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Angela Merkel bei der Ankunft beim EU-Gipfel in Brüssel.
© AFP PHOTO / EMMANUEL DUNAND

Newsblog Flüchtlinge: Merkel: Europa hat Kraft zur Bewältigung der Krise

Die Slowakei will gegen den Beschluss der EU-Innenminister zur Verteilung der Flüchtlinge klagen, Frankreich und Belgien fordern einen harten Kurs gegen Quotenverweigerer. Die Entwicklungen zum Nachlesen.

Hannelore Kraft sieht Flüchtlinge als Chance: Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, hat dazu aufgerufen, Flüchtlinge nicht gegen andere Gruppen wie Langzeitarbeitslose auszuspielen. „Diejenigen, die kommen, können eine Chance sein, wenn wir's richtig anpacken“, sagte die SPD-Politikerin am Mittwochabend in der Fernsehsendung „Die Flüchtlinge und wir - wie verändert sich unser Land“ aus der WDR-Arena in Mönchengladbach. „Wir dürfen nicht zulassen, dass hier einer gegen den anderen ausgespielt wird“, sagte sie.

Frankreich und Belgien fordern harten Kurs gegen EU-Quotenverweigerer: Frankreich und Belgien haben beim EU-Sondergipfel zur Flüchtlingskrise einen harten Kurs gegen Mitgliedstaaten gefordert, die den europäischen Kompromiss zur Verteilung von Migranten weiter ablehnen. Wer europäische Werte nicht teile, solle sich fragen, ob er noch in der EU bleiben wolle, sagte der französische Staatspräsident François Hollande am Mittwoch in Brüssel. Namen von Staaten nannte er dabei nicht.

Der liberale belgische Premier Charles Michel sprach sich für Sanktionen aus, falls der Beschluss der EU-Innenminister nicht in die Tat umgesetzt werde. Rumänien, Ungarn, die Slowakei und Tschechien hatten bei am Dienstag gegen den Kompromiss gestimmt, der eine Verteilung von 120 000 Flüchtlingen in Europa vorsieht.

Im Europaparlament sprechen sich die Liberalen dafür aus, gegen Ungarn den Artikel sieben des EU-Vertrags anzuwenden. Diese „Atombombe“ im EU-Recht kann zum Einsatz kommen, falls ein Mitgliedstaat gegen die Werte der EU verstößt - die Folge ist ein Entzug des Stimmrechts in den EU-Institutionen.

Ausweitung von EU-Militäreinsatz im Mittelmeer trifft auf Widerstand: Die geplante Ausweitung des EU-Militäreinsatzes gegen Schlepper im Mittelmeer trifft auf Widerstand im UN-Sicherheitsrat. In dem UN-Gremium, das dem Einsatz von Gewalt zustimmen müsste, gibt es vier erklärte Gegner einer entsprechenden Resolution, wie die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch am UN-Sitz in New York erfuhr. "Venezuela ist nicht dabei und wird es niemals sein", sagte ein UN-Diplomat. Auch die drei afrikanischen Sicherheitsratsmitglieder Angola, Tschad und Nigeria äußerten demnach Vorbehalte.

Zur EU-Militärmission "Eunavfor Med" gehören derzeit vier Schiffe, zwei deutsche, ein italienisches und ein britisches. Sie sollen "Fluchtnetzwerke durch Informationssammlung und Patrouillen auf hoher See aufspüren und überwachen". Die EU-Staaten wollen jedoch auch direkt gegen Boote der Schlepper vorgehen. Dazu ist das Aufbringen, die Beschlagnahme und die Umleitung von Schiffen geplant. Der von Großbritannien eingebrachte Resolutionsentwurf sieht einen Bezug auf Kapitel VII der UN-Charta - und damit den möglichen Einsatz von Gewalt - vor.

Der aktuelle Entwurf der Resolution sieht eine Laufzeit von einem Jahr vor und bezieht sich auf die Zonen des Mittelmeers außerhalb der libyschen Hoheitsgewässer. Zunächst äußerte auch Russland im Sicherheitsrat Vorbehalte gegen die Bezugnahme auf Kapitel VII der UN-Charta. Inzwischen sei Moskau aber "dabei", sagte ein UN-Diplomat. Die libysche Regierung wendet sich gegen Militäreinsätze, die zu einer weiteren Destabilisierung des Landes beitragen könnten.

