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Spritzen mit dem Corona-Impfstoff von Biontech.
© dFabian Sommer/dpa

Beschluss der Gesundheitsminister: Mehr Impfangebote für Jugendliche – Auffrischungen für Ältere

Kinder ab zwölf Jahren sollen mehr Impfmöglichkeiten bekommen. Für Risikogruppen soll es ab September Auffrischungsimpfungen geben.

Zum Corona-Schutz für den Schulstart nach den Sommerferien sollen Kinder und Jugendliche bundesweit zusätzliche Impfmöglichkeiten bekommen. Alle Länder wollen Impfungen für 12- bis 17-Jährige nun auch in den regionalen Impfzentren anbieten wie schon in Arztpraxen möglich. Das beschlossen die Gesundheitsminister am Montag einstimmig.

Bundesminister Jens Spahn (CDU) sagte: „Jeder, der will, kann im Sommer geimpft werden. Wir haben genügend Impfstoff für alle Altersgruppen.“ Ab September sollen Risikogruppen wie Alte und Pflegebedürftige zudem erste Auffrisch-Impfungen bekommen können.

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Der Vorsitzende der Länder-Gesundheitsminister, Klaus Holetschek (CSU) aus Bayern, nannte die Angebote für junge Menschen einen „Baustein, um einen sichereren Start in den Lehr- und Lernbetrieb nach den Sommerferien zu ermöglichen“. Impfzentren, Ärzte und Betriebsärzte mit Angeboten für Angehörige stünden bereit. Auch für junge Erwachsene in Unis und Berufsschulen sollen unkomplizierte Angebote kommen.

Wie im Beschluss betont wird, ist bei Impfungen von Kindern und Jugendlichen ärztliche Aufklärung und gegebenenfalls das Ja der Sorgeberechtigten nötig. Die Angebote seien so auszugestalten, dass die „Freiwilligkeit der Annahme“ nicht in Frage gestellt werde. Die konkrete Umsetzung vor Ort liegt nun jeweils bei den Ländern.

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Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte bereits im Mai den Impfstoff von Biontech ab 12 Jahren zugelassen, vor wenigen Tagen folgte eine Freigabe für Moderna. In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) Impfungen von Kindern trotz politischen Drucks bisher aber nicht allgemein, sondern nur bei höherem Risiko für schwerere Corona-Verläufe etwa wegen Erkrankungen wie Diabetes - sie sind mit ärztlicher Beratung aber möglich.

Ein solches Angebot zur individuellen Entscheidung von Eltern und Kindern stehe im Einklang mit den Empfehlungen der Stiko, sagte Spahn. Laut Ministerium wurden bereits 900.000 Kinder zwischen 12 und 17 geimpft.

Über die Rolle der Stiko wird weiter gestritten. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte im Deutschlandfunk, sie vertrete in dieser Frage eine „Außenseiterposition“. Die wesentlichen Studien zeigten, dass eine „Durchseuchung“ mit der Delta-Variante des Coronavirus gefährlicher sei als eine Impfung.

Bei Risikogruppen liegt die Impfung am längsten zurück

Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte, vielen Eltern, die unsicher seien, könne das Votum für ein breites Impfangebot an 12- bis 17-Jährige helfen. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel mahnte noch vor dem Beschluss, die Minister dürften die Stiko-Empfehlungen nicht übergehen. Jugendliche ohne gesundheitliche Vorbelastung bräuchten keine Impfung.

Stiko-Chef Thomas Mertens sagte im NDR, es gebe zu wenige Daten zu möglichen Folgeschäden. Es könne sein, dass die Empfehlung geändert werde. „Aber sicher nicht, weil Politiker sich geäußert haben.“ Dem „Spiegel“ sagte er mit Blick auf eine neue Stiko-Empfehlung: „Ich hoffe, dass wir das in den nächsten zehn Tagen schaffen.“ Den Inhalt könne er aber nicht vorausnehmen.

Fachleute erwarten, dass eine Schutz-Auffrischung zuerst bei Menschen fällig werden dürfte, deren Immunsystem nicht so gut auf eine Impfung anspricht - etwa wegen Alters oder Erkrankungen. Und bei solchen Risikogruppen liegen die Impfungen seit Jahresbeginn schon am längsten zurück.

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Sie sollen daher nun ab September auch zuerst eine weitere Spritze angeboten bekommen, „in der Regel mindestens sechs Monate nach Abschluss der ersten Impfserie“: über mobile Teams in Pflegeeinrichtungen und die behandelnden Ärzte für alte und pflegebedürftige Menschen zu Hause. Eingesetzt werden sollen die Mittel von Biontech und Moderna. Ein Auffrischungs-Angebot damit soll auch Menschen gemacht werden, die schon einmal vollständig mit den Mitteln von Astrazeneca oder Johnson & Johnson geimpft wurden.

Auffrisch-Impfstoffe, die neue Virusvarianten wie Delta besser abdecken sollen, sind in Arbeit. Der Charité-Impfexperte Leif Sander erklärte kürzlich, es sei aber auch bei den verfügbaren Impfstoffen mit einem „sehr guten Schutz“ und wahrscheinlich deutlich angehobener Immunantwort nach Auffrischung zu rechnen. Zunächst lässt Experten zufolge der Antikörper-Schutz auf den Schleimhäuten nach, weshalb Geimpfte nach einiger Zeit wieder mehr zur Virusverbreitung beitragen könnten. Der Schutz vor schweren Verläufen, gerade bei Gesunden, wird als länger anhaltend eingeschätzt. (dpa)

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