Nord Stream 2 „nicht als Waffe“ benutzen: Merkel warnt Russland bei Ukraine-Besuch
Die Ukraine sieht die Pipeline Nord Stream 2 als akutes Problem. In Kiew versucht Kanzlerin Merkel zu beschwichtigen und sendet zugleich Warnungen gen Moskau.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj haben Russland gewarnt, Gaslieferungen nach Europa als Druckmittel gegen die Ukraine einzusetzen. Die neue Ostseepipeline Nord Stream 2 dürfe als „nicht als geopolitische Waffe benutzt werden“ benutzt werden, sagte Merkel bei einem Besuch in Kiew. Anderenfalls werde es Sanktionen gegen Russland geben. Darauf hätten sich Deutschland und die USA verständigt.
Zudem forderte Merkel Russland auf, einen existierenden Transitvertrag zur Beförderung von russischem Gas durch die Ukraine zu verlängern, der 2024 ausläuft. „Je schneller das geschieht, umso besser.“ Sie nehme die Sorgen der Ukraine „sehr ernst“, betonte Merkel. Das Thema habe auch bei ihren Gesprächen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Freitag in Moskau „einen breiten Raum“ eingenommen.
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Selenskyj bezeichnete die geplante Pipeline Nord Stream 2 als „gefährliche“ Waffe des Kreml auch gegen Europa und äußerte trotz der Zusicherungen der Kanzlerin große Sorge angesichts ihrer bevorstehenden Fertigstellung. Die Ukraine befürchtet, dass sie nach Inbetriebnahme von Nord Stream 2 als Transitland für russische Gaslieferungen nach Europa keine Rolle mehr spielt. Damit gingen dem Land Milliardeneinnahmen verloren, auf die es eigentlich angewiesen ist.
Merkel machte deutlich, dass Deutschland die Ukraine bei der künftigen Nutzung des Durchleitungsnetzes unterstützen wolle. So könnten die Leitungen etwa zum Transport von Wasserstoff genutzt werden. Im Gespräch ist demnach eine „Wasserstoff-Partnerschaft“ mit der Ukraine. Selenskyj meinte aber, dass der Übergang lange Zeit in Anspruch werde. Nord Stream 2 sei jedoch ein akutes Problem.
Ende des Monats wird Selenskyj auch US-Präsident Joe Biden in Washington treffen, um das Projekt zu bekämpfen. Die USA sind gegen die fast fertige Leitung. Deutschland und die USA hatten im Juli ihren jahrelangen Streit um die Pipeline beigelegt, die künftig russisches Erdgas durch die Ostsee nach Deutschland befördern soll. Die Einigung sieht vor, dass die Gasleitung durch die Ostsee ohne US-Sanktionen fertiggestellt werden kann.
„Wir verurteilen die Annexion der Krim“
Ein weiteres Gesprächsthema war der Krieg in der Ostukraine. „Wir verurteilen die Annexion der Krim“, betonte Merkel. Es sei richtig, darüber auch im Rahmen der „Krim-Plattform“ zu sprechen, um daran zu arbeiten, „dass das nicht in Vergessenheit gerät“.
In Kiew findet am Montag erstmals die sogenannte Krim-Plattform statt. Zu der Konferenz werden dutzende Staats- und Regierungschefs sowie Außenminister erwartet. Russland hatte die Halbinsel im Schwarzen Meer 2014 annektiert und nach einem von der Ukraine und dem Westen nicht anerkannten Volksentscheid ins eigene Staatsgebiet aufgenommen.
Ursprünglich sollte Bundesaußenminister Heiko Maas an dem Treffen teilnehmen. Angesichts der Lage in Afghanistan bleibe Maas nun aber in Berlin, sagte Merkel. Stattdessen werde Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier nach Kiew reisen. (dpa/AFP)