Sofern Russland kein Veto einlegt, könnte der Sicherheitsrat die Resolution auch mit elf von 15 Stimmen annehmen. Am Mittwoch war aber noch unklar, ob Großbritannien den Text zur Abstimmung vorlegen würde.

Staats- und Regierungschefs bei EU-Sondergipfel in Brüssel: Die EU-Staats- und Regierungschefs haben ihre Beratungen über die Bewältigung der Flüchtlingskrise begonnen. Die Vertreter der 28 EU-Länder kamen am Abend in Brüssel zu einem Sondergipfel zusammen. Bei einem Abendessen geht es vor allem um die Bekämpfung von Fluchtursachen und eine bessere Sicherung der EU-Außengrenzen. Überschattet wurde das Treffen durch die Entscheidung der EU-Innenminister vom Dienstag, gegen den Widerstand von vier osteuropäischen Staaten die Umverteilung von 120.000 Flüchtlingen in Europa zu beschließen.

EU-Ratspräsident Donald Tusk, der den Gipfel organisiert, forderte vor Beginn, "den Kreislauf aus gegenseitigen Anschuldigungen und Missverständnissen" zu beenden. Denn die EU müsse damit rechnen, dass sich "Millionen und nicht Tausende" nach Europa auf den Weg machten. An dem Treffen nahm auch der am Sonntag wiedergewählte griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras teil, dessen Land als Hauptankunftsland in der EU im Fokus steht. Er forderte die EU-Partner auf, "Verantwortung und Lasten zu teilen".

Merkel: "Europa hat die Kraft, die Krise zu bewältigen": Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich überzeugt gezeigt, dass die Europäische Union die aktuelle Flüchtlingskrise bewältigen kann. „Europa hat dazu die Kraft“, sagte die Kanzlerin zum Auftakt eines EU-Sondergipfels am Mittwoch in Brüssel. „Das wird aber bedeuten: Wir müssen außenpolitisch aktiver werden, wir müssen uns mehr auch um die Bekämpfung der Fluchtursachen bemühen“, sagte Merkel.

Die Kanzlerin unterstrich, dass der EU-Gipfel ein Signal geben müsse, dass die bestehende Lücke im UN-Welternährungsprogramm aufgefüllt werde. „Hier haben wir alle miteinander, und ich schließe mich da auch ein, nicht gesehen, dass die internationalen Programme nicht ausreichend finanziert sind. Dass Menschen hungern in den Flüchtlingslagern, dass die Lebensmittelrationen gekürzt wurden.“ Deutschland werde seinen Anteil an zusätzlichen Hilfen tragen, sagte Merkel.

Die Kanzlerin mahnte auch einen intensiveren Dialog mit der Türkei an, die zwei Millionen Flüchtlinge aufgenommen habe. „Wir müssen darüber reden: Wie können wir die Prozesse vernünftig steuern, wie können wir an der Grenze einen gemeinsamen Grenzschutz aufbauen?“ Auch gelte es, die Türkei bei der Versorgung der Flüchtlinge zu unterstützen.

Die Europäische Union müsse auch Antworten finden, wie sie ihr eigenes System verbessern könne, sagte Merkel. Es gehe um den Schutz der Außengrenzen und eine faire Verteilung innerhalb der EU. Zudem müssten die Regierungen „sehr ruhig darüber sprechen“, wie sich Registrierungszentren - sogenannte Hotspots - einrichten ließen. Es wäre „ganz falsch“, wenn Europa nun sagen würde, dass es mit den Aufgaben nicht fertig würde, unterstrich Merkel. „Deshalb sage ich immer wieder, wir schaffen das.“

EU-Staaten zahlen UNO eine Milliarde Euro zusätzlich für Flüchtlinge: Die EU-Staaten wollen UN-Organisationen zusätzlich eine Milliarde Euro zur Unterstützung der syrischen Bürgerkriegsflüchtlinge zahlen. Die 28 Mitgliedsländer wollen bei ihrem Sondertreffen am Mittwoch in Brüssel eine entsprechende Selbstverpflichtung beschließen, wie aus einem Entwurf der Abschlusserklärung hervorgeht, der der Nachrichtenagentur AFP vorlag. EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte in seinem Einladungsschreiben für das Treffen gemahnt, das Problem könne "nicht warten". Das Welternährungsprogramm (WFP) habe seine Hilfen für die syrischen Flüchtlinge bereits kürzen müssen.

