaftsexperte und frühere Unions-Fraktionschef.

„Wird der Lage und den Notwendigkeiten nicht gerecht“

„Nehmen Sie etwa einen selbstständigen Konzertveranstalter. Der macht vielleicht fünf Prozent Gewinn am Umsatz, bekommt jetzt aber 75 Prozent eines Monatsumsatzes erstattet. Das ist völlig jenseits aller Schäden, die er erleidet.“ Und alle weiteren Selbstständigen, die er davon hätte bezahlen müssen - Bühnenbauer, Techniker, Künstler – bekämen auch nochmal 75 Prozent ihres Umsatzes erstattet. „Zugleich bleibt der Ausgleich für andere weit hinter den Notwendigkeiten zurück.“ Umsatz und Ertrag seien eben zwei verschiedene Dinge.  Das sei ein Schnellschuss, „der der Lage und den Notwendigkeiten nicht gerecht wird“, kritisierte Merz den SPD-Kanzlerkandidaten Scholz.

[Lesen Sie hier das ganze Interview bei Tagesspiegel Plus]

Zugleich betonte Merz, dass die bis Ende Dezember befristete Mehrwertsteuersenkung nicht verlängert werden sollte. „Man wollte die privaten Haushalte jetzt zum privaten Konsum ermutigen.“ Wenn die Senkung befristet bleibe, helfe sie auch. „Der Gesetzgeber sollte sie nicht verlängern.“ Zumal sie mit enormen Kosten verbunden sei: Die Steuerausfälle für ein halbes Jahr Senkung lägen bei etwa zwei Drittel des gesamten Aufkommens der Körperschaftssteuer.

„Ein bisschen mehr Horizont in der zeitlichen Planung“

Merz, hat Bund und Länder zugleich eindringlich davor gewarnt, die Corona-bedingten Restriktionen über Weihnachten aufrechtzuerhalten (siehe zum Weihnachts-Streit hier einen ausführlichen Bericht) „Man kann doch wohl Mitte November schon sagen, dass Weihnachten in den Familien stattfinden kann“, sagte er dem Tagesspiegel. „Das sollte nicht in Frage gestellt werden. Ich persönlich sage: Es geht den Staat auch nichts an, wie ich mit meiner Familie Weihnachten feiere.“ Er mahnte eine längerfristige Strategie an. Er würde sich  Staatsbürger dieses Landes „ein bisschen mehr Horizont in der zeitlichen Planung“ wünschen.

Um den Schul- und Kitabetrieb aufrechtzuerhalten, schlug Merz die Nutzung von derzeit weitgehend geschlossenen Hotels vor. Entscheidend sei, so wenig Unterrichtsausfall wie möglich zu haben. „Die Schäden, die sonst entstehen, kann man mit Geld nicht beheben.“ Man müsse mehr Fantasie entwickeln, wie der Unterricht aufrechterhalten werden kann. „Man könnte in Hotels ausweichen oder in sonstige große Räumlichkeiten, und die Schulen könnten zeitversetzten Unterricht anbieten.“ Das sei natürlich eine Belastung für die Lehrerinnen und Lehrer. „Aber wenn wir immer sagen, Bildung sei unser wichtigstes Kapital, dann muss das auch besonders geschützt werden.“

Präsenzparteitag hält Merz nicht für völlig ausgeschlossen

Merz hält allerdings trotz der stark gestiegenen Corona-Infektionszahlen auch einen Präsenzparteitag der CDU Mitte Januar für möglich. Er schließe dies „nicht völlig aus“, sagte Merz. „Entscheidend ist, dass wir endlich wählen, darauf kommt es an. Und dafür wird es einen rechtssicheren Weg geben.“ Sein Konkurrent Norbert Röttgen hält dagegen einen Parteitag mit physischer Präsenz von hunderten Delegierten für ausgeschlossen. Als dritter im Bundes bewirbt sich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet um den Parteivorsitz.

Angesprochen darauf, dass viele Deutsche nach der Klärung der CDU-Führungsfrage am liebsten CSU-Chef Markus Söder als Kanzlerkandidaten der Union sehen würden, sagte Merz: „Ich schätze seine Durchsetzungskraft und seine beherzte Führung in Bayern.“ Merz hat mehrfach betont, dass er im Falle eines Erfolges bei der Bewerbung um den CDU-Vorsitz auch die Kanzlerkandidatur anstrebe. „Die Entscheidung werden wir nach dem Parteitag gemeinsam treffen“, sagte er mit Blick auf CSU-Chef Markus Söder.

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