Debatte um Exit-Strategie nach dem Shutdown: Merkel sieht noch keinen Grund, Regeln zu lockern
In der Coronakrise bittet die Kanzlerin die Bürger um Geduld. Die Regierung will erst nach Ostern entscheiden, wie es nach dem Shutdown weitergeht.
Aus der häuslichen Quarantäne meldete sich am Wochenende die Kanzlerin zu Wort. Wie Millionen Menschen in Deutschland arbeitet Angela Merkel derzeit im Homeoffice, nachdem sie von einem später positiv auf das Coronavirus getesteten Arzt geimpft worden war.
In ihrem wöchentlichen Podcast berichtete sie dieses Mal darüber, wie viel Arbeit man auch von zu Hause aus schaffen könne und wie sie in einer mehr als sechsstündigen Videokonferenz im Europäischen Rat verhandelt habe. Ihr sei bewusst, „wie schwer die Kontakteinschränkungen sind, die nun in Deutschland für alle gelten“. Sie verstehe auch, dass manche jetzt schon ungeduldig fragten, wie lange das noch gehen solle.
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Genau diese Frage wird derzeit in der Coronakrise von Tag zu Tag lauter. „Wie kommen wir da wieder raus?“, titelte der „Spiegel“ am Samstag. Forderungen nach einer raschen Rücknahme zumindest einiger Einschränkungen hatte Kanzleramtschef Helge Braun allerdings eine klare Absage erteilt. „Wir reden jetzt bis zum 20. April nicht über irgendwelche Erleichterungen“, hatte Braun im Tagesspiegel-Interview gesagt. „Bis dahin bleiben alle Maßnahmen bestehen.“ Erst nach Ostern will die Bundesregierung entscheiden, wie es nach dem 20. April weitergeht.
In dieser Frage demonstriert die große Koalition Geschlossenheit: Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) warnte vor einer Lockerung der Einschränkungen aus wirtschaftlichen Gründen. „Ich wende mich gegen jede dieser zynischen Erwägungen, dass man den Tod von Menschen in Kauf nehmen muss, damit die Wirtschaft läuft“, sagte der Vizekanzler der „Bild am Sonntag“. Solche Abwägungen halte er für „unerträglich“. Ein Abbau der Maßnahmen dürfe nur nach medizinischen und niemals nach wirtschaftlichen Kriterien erfolgen.
Laschet widerspricht Merkel
Dagegen setzte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) einen anderen Akzent und forderte bereits jetzt eine Debatte darüber, wie die Maßnahmen gelockert werden könnten. „Der Satz, es sei zu früh, über eine Exit-Strategie nachzudenken, ist falsch“, schrieb Laschet in einem Gastbeitrag für die „Welt am Sonntag“. Damit widersprach Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident der Kanzlerin. Denn Merkel hatte wenige Tage zuvor gesagt, im Augenblick sei „nicht der Zeitpunkt, über eine Lockerung der Maßnahmen zu sprechen“.
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Laschet fordert nun, jetzt „Maßstäbe für die Rückkehr ins öffentliche und soziale Leben zu entwickeln, damit auch diese Entscheidung anhand transparenter Kriterien erfolgt“.
Doch die Kanzlerin bat die Bürger am Wochenende noch einmal um Geduld: „Ich muss Sie bitten: Seien Sie geduldig. Noch geben uns die täglichen Zahlen der Neuinfektionen leider keinen Grund, nachzulassen oder die Regeln zu lockern.“
Merkel nennt Kriterium für Lockerungen
Zugleich machte Merkel deutlich, woran sich die Bundesregierung für ihre Entscheidung über die nächsten Schritte orientieren will. Sie verwies darauf, dass sich die Zahl der Infektionen in Deutschland derzeit etwa alle fünfeinhalb Tage verdoppele. Am Anfang seien es nur zwei Tage gewesen, das sei also „schon ein Fortschritt“ – aber noch nicht genug: Der Zeitraum müsse „in Richtung von zehn Tagen gehen, damit unser Gesundheitssystem nicht überfordert wird“, sagte Merkel in ihrem Podcast. Bei näherem Hinsehen hat die Kanzlerin also schon das wichtigste Kriterium der Bundesregierung für eine Entscheidung darüber genannt, wann die massive Einschränkung des öffentlichen Lebens gelockert werden kann.
Doch bis sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Coronavirus so weit verlangsamt hat, bleibt der Bundesregierung nicht viel mehr, als an das Verständnis und die Vernunft der Bürger zu appellieren. „Jeder, der die Regeln befolgt, kann jetzt ein Lebensretter sein“, sagte Merkel.