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Österreichs Kanzler Kurz und Kanzlerin Merkel
© dpa/Michael Kappeler
Update

Flüchtlingspolitik: Merkel reist Sonntag zu EU-Asyl-Gipfel nach Brüssel

Die Staats- und Regierungschefs der EU beraten bald über die Asylpolitik. Aus Ärger über die Euro-Pläne der Kanzlerin will die CSU den Koalitionsausschuss anrufen.

Die Staats- und Regierungschefs mehrerer EU-Staaten kommen am Sonntag in Brüssel zu einem Sondergipfel zur Migration zusammen. Bundeskanzlerin Angela Merkel werde der Einladung von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu dem informellen Treffen folgen, betätigte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Juncker hatte eine Gruppe interessierter Staats- und Regierungschefs angesprochen. Nach Angaben aus Brüsseler EU-Kreisen sollen nach jetzigem Stand Deutschland, Frankreich, Österreich, Griechenland, Italien, Spanien und Bulgarien an dem Treffen teilnehmen. Das Thema Flüchtlinge soll auch beim regulären Gipfel aller EU-Staaten Ende Juni Thema sein.

Bundeskanzlerin Angela Merkel strebt bilaterale Abkommen mit EU-Partnern zur Rücknahme von Flüchtlingen an, die in einem anderen Land bereits registriert sind. Damit soll der Streit zwischen ihr und Innenminister Horst Seehofer entschärft werden. Seehofer will die betreffenden Flüchtlinge bereits an der Grenze zurückweisen. Dies wäre ein Verstoß gegen gültiges EU-Recht, was Merkel vermeiden will.

Merkel betonte am Mittwoch die Bedeutung europäischer Lösungen beim Umgang mit Flüchtlingen. "Wie man es dreht und wendet, Immigration ist eine europäische Herausforderung, vielleicht im Augenblick unsere größte Herausforderung", sagte die CDU-Chefin beim Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung in Berlin. Die Migration müsse gesteuert werden. "Und wir müssen festlegen - möglichst mit gemeinsamen Standards in der Europäischen Union - wer zu uns kommen darf und wer bleiben darf und wer nicht." Merkel erklärte weiter: "Die allermeisten Fliehenden sind Opfer."

Bundesinnenminister Horst Seehofer, der vor Merkel sprach, sagte, wer das Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen kenne, könne auch nachvollziehen, "was viele Flüchtlinge unserer Tage" bewege. Der CSU-Vorsitzende betonte, "dass Humanität am Anfang unseres Denkens stehen muss". Auf den aktuellen Unionsstreit über die Zurückweisung von Asylbewerbern an der deutschen Grenze ging er mit keiner Silbe ein.

„Das richtige Treffen“ finde Ende kommender Woche statt, stellte Juncker am Mittwoch klar. Das Treffen am Sonntag bilde ein „informelles vorbereitendes Treffen“, das aber nicht die Linie für den regulären EU-Gipfel diktieren könne. Zugleich wies Juncker darauf hin, dass die EU-Länder insgesamt an der jetzigen Lage selbst schuld seien. „Wenn alle Mitgliedsländer in ihrer Weisheit den Vorschlägen zur Revision des Dublin-Systems gefolgt wären, wären wir nicht mit den Problemen konfrontiert, mit denen wir derzeit konfrontiert sind.“

Kritik von Söder

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder lehnte am Mittwoch die Schaffung eines gemeinsamen Finanzbudgets für die Eurozone ab und kündigte an, Kanzlerin Merkel deswegen zur Rede zu stellen. „Wir können jetzt nicht zusätzliche Schattenhaushalte auf den Weg bringen oder versuchen, die Stabilität der Währung aufzuweichen“, sagte der CSU-Politiker kurz vor einem Treffen mit dem österreichischen Kanzler Sebastian Kurz in Linz.

Er warnte Merkel davor, europäische Finanz- und Asylpolitik zu vermischen. Es könne nicht sein, dass die Kanzlerin versuche, andere europäische Länder mit finanziellen Zusagen zu einer Zusammenarbeit in Asylfragen zu bringen. „Beides sind zwei unterschiedliche Bereiche. Es braucht ein klares Rechtsstaatsprinzip“, stellte Söder klar. Die CSU verlange die Einberufung des Koalitionsausschusses, sagte Söder.

Merkel und Macron hatten bei ihrem Treffen in Meseberg am Dienstag ein solches Eurozonen-Budget im Rahmen der bisherigen Haushaltstrukturen und ohne Angaben zur Höhe für 2021 vereinbart. Das Ziel von Merkel und Macron ist, den Euro krisenfester zu machen und eine milliardenschwere Investitionsoffensive zu starten.

Ultimatum der CSU, Kurz-Treffen mit Merkel

Die CSU hat Merkel in der Asylpolitik eine Art Ultimatum gestellt. CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer will Flüchtlinge, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind, ab Anfang Juli an den Grenzen zurückweisen lassen, sollte Merkel vorher keine andere Lösung finden.

Österreichs Kanzler Kurz wird sich nach eigenen Angaben vermutlich noch in dieser Woche mit Merkel und anderen europäischen Staats- und Regierungschefs zu Beratungen über die Migrationspolitik treffen. Das sagte der Politiker der konservativen Volkspartei (ÖVP). "So unangenehm es ist, wenn es in Deutschland Streit gibt und keine gemeinsame Linie in der Regierung, so positiv ist es, dass jetzt eine Bewusstseinsänderung vieler auf europäischer Ebene eintritt", sagte Kurz.

Kauder: Auf den Tisch hauen bringt nichts

Unionsfraktionschef Volker Kauder setzt im Asylstreit mit der CSU darauf, dass Kanzlerin Merkel in der Frage der Rücknahme von Flüchtlingen mit anderen europäischen Ländern eine Lösung findet. „Ich bin sehr optimistisch“, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch im ZDF-„Morgenmagazin“.

Er wies das Ansinnen von Seehofer zurück, andernfalls Flüchtlinge, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind, ab Anfang Juli an den Grenzen zurückzuweisen. Ein solcher deutscher Alleingang bringe nichts. Eine Lösung könne man nur mit den europäischen Nachbarn erreichen und „nicht mit der Kontrolle von einzelnen Grenzübergängen“, sagte Kauder.

Der Unionsfraktionschef will trotz allem weiter mit der CSU nach einer Lösung suchen. Auf den Tisch hauen bringe nichts, das sei auch nicht Merkels Art. Gleichwohl räumte er ein, dass er eine solch schwierige Lage im Verhältnis zwischen CDU und CSU in seinen 13 Jahren als Fraktionsvorsitzender noch nicht erlebt habe. Er werbe dafür, sich mit gegenseitigem Respekt zu begegnen. „Ich bemühe mich auch, keine Verletzungen zu verursachen.“

Merkel und Macron hatten am Dienstag in Meseberg vereinbart, den Euro krisenfester machen und eine milliardenschwere Investitionsoffensive starten zu wollen. Zudem unterstützte Macron die Kanzlerin dabei, in der Asylpolitik bilaterale Lösungen mit anderen europäischen Ländern zu finden. Kauder begrüßte das und sagte, die EU müsse angesichts der „Amerika-zuerst“-Politik von US-Präsident Donald Trump zusammenhalten. „Trump lässt nichts aus, uns zu bedrängen. Da brauchen wir Freunde in Europa“, sagte der Unionsfraktionschef. (dpa, Reuters, epd)

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