Debatte bei den Christdemokraten: Merkels Erneuerungszusage findet geteiltes Echo in der CDU
CDU-Chefin Angela Merkel sagt personelle Veränderungen in ihrer Partei zu. "Sie hat verstanden", meint JU-Chef Ziemiak. Doch nicht allen reicht, was Merkel ankündigt.
In der CDU ist das Bekenntnis der Vorsitzenden Angela Merkel zu einer personellen Erneuerung unterschiedlich aufgenommen worden. Ihr Partei-Stellvertreter, Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, sagte der „Bild“-Zeitung: „Die Kanzlerin hat verstanden.“ Sie werde der CDU „ein klares Signal in Richtung personelle Erneuerung vor dem Parteitag geben.“ Thüringens Landesparteichef Mike Mohring sprach in dem Blatt von einem „wichtigen Schritt nach vorn“.
Dagegen zeigte sich der Bundestagsabgeordnete und Merkel-Kritiker Klaus-Peter Willsch enttäuscht: „Der Versuch, mit dem üblichen „Weiter so“ das schlechte Verhandlungsergebnis und die Wahlschlappe von September schönzureden, hat mich nicht überzeugt. Wir müssen uns in der CDU schon jetzt überlegen, wie wir uns ohne Merkel personell neu aufstellen.“
Merkel hatte eine personelle Erneuerung versprochen. „Jetzt geht es doch darum, Personen Chancen zu geben, die ihre politische Zukunft noch vor sich haben oder mitten da drin sind“, sagte sie am Sonntagabend in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Zugleich bekräftigte sie, dass sie volle vier Jahre im Amt bleiben wolle. „Die vier Jahre sind jetzt das, was ich versprochen habe. Und ich gehöre zu den Menschen, die Versprochenes auch einhalten“, sagte Merkel. Das gelte auch für den Parteivorsitz. „Für mich gehören diese beiden Ämter in eine Hand, um auch eine stabile Regierung bilden zu können. Dabei bleibt es.“
Sachsens neuer Ministerpräsident Michael Kretschmer begrüßte ihre Ankündigung: In der neuen Regierung würden „neue Leute eine Rolle spielen“, sagte er in den ARD-„Tagesthemen“. „Wir brauchen einen Schwung im Kabinett.“
Ziemiak: "Sie hat verstanden"
Die Enttäuschung vieler Christdemokraten über den Verlust des Finanzministeriums in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD hatte auch den Ruf nach jüngeren Leuten in Kabinett wieder lauter schallen lassen. Die Junge Union (JU) forderte die CDU-Führung zuletzt auf, bis zum Parteitag in zwei Wochen zu sagen, wer Minister werden soll. Dort entscheiden die CDU-Delegierten über den Koalitionsvertrag. Merkel sicherte dies im ZDF zu.
JU-Chef Paul Ziemiak vom konservativen Parteiflügel erweiterte seine Forderung über das Kabinett hinaus. „Die gesamte Bandbreite der Partei sollte sich wiederfinden“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. „Dabei geht es mir aber nicht nur um die Regierung, sondern auch um Fraktion und Partei.“
Im ZDF-"Morgenmagazin" sagte Ziemiak am Montag: „Gestern war doch ein gutes Zeichen.“ Die JU habe eingefordert, dass bis zum Parteitag am 26. Februar das CDU-Personaltableau für eine erneute große Koalition vorliegen müsse. „Sie hat verstanden und hat das gestern Abend im ZDF kundgetan, dass es diese Liste geben wird.“
Ziemiak forderte erneut eine personelle Erneuerung: „Wir brauchen ein großes Team aus Jüngeren und übrigens auch Älteren, aus neuen Köpfen und erfahrenen.“ Es gehe jetzt um die Frage, wie sich die Union für die Zukunft aufstellt und wie sie die Mitglieder einbindet.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster, der ebenfalls zum konservativen Flügel zählt, verlangte für den Parteitag in zwei Wochen ein Tableau an Ministern, das für Erfahrung, Aufbruch und neues Selbstbewusstsein steht. „Das gilt besonders für die Funktion des Generalsekretärs“, sagte er der „Rheinischen Post“. Amtsinhaber Peter Tauber ist schwer krank und war ohnehin intern umstritten.
Oettinger glaubt an geordnete Nachfolgeregelung
EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hat Merkel gegen parteiinterne Kritik im Streit über die mit der SPD ausgehandelte Ressortverteilung verteidigt. Er sehe sie als "unverändert stark", sagte Oettinger am Montag im Deutschlandfunk. Er habe sie zuletzt als "ruhig und gelassen" empfunden. Merkel werde in den kommenden Jahren die richtigen Weichen für eine geordnete Nachfolgeregelung stellen.
Dass Merkel das Finanzministerium der SPD zugestanden habe, findet Oettinger nicht tragisch. Die Union habe vor noch nicht so langer Zeit mit einem SPD-Finanzminister Peer Steinbrück eine sehr gute Finanz- und Haushaltspolitik gemacht. Aus europäischer Sicht gelte: "Wir erwarten dringend in Brüssel eine handlungsfähige deutsche Regierung". Oettinger widersprach der These, dass sich mit dem angekündigten Rücktritt von SPD-Chef Martin Schulz und dessen Verzicht auf das Außenministerium die Geschäftsgrundlage für die Vereinbarungen mit der SPD verändert hätten.
Dass die Kanzlerin in ihre letzte Amtszeit gehe, sei doch jedem klar, sagte Oettinger. Er halte Merkel für geschickt und klug genug, in diesen kommenden Jahren die Nachfolge geordnet einzuleiten. Grundsätzlich seien alle Ministerpräsidenten der CDU geeignet, auch das Land zu führen.
Die Opposition kritisierte Merkels ZDF-Interview. „Die Kanzlerin bleibt sich treu: „Weiter so““, sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki im ZDF-„Heute Journal“. „Dass die Menschen „Weiter so“ nicht wollen, interessiert sie nicht.“ Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte dort: „„Hauptsache wir haben eine Regierung“ reicht definitiv nicht. Es gibt große Zukunftsthemen, die wir angehen müssen.“ (dpa)