Der britische Premierminister David Cameron sagte beim Eintreffen zu dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel, sein Land werde das WFP mit 40 Millionen Pfund (55 Millionen Euro) zusätzlich unterstützen, weil "wir sicherstellen müssen, dass die Menschen in Flüchtlingslagern richtig verpflegt und versorgt werden". Damit könnten auch die Flüchtlinge abgehalten werden, "die sehr schwierige und gefährliche Reise nach Europa zu unternehmen".

Ostdeutsche deutlich skeptischer als Westdeutsche: Die Ostdeutschen sind gegenüber der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung einer Umfrage zufolge deutlich skeptischer als ihre Landsleute im Westen. In den ostdeutschen Bundesländern stimmen nur 31 Prozent der Politik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu, 56 Prozent sind dagegen, wie aus einer am Mittwoch in München veröffentlichten Umfrage für focus-online hervorgeht. Im Westen liegen Befürworter (44 Prozent) und Gegner (46 Prozent) fast gleichauf. Insgesamt sind laut Umfrage 48 Prozent der Deutschen mit dem Handeln der Bundesregierung beim Thema Flüchtlinge nicht zufrieden, 41 Prozent der Befragten stehen hinter Angela Merkel. 11 Prozent machten keine Angaben. Fast jeder zweite Bundesbürger (49) lehnt die rigide Haltung von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban gegenüber Asylsuchenden ab, wie die Erhebung weiter ergab. 33 Prozent stimmen ihm zu, 18 Prozent machen keine Angaben. Unter Orbans Unterstützern sind besonders viele Wähler von FDP (44 Prozent) und AfD (85 Prozent).

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn.
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn.
© REUTERS

Luxemburgs Außenminister Asselborn mahnt die Slowakei: Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hat im Streit um die Verteilung von Flüchtlingen in der Europäischen Union  die Slowakei davor gewarnt, den Mehrheitsbeschluss der EU-Innenminister zu missachten. „Das ist ein legislativer Akt für die EU, der auf nationaler Ebene umgesetzt werden muss“, sagte Asselborn dem Tagesspiegel mit Blick auf die Entscheidung der Innenminister. „Dies gilt für Luxemburg genauso wie für Deutschland oder die Slowakei.“ Die Slowakei will nach den Worten von Regierungschef Robert Fico gegen den Beschluss der EU-Innenminister vom Dienstagabend beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) klagen und ihn nicht umsetzen. Der deutsche Ressortchef Thomas de Maizière und seine Amtskollegen hatten am Dienstagabend beschlossen, 120.000 Flüchtlinge unter den EU-Staaten zu verteilen.

Viktor Orban will Milliarden-Programm der EU: Der ungarische Regierungschef Viktor Urban fordert ein Drei-Milliarden-Euro-Programm der EU zur Bewältigung der Flüchtlingskrise. Bei der CSU-Klausur in Kloster Banz schlug Orban am Mittwoch weiter vor, Flüchtlinge und Arbeitsmigranten bereits vor der Einreise in den Schengen-Raum zu trennen. Die Sicherung der griechischen Grenzen solle von den europäischen Ländern übernommen werden, die dazu bereit seien. Orban forderte außerdem „Weltkontingente“, um die Flüchtlinge weltweit zu verteilen. Griechenland könnte nach Ansicht von Orban seine Außengrenzen von anderen Ländern gegen Flüchtlinge schützen lassen. Wenn Griechenland eine entsprechende Bitte an seine internationalen Partner richte, werde sich Ungarn an einer solchen Aktion beteiligen, sagte Orban.

Koalition will Flüchtlingsgesetze im Eilverfahren umsetzen: Union und SPD wollen die gesetzlichen Änderungen im Rahmen ihres geplanten Maßnahmenpakets zur Flüchtlingspolitik im Eilverfahren umsetzen. SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Christine Lambrecht sagte am Mittwoch in Berlin, am kommenden Dienstag sollten die Vorlagen in einer Sondersitzung des Bundeskabinetts und am selben Nachmittag von den Koalitionsfraktionen beschlossen werden. Durch dieses parallele Vorgehen lässt sich die erforderliche Einbeziehung des Bundesrats beschleunigen. Möglichst bereits am 15. Oktober soll laut Lambrecht das Gesetzespaket vom Bundestag verabschiedet werden, ebenfalls noch im Oktober vom Bundesrat. Dies würde allerdings eine Verkürzung der normalen parlamentarischen Beratungsfristen voraussetzen, der auch die Opposition zustimmen müsste. Zum 1. November sollen die Neuregelungen dann nach dem Wunsch von Union und SPD in Kraft treten.

