EU-Flüchtlingspolitik: Merkel kritisiert Quotenbeschluss von 2015
Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisiert den EU-Beschluss von 2015, 160.000 Flüchtlinge in der EU umzuverteilen. Diese Entscheidung habe die EU nicht befriedet, sagt die Kanzlerin bei einer Klausurtagung der EVP-Fraktion in München.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich kritisch über einen Mehrheitsbeschluss der EU-Innenminister vom Herbst 2015 geäußert, bei dem eine quotenmäßige Verteilung von Flüchtlingen in der EU festgelegt worden war. Dieser Beschluss sei zwar formal richtig gewesen, aber er habe „mitnichten zu einer europäischen Befriedung geführt“, sagte die Kanzlerin am Mittwochabend bei einer Klausurtagung der Fraktion der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament in München. Stattdessen bedürfe es flexibler Lösungsansätze in der Flüchtlingskrise.
Die EU-Innenminister hatten im September 2015 beschlossen, 160.000 Flüchtlinge in der EU umzuverteilen. Vor allem in Osteuropa war die Entscheidung seinerzeit auf Kritik gestoßen. Inzwischen wird darüber diskutiert, ob einzelne EU-Staaten sich von der Aufnahme von Flüchtlingen freikaufen oder einen verstärkten Einsatz beim Schutz der europäischen Außengrenzen leisten können.
Merkel forderte, dass eine „wirkliche europäische Grenzpolizei“ aufgebaut werden müsse. Allerdings erklärte sie auch, dass sich die Migration über das Mittelmeer nicht allein durch einen Ausbau der EU-Grenzschutzagentur Frontex zu einer Grenzpolizei eindämmen lasse. Daher sei im Zuge der Bekämpfung der Fluchtursachen ein „Marschallplan für Afrika“ nötig.
Kanzlerin hat sich mit Spitzenkandidaten-Verfahren "abgefunden"
In ihrer Rede vor den Europaabgeordneten der EVP-Fraktion hielt die Kanzlerin ein „Plädoyer für ein handlungsfähiges Europa“. Mit Blick auf das auch nach der Europawahl im kommenden Jahr geplante so genannte Spitzenkandidaten-Verfahren zur Bestimmung des Nachfolgers des amtierende EU-Kommissionschefs Jean-Claude Juncker sagte Merkel: „Ich habe mich damit abgefunden, o.k.“ Nach der letzten Europawahl 2014 hatte Merkel zunächst Bedenken gehabt, einer Benennung von Jean-Claude Juncker, dem siegreichen Spitzenkandidaten der EVP-Parteienfamilie, zuzustimmen. Anschließend hatte sie dann aber doch der Nominierung Junckers zugestimmt. Merkel gab am Mittwochabend indes zu bedenken, dass langfristig die Spitzenkandidaten-Prozedur an transnationale Listen gekoppelt werden müsste, wie sie Frankeichs Staatschef Emmanuel Macron fordert. Zu den möglichen Spitzenkandidaten der konservativen Parteienfamilie gehört der EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU), der zur Klausurtagung nach München eingeladen hatte.
Merkel für Brüssel als alleinigen Sitz des EU-Parlaments
Zudem regte Merkel an, die Arbeit des Europaparlaments, das zu den Plenartagungen regelmäßig in Straßburg zusammenkommt, langfristig allein auf Brüssel zu konzentrieren. Im Ausgleich könne man dafür darüber nachdenken, EU-Gipfeltreffen regelmäßig in jenen Ländern abzuhalten, die jeweils die EU-Ratspräsidentschaft innehaben.