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Zum Abschied überreichte Russlands Präsident Wladimir Putin der Bundeskanzlerin Blumen.
© imago images/ITAR-TASS

Merkels letzte Reise nach Russland: Ende einer schwierigen Beziehung

Es ist ein Abschied, den Angela Merkel und Wladimir Putin wohl nicht bedauern. Ein letztes Mal ging es um strittige Themen im deutsch-russischen Verhältnis.

Zum Abschied gab es im Kreml Blumen und ein paar freundliche Worte für die Kanzlerin. Es ist wohl das letzte Mal, dass Angela Merkel den russischen Präsidenten Wladimir Putin besucht. Keinen anderen Staatschef hat die Bundeskanzlerin in den vergangenen 16 Jahren so oft getroffen. Allerdings ist es ein Abschied, der beiden Seiten nicht schwergefallen sein dürfte. Denn das Verhältnis zwischen Russland und Deutschland ist angespannt, auch wenn Putin den stets offenen Dialog mit der Kanzlerin lobte.

Merkel betonte in Moskau zwar die Notwendigkeit, im Gespräch zu bleiben. Doch schon in den ersten Minuten ihrer Begegnung mit Putin erwähnte die Kanzlerin die „tiefgreifenden Differenzen“ im deutsch-russischen Verhältnis. Diese Differenzen betreffen Moskaus Intervention in der Ostukraine, den Giftanschlag auf den russischen Oppositionsführer Alexej Nawalny oder die Lage in Belarus.

Als Termin für das Treffen wählten Deutsche und Russen ausgerechnet den Jahrestag des Anschlags auf Nawalny. Am 20. August 2020 war er auf einem Inlandsflug ins Koma gefallen, nachdem er mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok vergiftet worden war. Es war die Bundesregierung, die nach der Analyse von Proben in einem Speziallabor diese Erkenntnisse öffentlich machte und von Russland Antworten forderte. Nawalny wurde in der Berliner Charité behandelt.

Kurz vor Merkels Besuch in Moskau erhob das russische Außenministerium in einer langen Stellungnahme zum Fall Nawalny schwere Vorwürfe gegen Deutschland – und setzte damit zugleich den Ton für das Treffen. Von einer „geplanten Provokation“ gegen Russland und „bösen Absichten“ ist darin die Rede. Der Fall Nawalny sei „inszeniert“ worden. Russische Ärzte hätten keine chemischen Substanzen in Nawalnys Körper festgestellt. Ziel der angeblichen Inszenierung sei es gewesen, Russland „in den Augen der Weltgemeinschaft zu diskreditieren und seinen nationalen Interessen zu schaden“.

Nawalny fordert Sanktionen gegen „Putins Oligarchen“

Auch Nawalny selbst meldete sich zum Jahrestag des Anschlages zu Wort – aus dem Straflager. Er forderte die internationale Gemeinschaft zu einem entschlossenen Kampf gegen Korruption auf. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sei Korruption „die universelle, unideologische Grundlage dafür geworden, dass in der Welt eine autoritäre Internationale floriert“, schreibt der inhaftierte Oppositionsführer in einem Gastbeitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Zugleich sprach er sich dafür aus, nicht nur russische Regierungsbeamte und führende Geheimdienstler auf Sanktionslisten zu setzen, sondern „Putins Oligarchen“. Merkel kündigte an, dass in der EU über weitere Sanktionen gesprochen werden solle, wies aber zugleich auf mögliche rechtliche Schwierigkeiten bei einer Ausweitung des Personenkreises hin. Die Kanzlerin forderte im Gespräch mit Putin erneut die Freilassung Nawalnys.

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Die Kanzlerin musste sich in Moskau auch darum bemühen, ein Versprechen einzulösen. Um einen Streit zwischen Berlin und Washington über die Gas-Pipeline Nord Stream 2 beizulegen, hatten die Deutschen den Amerikanern im Juli eine weitreichende Zusage gegeben: Die Bundesregierung will sich dafür einsetzen, dass der Vertrag zwischen Kiew und Moskau, der den Gastransit durch die Ukraine regelt, über das Jahr 2024 hinaus verlängert wird.

Viel Zeit, das Versprechen umzusetzen, bleibt Merkel nicht mehr. Die Verhandlungen müssten der Vereinbarung zufolge bis zum 1. September beginnen. Der frühere KPMG-Vorstand Georg Graf Waldersee soll die Gespräche wieder als Sonderbeauftragter der Bundesregierung begleiten.

Putin macht weiteren Gastransit von Zusagen der Europäer abhängig

Putin bestätigte, dass Merkel den Gastransit angesprochen habe. Russland sei auch nach 2024 bereit, Gas durch die Ukraine zu leiten. „Dafür brauchen wir aber Antworten von den europäischen Partnern, wieviel Gas sie bei uns kaufen“, sagte der Präsident.

An diesem Sonntag wird die Kanzlerin in der Ukraine erwartet. Dort wird allerdings sehr genau registriert worden sein, dass Merkel erst nach Moskau und dann nach Kiew fährt.

Keine Fortschritte gibt es in den Friedensverhandlungen für die Ostukraine, in denen Deutschland und Frankreich zwischen Kiew und Moskau vermitteln. Das letzte Gipfeltreffen liegt schon fast zwei Jahre zurück. „Wir wollen versuchen, hier in den nächsten Wochen voranzukommen“, sagte Merkel in Moskau. Ein neuer Ukraine-Gipfel vor dem Ende ihrer Amtszeit gilt aber als wenig wahrscheinlich. Auch mit diesem Problem wird sich Merkels Nachfolger oder Nachfolgerin befassen müssen.

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