Finanzministerium erleichtert Spenden für Flüchtlinge: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will die Spendenbereitschaft der Bevölkerung für Flüchtlinge unterstützen. Das Bundesfinanzministerium erließ am Mittwoch eine Reihe von Vereinfachungen für private Spender und steuerbegünstigte Organisationen. Wer etwa für Sonderkonten von Hilfsorganisationen zur Unterstützung von Flüchtlingen spendet, benötigt für die Steuererklärung nur einen vereinfachten Spendennachweis. Ausreichend soll etwa ein Bareinzahlungsbeleg, der Kontoauszug eines Kreditinstituts oder der Ausdruck bei Online-Banking sein. Schenkungen zu ausschließlich mildtätigen Zwecken zugunsten der Flüchtlingshilfe sind dem Beschluss zufolge von der Schenkungssteuer befreit. Außerdem können Arbeitnehmer auf einen Teil ihres Bruttolohns verzichten. Der Betrag wird dann vom Arbeitgeber einbehalten und an eine Einrichtung für Flüchtlingshilfe überwiesen. Diese Arbeitslohnspende wird nicht auf den steuerpflichtigen Arbeitslohn angerechnet. Für Organisationen sehen die Regelungen unter anderem vor, dass alle gemeinnützigen Organisationen unabhängig von ihren eigentlichen Satzungszwecken Spenden für Flüchtlinge sammeln dürfen, sie müssen allerdings auf eine solche Sonderaktion hinweisen.

Erste Tote aus Kühl-Lkw in Österreich als Iraker identifiziert: Die Polizei hat bei den in Österreich tot in einem Lastwagen gefundenen 71 Flüchtlingen persönliche Daten festgestellt. Demnach stammen die zehn identifizierten Opfer aus dem Irak, teilte die Polizei Burgenland am Mittwoch mit. Es handele sich um neun Männer und eine Frau. Keines der Opfer sei älter als 50 Jahre. Vier Tote seien in Österreich den Angehörigen übergeben worden. Die österreichische Polizei hatte im August einen geparkten Kühllastwagen entdeckt. Früheren Angaben zufolge waren darunter 59 Männer, acht Frauen sowie vier Kinder. Ursprünglich gingen die Ermittler davon aus, dass es sich bei den Toten um Syrer handele, da bei der Bergung der Leichen ein syrisches Reisedokument gefunden wurde. Die Polizei geht davon aus, dass die Ermittlungen noch mehrere Wochen dauern.

Slowakei kündigt Klage gegen Quotenbeschluss an: Die Slowakei will gegen den Mehrheitsbeschluss der EU-Innenminister zur Verteilung von Flüchtlingen in der EU klagen. Das kündigt Ministerpräsident Robert Fico an. Rumänien kann nach den Worten von Präsident Klaus Johannis die von der EU zugewiesene Zahl von Flüchtlingen verkraften. Trotzdem sei das Land weiter gegen eine feste Quote. Wie drei andere osteuropäische Länder hatte Rumänien am Vortag gegen die Mehrheit der EU-Innenminister zur Verteilung von 120.000 Flüchtlingen in der EU gestimmt.

Muslime fordern, Moscheegemeinden bei Flüchtlingsintegration einzubinden: Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, hat sich für eine enge Zusammenarbeit von Kommunen und Moscheegemeinden bei der Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen. Gemeinsam als "Gastgeber" aufzutreten, sei der beste Weg, die Menschen zu integrieren und zugleich islamistischen Extremisten entgegenzuwirken, sagte Mazyek am Mittwoch im rbb-Inforadio. "Ich glaube, über diesen Weg können wir am meisten Vertrauen gewinnen und dann haben diese Menschenfänger kaum eine Chance. Wir müssen ganz deutlich machen, dass religiöse Konflikte hier nicht ausgetragen werden dürfen", betonte der Zentralratsvorsitzende. Die meisten Menschen, die vor Krieg und Verfolgung geflohen seien, hätten sowieso kein Interesse an neuer Gewalt.

