Kanzlerin trifft Indiens Ministerpräsident: Merkel will Freihandelsabkommen mit Indien forcieren
Bei einem Treffen mit Indiens Ministerpräsident Narendra Modi hat die Kanzlerin die enge deutsch-indische Zusammenarbeit betont.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will die Zusammenarbeit mit aufstrebenden Mächten wie Indien und China weiter vertiefen. Diese Vertiefung erfolge aber nicht auf Kosten der traditionellen Freundschaft mit den USA, betonte Merkel bei den deutsch-indischen Regierungskonsultationen am Dienstag in Berlin. Die transatlantischen Beziehungen seien von "herausragender Bedeutung, aber wir sind eine globale Welt", weswegen Deutschland seine Kontakte in andere Weltregionen ausbaue. Das 1,3 Milliarden-Einwohner-Land Indien sei ein Partner, "an dessen guter Entwicklung wir umfassend interessiert sind", sagte die Kanzlerin, die auch auf das deutsche Interesse an engen Kontakten zu China verwies. Diese Kontakte seien "in keiner Weise gegen irgendwelche anderen Beziehungen gerichtet und schon gar nicht gegen die transatlantischen Beziehungen, die historisch für uns von großer Wichtigkeit sind und auch in Zukunft bleiben werden".
In den vergangenen Tagen hatte Merkel mit Äußerungen, die als Distanzierung zu US-Präsident Donald Trump verstanden wurden, für Aufsehen gesorgt. Bei dem Treffen mit Modi bekräftigte Merkel ihre Argumentation, dass die Europäer angesichts einer weniger berechenbaren US-Politik ihr Schicksal stärker in die eigenen Hände nehmen müssten. "Europa muss ein Akteur sein, der sich auch einmischt international", sagte sie. Dies gelte etwa für die Lösung der Krise in Libyen und die Krise um die Flüchtlingsbewegungen in Richtung Europa.
Indien wolle, "dass Europa stark bleibt"
Die Verwerfungen in den internationalen Beziehungen, die durch Trumps turbulente Europareise offensichtlich wurden, beeinflussten auch die deutsch-indischen Gespräche. In Abgrenzung zu den Problemen im transatlantischen Verhältnis hoben Merkel und Modi demonstrativ hervor, dass sie auf der Weltbühne die gleichen Ziele anstrebten. Merkel dankte Modi dafür, dass Indien das Pariser Klimaabkommen "sehr engagiert umsetzt". Indien sei ein Land, dass darauf setze, "dass die Welt vernünftig gestaltet wird". Modi betonte, beide Länder träten ein für Demokratie und Freiheit "als Pfeiler, auf die eine regelbasierte Welt sich stützt".
Indien wolle, "dass Europa stark bleibt". Dies sei die Vision der Kanzlerin, "und wir teilen diese Vision". Indiens Premierminister Narendra Modi war mit Teilen seines Kabinetts für die vierten deutsch-indischen Regierungskonsultationen nach Berlin gekommen. Beide Länder unterzeichneten Absichtserklärungen zur Vertiefung ihrer Zusammenarbeit. Diese betreffen die Bereiche Cyber- und Digitalpolitik, Entwicklungszusammenarbeit, nachhaltige Stadtentwicklung, Manager-Fortbildung und duale Ausbildung sowie Eisenbahn-Sicherheit.
Merkel sagte Modi auch für dieses Jahr einen Entwicklungsetat im Umfang von einer Milliarde Euro zu. Die deutsch-indischen Regierungskonsultationen finden seit 2011 im Zwei-Jahres-Rhythmus statt. Indien ist für die deutsche Wirtschaft ein wichtiger Wachstumsmarkt: Der Handelsaustausch hat sich binnen zehn Jahren auf rund 17 Milliarden Euro verdreifacht - zehn Milliarden davon sind Exporte nach Indien. Deutschland ist Indiens wichtigster Handelspartner innerhalb der EU. "Wir haben, was die wirtschaftlichen Beziehungen angeht, einen Quantensprung erlebt", sagte Modi. Besonderes Interesse zeigte Modi an deutschem Know-how bei der Berufsqualifizierung. Davon könnten in Indien 800 Millionen junge Menschen profitieren. Im Haushaltsjahr 2016/2017 verzeichnete Indiens Wirtschaft ein kräftiges Wachstum von 7,1 Prozent. Ökonomen erwarten, dass das Land Mitte des Jahrhunderts die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt nach China und den USA sein wird. (dpa)