Ukraine-Krise: Merkel bittet Putin um Hilfe für OSZE-Geiseln
In einem Telefonat mit der deutschen Kanzlerin hat Russlands Präsident am Donnerstag das Vermittlungspotenzial der OSZE in der Ukraine gelobt.
+++Merkel telefoniert mit Puitn wegen OSZE-Geiseln+++
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Angaben aus Moskau um Hilfe bei den Bemühungen um eine Freilassung der gefangenen OSZE-Beobachter in der Ostukraine gebeten. Wie der Kreml mitteilte, telefonierte Merkel am Donnerstag mit Putin. Dabei habe die Kanzlerin die Bitte geäußert, „die Freilassung von Militärbeobachtern aus mehreren europäischen Staaten einschließlich Deutschlands zu unterstützen“. Prorussische Milizen halten seit Freitag sieben Militärbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) fest. Unter ihnen sind vier Deutsche. Putin hatte am Dienstag im Fernsehen gesagt, er hoffe auf ihre baldige Freilassung. Diese verzögerte sich am Mittwoch nach Angaben des Milizenführers Wjatscheslaw Ponomarjow aber „aus technischen Gründen“. Putin wie Merkel hätten bei ihrem Telefongespräch am Donnerstag die Notwendigkeit betont, „das Vermittlungspotenzial der OSZE in der Ukraine im höchstmöglichen Maß einzusetzen“, erklärte der Kreml weiter. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte zuvor Verhandlungen zwischen der Übergangsregierung in Kiew und Vertretern der Regionen unter Aufsicht der OSZE vorgeschlagen.
+++IWF gewährt Ukraine Kredite in Milliardenhöhe+++
Der Internationale Währungsfonds (IWF) stellt der Ukraine über einen Zeitraum von zwei Jahren Kredite im Umfang von 17 Milliarden Dollar (12,26 Millionen Euro) bereit. Der IWF-Verwaltungsrat gab am Mittwoch grünes Licht für die Finanzhilfen. Diese sollen dazu dienen, die wirtschaftliche Stabilität in der Ukraine wiederherzustellen und ein nachhaltiges Wachstum zu erreichen, wie der Währungsfonds mitteilte. Eine erste Tranche von 3,2 Milliarden Dollar soll umgehend ausgezahlt werden.
Die politisch und wirtschaftlich schwer angeschlagene Ukraine ist nach Angaben der im Februar an die Macht gelangten Übergangsregierung vom Bankrott bedroht.
+++Kiew weist russischen Militärattaché aus+++
Die ukrainische Regierung hat den russischen Militärattaché in Kiew festnehmen lassen und unter dem Vorwurf der Spionage zur persona non grata erklärt. Das teilte das Außenministerium in Kiew am Mittwochabend in einer Presseerklärung mit. Der Militärattaché, dessen Name nicht genannt wurde, sei „auf frischer Tat“ ertappt worden, hieß es ohne nähere Einzelheiten.
Mit einer Volksabstimmung über die Einheit der Ukraine will die prowestliche Regierung in Kiew die Lage in dem krisengeschüttelten Land beruhigen. Gut zwei Monate nach der Machtübernahme räumte die ukrainische Führung aber ein, die Kontrolle über Teile des russisch geprägten Ostens verloren zu haben.
+++Prorussische Separatisten bringen weitere Verwaltungsgebäude unter Kontrolle+++
Moskautreue Milizen brachten am Mittwoch weitere Verwaltungsgebäude in ihre Hand. Zugleich dämpften die Separatisten Hoffnungen auf eine unmittelbar bevorstehende Freilassung der festgehaltenen westlichen Militärbeobachter. Unter den seit Freitag in der Stadt Slawjansk festgehaltenen Geiseln sind vier Deutsche - drei Bundeswehrangehörige und ein Dolmetscher.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte die sofortige Freilassung der Militärbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Deutschland bemühe sich „auf allen diplomatischen Kanälen“ um eine Lösung, sagte Merkel nach einem Treffen mit dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe in Berlin. Dazu gehörten auch Gespräche mit dem Kreml in Moskau.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow nahm die moskautreuen Aktivisten in Schutz. „Diese Leute erhalten ständig Drohungen aus Kiew, dass die Armee und gepanzerte Fahrzeuge gegen sie eingesetzt werden“, sagte Lawrow bei einem Besuch in Chile. „Wir fordern die Freilassung der Beobachter, aber wir können nicht für die „Volksmiliz“ entscheiden.“ Kremlchef Wladimir Putin betonte in einem Telefonat mit dem britischen Premier David Cameron, die Krise in der Ex-Sowjetrepublik sei nur auf friedlichem Wege zu lösen.