Menschenrechtsorganisationen kritisieren Asylpläne der Regierung: Menschenrechtsorganisationen und Wohlfahrtsverbände haben das geplante Asylrechts-Paket von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) scharf kritisiert. "Das ist ein Programm zur Entwürdigung von Menschen in Deutschland", sagte der Geschäftsführer der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl, Günter Burkhardt, am Mittwoch in Berlin. Das Gesetzespaket müsse gestoppt und neu geschnürt werden. Harald Löhlein vom Paritätischen Wohlfahrtsverband nannte die Pläne ein "Integrationsverweigerungsgesetz". De Maizières Entwurf sieht unter anderem deutliche Einschnitte bei den Leistungen für Asylbewerber vor. Der Innenminister will etwa die Höchstaufenthaltsdauer für Flüchtlinge in Erstaufnahmeeinrichtungen auf sechs Monate verlängern und dort in der Regel Sach- statt Geldleistungen gewähren.

Ungarns Premier Viktor Orban von Horst Seehofer begrüßt: Wenige Stunden vor dem EU-Gipfel am Mittwochabend hat CSU-Chef Horst Seehofer den ungarischen Regierungschef Viktor Orban empfangen. Orban ist Gast auf der Herbstklausur der CSU-Landtagsfraktion im oberfränkischen Kloster Banz. Zu Beginn zogen sich der bayerische Ministerpräsident und Orban zu einem persönlichen Gespräch zurück, insbesondere über die Flüchtlingspolitik. Anschließend waren ein Gespräch in etwas größerer Runde und dann ein Auftritt Orbans vor der Gesamtfraktion geplant. Die Opposition protestierte vor dem Tagungsort mit Plakaten und Trillerpfeifen gegen den Besuch des umstrittenen Regierungschefs.

EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland: Unmittelbar vor dem Sondertreffen der EU-Staats- und Regierungschefs zur Flüchtlingskrise greift die EU-Kommission in der europäischen Asylpolitik durch - auch gegen Deutschland. Es sollen insgesamt 40 Verfahren gegen 19 Mitgliedstaaten eröffnet werden, weil sie die EU-Asylgesetzgebung nicht korrekt umsetzten, hieß es Mittwoch in Brüssel. Zuvor hatte die "Welt" darüber berichtet. Die Kommission will zudem vorschlagen, die Hilfe für die Türkei zur Aufnahme von Flüchtlingen auf bis zu eine Milliarde Euro aufzustocken, teilte der für Nachbarschaftspolitik verantwortliche EU-Kommissar Johannes Hahn auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mit. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker will sich um 12.30 Uhr auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz zu den Entscheidungen seiner Behörde äußern. Der Gipfel beginnt am Abend.

SPD in Bayern protestiert vor Kloster Banz gegen Einladung von Viktor Orban: Die bayerische SPD protestiert zur Stunde mit einem großen Plakat vor dem Kloster Banz gegen die Einladung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban zur CSU-Klausur in der Tagungsstätte. Orban verstoße in Ungarn gegen Menschenrechte sowie Presse- und Religionsfreiheit, heißt es auf dem Plakat. Gezeigt wird ein großer Orban, der einen kleinen CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer an der Hand hält. Orbans Einladung sei eine "Provokation für alle Demokraten", sagt Bayerns SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann fordert Asylverfahren binnen drei Monaten: Vor dem Flüchtlingsgipfel der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag hat der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die Forderung nach kürzeren Asylverfahren bekräftigt. Fünf bis sechs Monate seien zu lang, die Verfahren "müssen unter drei Monate gelangen", sagte Kretschmann am Mittwoch im ARD-"Morgenmagazin. Die Beschleunigung der Verfahren ist eine der Hauptforderungen der Länder. Jeder Flüchtling, der nach Deutschland komme, müsse schnellstmöglich wissen, ob er ein Bleiberecht habe oder nicht, sagte Kretschmann. Der Grünen-Politiker forderte zudem verstärkte Bemühungen bei der Integration der Flüchtlinge. "Wir müssen die Menschen integrieren", sagte Kretschmann. "Insbesondere müssen wir sie ins Bildungswesen integrieren", damit die Menschen "lernen, wie unser Gemeinwesen gestaltet ist". "Selbstverständlich müssen die Flüchtlinge unsere Verfassungsordnung mit ihren Grundwerten akzeptieren", fügte Kretschmann hinzu.

