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Wer gehört zu wem? Auch die Justiz muss neue Familienbilder antizipieren.
© Daniel Reinhardt/dpa

Familienrecht: Mehr Eltern für die Kinder

Biologisch und sozial gibt es immer mehr Formen der Elternschaft - das muss auch juristisch nachvollzogen werden, fordert der deutsche Juristentag.

Die Bundesrepublik ist ein Land, in dem Revolutionen auf Kongressen angekündigt werden. Dies gilt jedenfalls für den Deutschen Juristentag, der sich in der Vergangenheit als Schrittmacher des Gesetzgebers erwiesen hat und dieses Jahr in Essen stattfindet. Als absehbare Umwälzung deuten sich diesmal Neubestimmungen beim Eltern-Kind-Verhältnis an, über die die Abteilung Familienrecht der größten Fachversammlung dieser Art in Europa mit rund 3000 Teilnehmern befinden will.

So fordert der Marburger Rechtsprofessor Tobias Helms in seinem Gutachten für die Tagung einen neuen „abstammungsrechtlichen Zuordnungstatbestand“. Der, so Helms, könne etwa dann greifen, wenn eine Frau mit ihrem unverheirateten Partner die Samenspende eines Dritten benötigt, um ein Kind in die Welt zu setzen. Der Partner hatte bisher keine Rechte, wird für das Kind aber wie ein Vater sein.

Elterliche Verantwortung soll neu definiert werden

Adoption und Scheidung gab es schon immer, aber mit der Fortpflanzungsmedizin erscheint eine Überarbeitung des Kindschaftsrechts immer dringender. Zudem sind im Ausland Techniken zulässig, die hierzulande verboten sind, die Leihmutterschaft oder die Eizellspende etwa. Verbote ändern nichts daran, dass auch hier Kinder leben, die so gezeugt worden sind – und für deren Elternschaft es noch keine Gesetze gibt.

Verfassungsrichterin plädiert für "gleichgeschlechtliche Elternschaft"

Dass es nicht einfach wird, welche zu schaffen, machte Bundesverfassungsrichterin Gabriele Britz am Dienstag klar. So habe das Gericht 2003 entschieden, dass ein Kind nur zwei Eltern haben dürfe. Allerdings, meint sie, schließe das nicht aus, dass auch „anderen Personen Verantwortung eingeräumt wird“. Sie plädierte auch dafür, „gleichgeschlechtliche Elternschaft“ zuzulassen.

Neues kündigt sich auch zur Medienöffentlichkeit im Strafverfahren an, die der Juristentag ebenfalls zum Thema hat. Justizminister Heiko Maas (SPD) hat bereits einen Entwurf. Gutachter Karsten Altenhain aus Düsseldorf fordert einen einheitlichen „medienrechtlichen Auskunftsanspruch“, der schon im Ermittlungsverfahren geltend gemacht werden könnte. Bisher, so kritisierte es auch die Ministerialrätin Ina Holznagel, laufe zu vieles informell, oft zulasten der Beschuldigten.

Der Journalist und frühere Richter Heribert Prantl sprach von einer „Symbiose“ von Justiz und Medien, der auch der Entwurf von Maas nicht gerecht werde. Für die gerichtliche Hauptverhandlung sei ein „Maximum an Öffentlichkeit“ zu fordern. Der Juristentag will am Donnerstag seine Beschlüsse fassen – auch in seinen vier weiteren Fachabteilungen.

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