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Bundeskanzlerin Angela Merkel pflegt ihre Medien-Kontakte. Wie, soll man nicht wissen dürfen.
© Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa
Exklusiv

Urteil des Verwaltungsgerichts: Merkel muss ihre vertraulichen Treffen mit Journalisten offenlegen

Hintergrundgespräche gehören zum Kanzlerin-Alltag. Nun wird das Kanzleramt dazu verpflichtet, mehr Auskünfte über diese Gespräche zu geben.

Das Bundeskanzleramt muss über die bislang geheim gehaltenen Treffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Journalistinnen und Journalisten umfassend Transparenz herstellen. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht nach einer Klage des Tagesspiegels am Freitag entschieden.

Die Regierungszentrale wird mit dem Urteil verpflichtet, Auskünfte zu so genannten vertraulichen Hintergrundgesprächen aus dem Jahr 2016 zu erteilen (Az.: VG 27 K 34.17). Insbesondere geht es dabei um die Erörterung seinerzeit besonders umstrittener politischer Themen wie Flüchtlingskrise, Brexit und den Umgang mit der AfD. Merkel muss sich demnach nicht nur zu Veranstaltungen im Kanzleramt erklären, sondern auch zu Treffen, bei denen sie sich von Medienvertretern einladen ließ.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, eine Berufung wurde zugelassen.

„Im Kampf zwischen Kungeleien im Hinterzimmer und Transparenz hat die Transparenz gewonnen“

Das Kanzleramt muss nicht nur Ort und Zeit benennen, sondern auch Angaben zu den teilnehmenden Medien machen sowie zu den konkreten Informationen, die bei den Terminen mitgeteilt wurden.

Das Gericht bezog sich dabei auf die im Grundgesetz geschützte Pressefreiheit, die einen Auskunftsanspruch von Medienvertretern gegen Bundesbehörden vermittelt, auch gegen das Bundeskanzleramt. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) Frank Überall begrüßte die Entscheidung: „Das ist ein gutes Urteil für den Journalismus. Im Kampf zwischen Kungeleien im Hinterzimmer und Transparenz hat die Transparenz gewonnen. Das ist gut und färbt hoffentlich positiv auf die gesamte Bundespolitik ab.“

Das Kanzleramt brauche die Treffen für die eigene Politik, heißt es

Die Vertreter der Bundesregierung hatten in der Verhandlung zuvor ihre Ablehnung bekräftigt. Eine Stattgabe der Klage hätte das Ende solcher Gespräche zur Folge, die für die politische Willensbildung der Regierung jedoch unverzichtbar seien. Der Kanzlerin würde damit jegliche Möglichkeit genommen, bei der Amtsausübung vertrauliche Beziehungen zu Dritten zu unterhalten.

Der Tagesspiegel verwies dagegen auf den Gleichbehandlungsgrundsatz der Verfassung, wonach Behörden verpflichtet seien, Medien bei der Vergabe amtlicher Informationen gleich zu behandeln. Zudem sei es für die Meinungsbildung in der Bevölkerung wichtig zu erfahren, wie die Regierung politische Einschätzungen auf diesem bisher intransparenten Weg in die Öffentlichkeit bringe und dadurch Debatten beeinflusse.

Auch der BND wurde schon zur Auskunft verurteilt

Das Verwaltungsgericht hatte den Anspruch bereits Ende 2016 in einem Eilverfahren zuerkannt. Das Oberverwaltungsgericht hob den Beschluss jedoch auf, da es damals keinen Eilbedarf erkennen konnte. Die Entscheidung vom Freitag ist im daran anschließenden Hauptsachverfahren ergangen.

Mittlerweile hat sich auch das Bundesverwaltungsgericht in verschiedenen Entscheidungen mit der Praxis von behördlichen Hintergrundgesprächen mit Medien befasst. In einem Grundsatzurteil zum verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch im September 2019 hieß es, die verabredete Vertraulichkeit hindere nicht daran, Informationen über die Treffen an Journalisten zu geben, die nicht daran teilnehmen. Die Regierung könne sich zudem nicht auf Quellen- oder Informantenschutz berufen. Medienvertreter müssten es hinnehmen, dass ihre Teilnahme öffentlich bekannt würde. Damit wurde der Bundesnachrichtendienst (BND) verurteilt, zu Themen und Teilnehmern seiner Gespräche Auskunft zu erteilen (Az.: BVerwG 6 A 7.18).

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