Entwicklungsminister Gerd Müller kritisiert Golfstaaten: Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat die arabischen Staaten in der Golfregion zur Mithilfe bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise aufgefordert. "Die Golfstaaten müssen hier ebenfalls beitragen", sagte der Minister am Mittwoch im ARD-"Morgenmagazin" zur Debatte über die Aufnahme von Flüchtlingen. Viele der Flüchtlinge, die nach Europa und insbesondere nach Deutschland kommen, stammen aus dem Bürgerkriegsland Syrien. "Das kann nicht alles Deutschland allein leisten." Müller ging zudem mit den osteuropäischen Staaten hart ins Gericht, die feste Quote zur Verteilung der Flüchtlinge in Europa ablehnen. Diese Länder seien "mit unserer Solidarität in die EU gekommen" und erhielten jährlich Unterstützungen in Milliardenhöhe aus Brüssel. Es sei "sehr enttäuschend", dass diese Staaten sich in der Flüchtlingskrise derzeit "in einer so katastrophalen Weise verweigern".

EVP-Fraktionschef Manfred Weber: "Es wird mehr Zäune geben müssen": Die CSU stimmt sich offenbar auf den Besuch von Ungarns Regierungschef Viktor Orban bei ihrer Klausurtagung ein. Der CSU-Politiker und Fraktionschef der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) im Europäischen Parlament, Manfred Weber, hat eine strikte Überwachung der EU-Außengrenzen gefordert. "Es kann nicht sein, dass heute Flüchtlinge zu Hunderttausenden teilweise völlig unkontrolliert quer durch Europa wandern. Einige EU-Staaten machen schlicht nicht ihren Job, das heißt, ihre Außengrenze zu sichern und zu überwachen, wer da nach Europa kommt", sagte Weber der "Passauer Neuen Presse".

 Die EU-Innenminister hatten am Dienstag die Umverteilung von 120.000 Asylbewerbern in Europa beschlossen.
Die EU-Innenminister hatten am Dienstag die Umverteilung von 120.000 Asylbewerbern in Europa beschlossen.
© REUTERS

Sollte sich der Grenzschutz nicht verbessern, "muss Europa das Kommando übernehmen und durchgreifen", fügte Weber hinzu. "Es wird mehr Zäune geben müssen." Den Besuch des umstrittenen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban in Bayern verteidigte der CSU-Politiker. "Viele andere kritisieren an Ungarn herum, können aber selbst keine Lösungen liefern." Orban mache weitgehend nur das, was ihm die Dublin- und Schengen-Regeln aufgeben. "Deshalb müssen wir mit ihm im Gespräch bleiben", sagte Weber. Aber er erinnere ihn bei Gesprächen auch daran, dass er mit Flüchtlingen human umgehen müsse.

Barack Obama mahnt faire Lastenverteilung in der EU an: US-Präsident Barack Obama hat sich in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für eine faire Lastenverteilung in der EU in der gegenwärtigen Flüchtlingskrise ausgesprochen und sich damit hinter die Bundesregierung gestellt. In ihrem Gespräch am Dienstag seien sich beide einig gewesen über "die Notwendigkeit einer Europa-weiten Lösung, bei der alle europäischen Mitgliedstaaten ihren gerechten Anteil an Flüchtlingen akzeptieren", teilte das Weiße Haus in Washington mit. In dem Telefonat ging es den Angaben zufolge auch um die Bekämpfung von Fluchtursachen, "insbesondere durch die Erleichterung eines politischen Übergangs, der die Syrer einen kann". Die EU-Innenminister hatten am Dienstag bei einem Treffen in Brüssel die Umverteilung von 120.000 Asylbewerbern in Europa gegen den Widerstand von vier osteuropäischen Staaten beschlossen. Für die Anwendung einer Mehrheitsentscheidung in dem seit Wochen dauernden Streit über die Flüchtlingsverteilung hatte sich die Bundesregierung stark gemacht. Am Mittwoch kommen die Staats- und Regierungschefs der EU zu einem Gipfel zusammen. Dieser soll sich vor allem auf das Vorgehen gegen Fluchtursachen und Möglichkeiten zur besseren Sicherung der EU-Außengrenzen konzentrieren.