+++Die Verhandlungen über die Freilassung der OSZE-Beobachter dauern an+++
Der prorussische Milizenführer Wjatscheslaw Ponomarjow verneinte in dem Geisel-Drama jegliche Einflussnahme Putins. „Wir hatten bisher noch keinen Kontakt zu Moskau und gehorchen hier auch nicht Putin, wir sind die Volksrepublik Donezk“, sagte der selbst ernannte Bürgermeister der Stadt Slawjansk „Bild Online“. „Wir sind in einem guten Dialog, aber ich denke nicht, dass es eine Freilassung schon heute oder morgen geben kann.“ Zuvor hatte Ponomarjow noch den Eindruck erweckt, es könne eine schnelle Lösung „ohne einen Geiselaustausch“ geben. Die Separatisten hatten mehrfach erklärt, inhaftierte Gesinnungsgenossen freipressen zu wollen. Kremlchef Putin hatte am Dienstagabend in Weißrussland gesagt, er setze darauf, dass die Militärs die Region ungehindert verlassen könnten. Das Auswärtige Amt in Berlin sprach von schwierigen Verhandlungen zwischen der OSZE und den prorussischen Separatisten, die die Soldaten festhalten. Die Regierung in Kiew betonte, die Gespräche dauerten an.
Die prowestliche Führung will am 25. Mai zusätzlich zur Präsidentenwahl eine Volksbefragung abhalten. Dabei solle es darum gehen, ob das Land als Einheit erhalten bleiben solle, sagte Regierungschef Arseni Jazenjuk. Die prorussische Aktivisten in der Ost- und Südukraine planen allerdings eigene Referenden für den 11. Mai über eine Abspaltung von Kiew.
Übergangspräsident Alexander Turtschinow räumte ein, die Kontrolle über Teile des krisengeschüttelten Landes verloren zu haben. In den ostukrainischen Gebieten Donezk und Lugansk seien einige Regionen in den Händen moskautreuer Aktivisten. Turtschinow warf den Sicherheitskräften Versagen vor.
+++Van Rompuy rief Moskau zur Einhaltung des Genfer Abkommens auf+++
In der Ostukraine sind die prorussischen Militanten weiter auf dem Vormarsch. Unbehelligt von Sicherheitskräften nahmen Separatisten am Dienstag auch die Gebietsverwaltung der östlichsten Großstadt Lugansk ein. In Lugansk und Gorlowka besetzten prorussische Demonstranten am Mittwochmorgen weitere Verwaltungsgebäude.
Der Westen beschuldigt Russland, sich einer Umsetzung der Genfer Vereinbarungen, die unter Beteiligung Moskaus ausgehandelt worden waren, zu verweigern und die Krise in der Ukraine anzufachen. Die Europäische Union und die USA hatten daraufhin am Montag eine Ausweitung der bislang verhängten Strafmaßnahmen gegen Russland beschlossen.
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy rief Moskau zur Einhaltung des Genfer Abkommens zur Lösung der Ukraine-Krise auf. Die Situation vor Ort sei weiterhin „beunruhigend“. Russland müsse mit ernsten Konsequenzen rechnen, falls es zu einer weiteren Destabilisierung in der Ukraine komme, sagte der Politiker bei einem Kurzbesuch in Prag. Er kritisierte einen weiteren Truppenaufbau Russlands an der Grenze zur Ukraine.
Die ukrainischen Schulden für russisches Gas sind nach Moskauer Angaben im April um rund 1,3 Milliarden US-Dollar auf etwa 3,5 Milliarden US-Dollar gestiegen. Kiew weigert sich, die von Russland massiv angehobenen Preise zu bezahlen. Auf Druck internationaler Kreditgeber erhöht der nahezu bankrotte ukrainische Staat den Gaspreis für Privathaushalte an diesem Donnerstag deutlich. (dpa)