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Angela Merkel bei der Regierungsfragestunde am Mittwoch.
© Bernd von Jutrczenka/dpa

Streit über Nord Stream 2: Merkel will keine Sanktionen gegen die USA

Die Bundesregierung möchte einen Handelskrieg wegen der Ostsee-Pipeline vermeiden. Russland nennt die US-Strafen rechtswidrig.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist verärgert über die drohenden US-Sanktionen gegen die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, will deshalb aber auch keinen Handelskrieg mit Washington vom Zaun brechen. „Wir sind gegen extraterritoriale Sanktionen“, sagte Merkel am Mittwoch in der Regierungsfragestunde des Bundestages, nachdem der US-Senat am Dienstag für Strafen gegen Baufirmen und an der Pipeline beteiligte Einzelpersonen gestimmt hatte. Gleichzeitig stellte die Kanzlerin klar, dass Gegensanktionen für die Bundesregierung nicht infrage kämen.

Angst vor russischem Einfluss in der EU

Nach der Zustimmung des Senats muss US-Präsident Donald Trump die Sanktionen noch in Kraft setzen. Trump lehnt das Nord-Stream-2-Projekt zwischen Russland und Deutschland, das vom russischen Gazprom-Konzern angeführt wird, wegen des vermehrten russischen Einflusses in der EU ab. Gleichzeitig haben die USA auch eigene Interessen beim Export von Flüssiggas. Ob die Ostsee-Pipeline, die kurz vor der Fertigstellung steht, mit den US-Sanktionen noch gestoppt werden kann, ist unklar.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte am Mittwoch, die Strafen verstießen gegen das Völkerrecht und seien ein Beispiel für unfairen Wettbewerb. Er erwarte, dass das Projekt erfolgreich abgeschlossen werde.

Von der Leyen wird Trump treffen

Merkel sprach sich dafür aus, in Gesprächen mit den USA die Ablehnung der Sanktionspraxis deutlich zu machen. Zuvor hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigt, dass sie Anfang des kommenden Jahres Trump treffen werde. Handelskommissar Phil Hogan hatte erklärt, dass sich Brüssel prinzipiell gegen die Verhängung von Sanktionen gegen EU-Unternehmen wende. Allerdings hatte er die Frage offengelassen, ob die Europäische Union die US-Sanktionen mit Gegenmaßnahmen beantworten werde.

Osteuropäische Länder sehen Projekt kritisch

Unter den EU-Staaten sehen vor allem osteuropäische Länder das Nord- Stream-2-Projekt mit Sorge. Während für die Bundesregierung die gesicherte Energieversorgung im Vordergrund steht, argumentierten Polen und die baltischen Staaten, dass Russland durch das Projekt zu großen Einfluss auf die EU erlange.

Die europapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Franziska Brantner, warnte davor, mögliche Sanktionen der USA mit Gegenmaßnahmen zu beantworten. Es wäre „absolut nicht der richtige Umgang, eine Sanktionsspirale in Gang zu setzen“, sagte sie dem Tagesspiegel. Die angekündigten Gegenmaßnahmen Trumps änderten nichts daran, dass die Grünen das Pipeline-Projekt weiterhin ablehnten, fügte sie hinzu. Vielmehr stelle sich generell die Frage, ob die EU mehr Souveränität erlangen wolle. Zu diesem Zweck müssten die Europäer bereit sein, den Euro zur weltweiten Leitwährung zu machen.

Albrecht Meier

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