Offenbar EU-Vertragsverletzungsverfahren wegen Asylpolitik auch gegen Deutschland: Unmittelbar vor dem EU-Sondergipfel zur Flüchtlingskrise wird die Europäische Kommission einem Zeitungsbericht zufolge 40 Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und 18 weitere EU-Länder wegen Verstoßes gegen EU-Regeln zur Asylpolitik einleiten. Ihnen werde vorgeworfen, die bestehende europäische Asylgesetzgebung bisher nicht ausreichend umgesetzt zu haben, berichtet die "Welt" unter Berufung auf hohe, informierte EU-Kreise. Betroffen von den geplanten Maßnahmen seien neben Deutschland unter anderem auch Frankreich, Italien, Österreich, Spanien, die Niederlande und Ungarn. Dänemark, Irland und Großbritannien seien dagegen ausgenommen, weil sie an der EU-Asylgesetzgebung nicht teilnehmen, schreibt das Blatt. Konkret wirft Brüssel demnach den Mitgliedstaaten vor, die bestehenden europäischen Gesetze zur Anerkennung von Flüchtlingen (RL 2011/95/EU), über die Mindestnormen für Asylverfahren (RL 2013/32/EU) und über die Aufnahmebedingungen von Asylbewerbern (RL 2013/33/EU) nicht in nationales Recht umgesetzt zu haben.

Flüchtlinge auf serbischer Seite am Grenzübergang Röszke
Flüchtlinge auf serbischer Seite am Grenzübergang Röszke
© Attila Kisbenedek/AFP

Niedersachsen fordert dauerhafte Entlastung der Länder: Vor dem Flüchtlingsgipfel der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) eine dauerhafte finanzielle Entlastung der Länder gefordert. "Es muss eine dynamische Beteiligung sein, die mit wachsendem Zuzug auch wächst", sagte Weil der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Mittwochsausgabe). "Das heißt: Wir brauchen eine pauschale Kostenerstattung pro Flüchtling." Der Bund müsse den Ländern mindestens sechs Milliarden Euro überweisen. Weil mahnte in der "HAZ" überdies wesentlich kürzere Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) an. Nach Abschluss der Verfahren müsse sich die Bevölkerung auf vermehrte Abschiebungen einrichten, sagte der SPD-Politiker. "Es wird der Zeitpunkt kommen, wo eine größere Gruppe von Menschen das Land auch wieder verlassen werden muss. Darauf sind wir vorbereitet", fügte der Ministerpräsident hinzu. Merkel hat die Ministerpräsidenten der Länder für Donnerstag ins Berliner Kanzleramt eingeladen, um ein Maßnahmenpaket zum Umgang mit der Flüchtlingskrise zu schnüren.

Arbeitgeber unzufrieden mit Integrationsmaßnahmen: Der Präsident der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), Ingo Kramer, forderte im Vorfeld des Gipfels größere Anstrengungen zur Integration von Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt. Der Aufenthalt von Flüchtlingen, die einen Ausbildungsplatz fänden, müsse nicht nur während der gesamten Ausbildungszeit gewährleistet werden, sondern "für zwei weitere Jahre", wenn die Flüchtlinge nach der Ausbildung übernommen würden, sagte Kramer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Außerdem solle für Flüchtlingskinder "deutschlandweit nach drei Monaten die Schulpflicht gelten und auch umgesetzt werden", forderte der Arbeitgeberpräsident. Erste Sprachförderangebote sollten "schon in den Erstaufnahme-Einrichtungen organisiert werden, um die Einschulung zu erleichtern". Schließlich seien unter den Flüchtlingen, die in diesem Jahr nach Deutschland kämen, "bis zu 300.000 schulpflichtige Kinder und Jugendliche". Die Schulen seien darauf unzureichend vorbereitet, und die Regeln variierten je nach Bundesland, kritisierte Kramer.

SPD-Innenminister sehen Bund in der Pflicht: Nach dem SPD-Präsidium haben auch die sozialdemokratischen Innenminister der Länder einen Vorschlag zur besseren Bewältigung der Flüchtlingskrise vorgelegt. In dem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, fordern sie, schnellere Asylverfahren "mit dem Ziel einer absoluten Höchstdauer von 3 Monaten". Dieses Ziel hatte bereits der vergangene Woche zurückgetretene Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt, genannt. Im August hatte er von einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von 5,4 Monaten gesprochen. Die SPD-Innenminister bekräftigten zudem die Forderungen, dass der Bund die Verteilung der Flüchtlinge organisiere und die Länder mit mehr Geld unterstütze. Auch für Krisengebiete und sichere Herkunftsländer solle es mehr Hilfe geben. Migranten sollten außerdem bereits bei der Einreise an der Grenze registriert werden.

(mit dpa,rtr,AFP,epd)

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