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In Berlin findet an diesem Wochenende der erste Parteitag der pro-europäischen Partei Volt statt.
© Albrecht Meier

Pro-europäische Partei Volt: "Mehrheit der Bevölkerung will keinen Nationalismus"

Beim ersten größeren Parteitag stellt sich die pro-europäischen Partei Volt für die Europawahl auf. Streit gibt es um eine Rednerliste.

Aus dem Lautsprecher erklingt eine Melodie aus dem Anfangsteil von Freddie Mercurys „Bohemian Rhapsody“, eine Europaflagge schmückt die Bühne. Rund 140 Europafreunde sind an diesem Samstagvormittag in einen Saal in der Nähe des Potsdamer Platzes gekommen, um einem aus ihrer Sicht historischen Ereignis beizuwohnen: dem ersten größeren Parteitag des deutschen Ablegers der transnationalen Partei Volt.

Volt, das klingt nach Spannung. Und als die Träger einer positiven Energie in den Zeiten von Trump und Orban dürften sich wohl auch die Männer und Frauen überwiegend jüngeren und mittleren Alters verstehen, die hier versammelt sind. Wie etwa Kai Kotzian, der aus Offenbach zum Parteitag an diesem Wochenende gekommen ist. Ein lila Schild mit der Aufschrift „Kandidat“ baumelt um seinen Hals, weil er sich um einen der Listenplätze für die Europawahl im kommenden Mai bewirbt.

Seit eineinhalb Jahren ist der 43-jährige, der als rechtlicher Betreuer den Alltag von Schwerkranken organisiert, auf der Suche nach einer Partei, bei der er sich aktiv engagieren kann. Bei der SPD und den Grünen hat er sich informiert, aber richtige Begeisterung kam da bei ihm nicht auf. „Ich habe gemerkt, dass die zwar ein Europaprogramm haben, aber dass Europa in deren Agenda viel zu weit hinten seht“, sagt er.

Was Volt fordert, dürfte für die Mitglieder manch anderer Parteien schwer zu schlucken sein: eine gemeinsame europäische Regierung, einen gemeinsamen Premierminister, ein eigenes Budget für die Euro-Zone. Europa gilt für die Volt-Unterstützer nicht als Problem, sondern als Lösung. „Nationale Politik steckt in alten Bahnen fest“, heißt es im Manifest der Partei, die seit ihrer Gründung im Jahr 2017 von vornherein als transnationale Bewegung gedacht war und mittlerweile in zehn europäischen Ländern als nationale Partei zugelassen ist. „Rechte und linke oder liberale und konservative Konzepte können den Menschen in unserer heutigen, sich schnell verändernden Welt keine Sicherheit mehr geben“, heißt es im Manifest weiter.

Debatte über Männer und Frauen auf der Rednerliste

Doch bevor sich die Partei in den Europawahlkampf wirft, muss sie sich bei dem Treffen in Berlin erst selber etwas genauer kennenlernen. Zunächst einmal muss der Parteitag eine Geschäftsordnung beschließen, die unter anderem vorsieht, dass die Versammlungsleiter eine Rednerliste getrennt nach Männern und Frauen führen. Die Männer und Frauen sollen dann abwechselnd reden, soweit nicht eine der beiden Listen erschöpft ist.

Der Antrag, diesen Passus zu streichen, löst dann gleich auch eine erste Debatte aus. Wenn man sich in den Stuhlreihen umschaue, dann sehe man dort deutlich mehr Männer als Frauen, ruft die 25-jährige Düsseldorfer Staatswissenschaftsstudentin Nora Urbanski in den Saal. Ohne gemischte Rednerliste liefen die Frauen Gefahr, bei begrenzter Redezeit nicht mehr zu Wort zu kommen, argumentiert sie. Am Ende bleibt die Geschäftsordnung so, wie sie vorgesehen war – mit gemischter Rednerliste.

Wenn man sich mit Urbanski unterhält, erfährt man etwas mehr über die Motivation der Partei, die nach eigenen Angaben inzwischen 15.000 Unterstützer in Europa hat. „Ich hatte hier das erste Mal bei einer Partei das Gefühl, dass alles passt“, sagt sie. Dass die Entstehungsgeschichte bei Volt genau andersherum lief als bei anderen Parteien, hält sie indes für kein Problem. Die klassischen Parteien wurden zunächst auf nationaler Ebene gegründet und schlossen sich dann in der EU zu Parteienfamilien zusammen. „In vielen Staaten ist eine nationalistische Bewegung zu beobachten, aber ich glaube, dass dies nicht dem Willen der Bevölkerungsmehrheit entspricht“, sagt hingegen Urbanski.

Volt hofft, bei der Europawahl mindestens 25 Sitze in mindestens sieben EU-Ländern zu gewinnen. Dass dies kaum realistisch ist, wird durch einen Vergleich mit den Grünen deutlich: Selbst die europäischen Grünen, die inzwischen in der Parteienlandschaft etabliert sind, verfügen im Europaparlament derzeit gerade einmal über 52 Mandate.

Ob die junge Partei zumindest in die Nähe ihrer ehrgeizigen Ziele bei der Europawahl kommt, wird nicht zuletzt von Damian Boeselager abhängen. Der 30-Jährige arbeitet in einem Co-Working-Space in Brüssel daran, Volt möglichst bekannt zu machen. Der Deutsche, der an der New Yorker Columbia University Öffentliche Verwaltung studierte und vor eineinhalb Jahren gemeinsam mit einem Italiener und einer Französin Volt gründete, zählt an diesem Sonntag bei der parteiinternen Kür des Spitzenkandidaten für die Europawahl zu den Favoriten.

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