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Überfordert. In deutschen Kliniken müssen zu wenige Pflekräfte zu viele Patienten versorgen.
© picture alliance / dpa

Hygiene in Krankenhäusern: Mehr Infektionen durch gehetztes Pflegepersonal

Durch fehlendes Pflegepersonal steigt die Infektionsgefahr in deutschen Kliniken, warnen Experten. Sie sprechen von einer "tickenden Zeitbombe".

Das Risiko, sich in Kliniken oder Pflegeheimen lebensbedrohliche Infektionen zuzuziehen, könnte aus Expertensicht in den nächsten Jahren weiter steigen. „In den Krankenhäusern tickt eine Zeitbombe“, warnte die Präsidentin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe, Christel Bienstein, am Mittwoch. Nosokomiale Infektionen breiteten sich „rasant“ aus. Und eine der Ursachen dafür sei der Personalmangel in der Pflege.

In einem Positionspapier wies der Verband darauf hin, dass Pflegekräfte in deutschen Kliniken doppelt so viele Patienten zu versorgen hätten wie etwa in Schweden oder den Niederlanden. Mit Spanien bilde Deutschland damit das Schlusslicht in Europa, selbst in Griechenland sei das Zahlenverhältnis besser.

Von einem Patienten zum nächsten

„Die KollegInnen eilen von einem Patienten zum nächsten“, beschreibt Bienstein das Dilemma. Dies erschwere auch die Einhaltung von Standardhygienemaßnahmen. „Der Arbeitsdruck ist so hoch, dass die Hygiene vernachlässigt wird“. Wenn nicht schnell Gegenmaßnahmen ergriffen würden, müsse man sich darauf einrichten, dass es nicht bei 10 000 bis 15 000 Erkrankten pro Jahr bleibe.

Die Bemessung des einzusetzenden Pflegepersonals und dessen Qualifikation müssten sich am tatsächlichen Pflegebedarf der Patienten und nicht an ökonomischen Interessen orientieren, fordert der Verband. Wenn man nicht zügig Personalbemessungsinstrumente einführe, die dem Versorgungsbedarf der Kranken angepasst seien, gerate man in einen Teufelskreis. Dann nämlich gäben immer mehr Pflegekräfte ihren Beruf auf, und die Arbeitsbedingungen der Verbliebenen verschlechterten sich noch mehr.

Patientenscreenings gefordert

Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnte vor den Gefahren durch vernachlässigte Hygiene. Nötig seien „einheitliche, verbindliche Hygiene-Standards“ für alle Krankenhäuser, sagte Vorstand Eugen Brysch. Infektionsgefahren müssten „aktiv aufgespürt und Risikopatienten in Einzelzimmern isoliert werden“.

Außerdem müsse es generell Eingangsscreenings geben. Mit Blick auf die weltweite Reiseaktivitäten von Menschen und die aktuellen Flüchtlingsbewegungen seien sie zwingend, sagte Brysch. „Keime machen nicht an Grenzen halt.“

Gröhe: Dreistelliger Millionenbetrag für mehr Klinikhygiene

Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sicherte zu, die Anstrengungen "auf allen Ebenen" verstärken zu wollen: "in den Krankenhäusern, die Hygienevorschriften gewissenhaft umsetzen müssen; in den Ländern, die für die Kontrolle von Hygienevorschriften Sorge tragen; bei der Aus- und Fortbildung von Fachpersonal; durch einen sachgerechten Einsatz von Antibiotika in der Human- und Tiermedizin; und natürlich auch durch die Erforschung und Entwicklung neuer Antibiotika, alternativer Therapiemethoden und Diagnoseverfahren". Ein Zehn-Punkte-Plan des Ministeriums sehe außerdem die Verschärfung von Meldepflichten vor. Und für zusätzliches Hygienefachpersonal würden die Krankenhäuser bis 2016 mit 365 Millionen Euro unterstützt.

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