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Jost Müller-Neuhof (li.) im Bundesverwaltungsgericht in Leipzig
© Hendrik Schmidt/dpa

Tagesspiegel-Klage erfolgreich: Geheimdienst muss transparenter werden

Der BND muss Auskunft über seine Hintergrundgespräche mit Journalisten erteilen. Ein Tagesspiegel-Redakteur hatte vor dem Bundesverwaltungsgericht geklagt.

Der Bundesnachrichtendienst muss der Presse Auskunft über Hintergrundgespräche mit Journalisten erteilen. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig auf eine Klage des Tagesspiegels. Das Urteil wurde am Mittwoch verkündet.

Grundlage des Anspruchs ist demnach der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die mündliche Verhandlung hatte am 11. September stattgefunden. In dieser Verhandlung hatte BND-Sprecher Martin Heinemann geschildert, wie der Bundesnachrichtendienst im Umgang mit Journalisten verfährt.

Danach sucht der BND die Medienvertreter selbst aus und adressiert die Einladungen an sie persönlich. Sie müssen sich zu Stillschweigen verpflichten. Im Gegenzug erhalten Sie Informationen, die anderen Pressevertretern vorenthalten bleiben.

Solche sogenannten Hintergrundgespräche werden in ähnlicher Weise auch von Verfassungsschutzämtern, Bundeskriminalamt, Kanzleramt und Ministerien praktiziert. Die Tagesspiegel-Klage zielte darauf ab, die äußeren Umstände der Treffen sowie Themen und Teilnehmer für die Öffentlichkeit transparent zu machen.

Damit kann nachvollzogen werden, ob und wie der Nachrichtendienst auf die öffentliche Erörterung von Auslandsthemen in den Medien durch seine Informationsvergabe Einfluss genommen hat. Die BND-Anwälte hatten ursprünglich versucht, für die Auslandsaufklärer vor Gericht eine vollständige sogenannte Bereichsausnahme vom Presse-Auskunftsanspruch zu erreichen.

"Dass der BND Hintergrundgespräche mit Journalisten auch unter Beteiligung seines Präsidenten durchführt, ist allgemein bekannt", konstatierte nun das Bundesverwaltungsgericht. "Dadurch, dass dem Kläger mitgeteilt wird, welche Medienvertreter jeweils eingeladen waren und an welchen Gesprächen der Präsident des BND teilgenommen hat, werden keine für eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung des BND relevanten zusätzlichen Informationen verbreitet."

Ein Teil der Fragen wurde in der mündlichen Verhandlung beantwortet

Der Tagesspiegel-Redakteur Jost Müller-Neuhof hatte im Frühjahr 2017 um die Erteilung von Auskünften zu der Anzahl, den Themen, dem personellen Rahmen sowie den Zeiten und Orten der im Vorjahr und im laufenden Jahr organisierten Hintergrundgespräche gebeten.

Er begehrte außerdem Auskunft über den Umgang mit Erkenntnissen im Zusammenhang mit dem Militärputsch in der Türkei im Juli 2016. Der BND lehnte die Erteilung der verlangten Auskünfte ab. Daraufhin klagte der Tagesspiegel vor dem Bundesverwaltungsgericht, das für Klagen gegen den BND in erster und letzter Instanz zuständig ist. Zusätzlich stellte er einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Nachdem der Eilantrag in Bezug auf Fragen zum Militärputsch in der Türkei teilweise Erfolg gehabt hatte und der BND in der mündlichen Verhandlung die Fragen des Klägers nach der Anzahl, den Zeiten und den Orten der Hintergrundgespräche beantwortet hat, haben die Beteiligten den Rechtsstreit für teilweise erledigt erklärt. In Bezug auf einen kleinen Teil der begehrten Auskünfte hat der Kläger seine Klage zurückgenommen.

Verlangen kann er jedoch eine Beantwortung der noch streitigen Fragen über die Hintergrundgespräche. Zum einen hat der BND den Richtern zufolge schutzwürdige öffentliche Interessen nicht hinreichend dargelegt, die einer Erteilung dieser Auskünfte durch den BND entgegenstehen könnten – siehe das Zitat oben.

Zum anderen werde die Erteilung der begehrten Auskünfte über die Hintergrundgespräche nicht durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der eingeladenen Journalisten und der durch sie vertretenen Medien gehindert. Zwar sei das Recht auf informationelle Selbstbestimmung grundsätzlich schutzwürdig, jedoch überwiege im vorliegenden Fall das Informationsinteresse der Presse.

Einen weiteren Antrag zur Kommunikation zwischen BND und Bundeskanzleramt in einem konkreten Fall lehnten die Richter ab. Dem stehe das schutzwürdige öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufgabenerfüllung des Geheimdienstes entgegen.

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