Nach gescheiterter Vorsitzkandidatur: Merkel: Kein Kabinettsposten für Friedrich Merz
Merz will, Merkel nicht: Die Kanzlerin will ihren schärfsten Kritiker nicht zum Minister machen. 2019 könnte ein Kabinettsumbau aber unvermeidlich werden.
Anderthalb Wochen war Friedrich Merz abgetaucht, eine lange Zeit im politischen Geschäft. Doch so eine Niederlage wie sie der Kandidat für den CDU-Parteivorsitz in Hamburg erlebt hat, muss man erstmal verdauen. Mit seinem langen Interview in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ hat Merz jetzt sein Schweigen gebrochen. Er traue sich ein Ministeramt zu, sagte Merz. Und fügte hinzu: „Aber das ist Sache der Kanzlerin.“ Feingesetzte Nadelstiche. Das Kalkül scheint offenkundig: Merz will den Druck auf die neue Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer erhöhen, auf die Kanzlerin auch. Geht das auf?
Mit dem Interview ist deutlich geworden, dass Merz seine politischen Ambitionen noch lange nicht begraben hat. Er weiß, dass ihm auf dem Parteitag nur 18 Stimmen gefehlt haben, er weiß, hätte er eine bessere Rede gehalten, hätte es wohl gereicht. An seine Unterstützer ist das ein Signal: Ich bin noch da, ich stehe bereit. Und sei es nach einem Wechsel im Kanzleramt. Das hat Mobilisierungskraft. Und die Merzianer in der CDU ziehen mit.
Da ist zum Beispiel EU-Kommissar Günther Oettinger, der sich am Mittwoch im Gespräch mit dem „Focus“ dafür aussprach, Merz auf absehbare Zeit in das Bundeskabinett zu holen. „Wenn die Halbzeitprüfung der SPD 2019 negativ ausfällt und sie die Koalition verlassen, dann wäre das auch ein guter Zeitpunkt, ihn zu fragen.“
„Was er tut, muss nach außen sichtbar sein“
Da ist Matthias Heider. CDU-Bundestagsabgeordneter, Sauerländer wie Merz und Vize-Vorsitzender der MIT, der Mittelstands und Wirtschaftsvereinigung der Union. Der Verband mit 25.000 Mitgliedern stand schon vor dem Parteitag hinter Merz. Das Interview, sagt der Vize-Vorsitzende Heider dem Tagesspiegel, sei „ein Signal, das vor allem im konservativen Teil der Partei gut ankommt.“ Er habe sich gefreut, dass Merz seine Bereitschaft, weiter in der Politik tätig zu sein, noch einmal untermauert habe. Sein Verband erwarte von AKK, dass sie das Parteitagsmotto „zusammenführen“ ernst meine. „Dazu gehört, dass wir auf einen Politiker wie Friedrich Merz nicht verzichten.“
Man könne Merz nicht anbieten, Leiter einer Arbeitsgruppe in der Parteizentrale zu werden. „Was er tut, muss nach außen sichtbar sein“, sagt Heider. Er gibt zwar zu, dass Neubesetzungen in einer Regierungsmannschaft „nicht ohne Anlass und nicht ad hoc“ gingen. Er sagt aber auch: „Wenn Umbildungen gemacht werden, sollte Merz für ein Ministeramt berücksichtigt werden.“ Im Blick: Das Verteidigungs- und das Wirtschaftsministerium.
Schon seit Merz’ Niederlage auf dem Parteitag wird spekuliert, welches Ministeramt er am ehesten besetzen könnte. Wirtschaft und Verteidigung werden dabei immer wieder genannt. Nach dem Merz-Interview sah sich Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch genötigt klarzustellen: „Die Bundeskanzlerin plant keine Kabinettsumbildung.“ Klar, dass Merkel einen ihrer schärfsten Kritiker nicht in ihrem Kabinett haben will.
Merkels Absage kommt bei Konservativen nicht gut an
Ein Kabinettsumbau könnte dennoch nötig werden. Justizministerin Katarina Barley ist Spitzenkandidatin der SPD bei der Europawahl, sie geht nach Brüssel. Horst Seehofer ließ im November Vertrauten zufolge verlauten, er wolle ohne Parteivorsitz nicht mehr lange Innenminister bleiben. An diese Aussagen werden ihn seine Kabinettskollegen sicher erinnern. Andere Minister stehen in der Kritik: etwa Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in der Berateraffäre oder Bildungsministerin Anja Karliczek, die zuletzt verlauten ließ: „5G ist nicht an jeder Milchkanne notwendig“. Doch wenn es zu einer Rochade kommt, heißt das nicht automatisch, dass Merz berücksichtigt wird.
Andere Merzianer sind sich ohnehin unsicher, ob ein Ministeramt aktuell die beste Wahl wäre. Der Baden-Württemberger Alexander Mitsch ist Vorsitzender der „Werteunion“, einem Zusammenschluss von konservativen Mitgliederinitiativen. Er sagt dem Tagesspiegel: „Ich weiß nicht, ob Merz sich einen Gefallen täte, wenn er in ein Kabinett unter Merkel einträte.“ Mitsch glaubt, Merz wäre dort abhängig von der Kanzlerin und AKK. „Ich habe Sorge, dass er in diesem Kabinett die Erwartungen seiner Anhänger und seine selbst gesteckten Ziele nicht erfüllen könnte.“ Die Absage von Merkel ärgert Mitsch trotzdem: Die sei „persönlich motiviert“ und verschärfe die Führungskrise der CDU. Mitsch erhofft sich eine „Asylwende“ und eine „Agenda für die Leistungsträger“ von Merz. Kurzfristig sähe er ihn als Vorsitzenden einer CDU-Programmkommission. Langfristig als Ministerpräsident in NRW oder Kanzlerkandidat.
Klar ist: Die Merz-Unterstützer werden weiter Druck machen, dass der Sauerländer einen Posten mit Gewicht besetzt. Aber 2018 passiert sicherlich nichts mehr. CDU-Vizechef Thomas Strobl – Schwiegersohn von Merz-Mentor Wolfgang Schäuble – sagte den Funke-Zeitungen: „Wie es weitergeht, kann in Ruhe nach der Weihnachtspause besprochen werden.“ Die Merzrevolution, sie kommt wenn dann erst im nächsten Jahr.
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