Joe Biden kritisiert Trump: „Mehr an Macht als an Prinzipien interessiert“
Joe Biden, demokratischer Herausforderer Trumps, fordert eine stärkere Auseinandersetzung mit Rassismus. Es handele sich um eine „tiefe, offene Wunde“.
Der designierte Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Joe Biden, hat sich bei einer live im Fernsehen übertragenen Rede hinter die landesweiten Proteste gegen Polizeigewalt gestellt. „Dies ist ein Moment des Aufbruchs für neue Bürgerrechte", sagte er am Dienstag in Philadelphia. Der 77-jährige forderte eine Auseinandersetzung mit „institutionalisiertem Rassismus“ im Land. Dieser sei eine „tiefe, offene Wunde“ in den USA.
Biden kritisierte die aggressive Vorgehensweise von Präsident Donald Trump gegenüber den Demonstranten vor dem Weißen Haus. Das Recht, friedlich für seine Ziele einzustehen, sei Teil der kulturellen Identität. „Wenn friedliche Demonstranten auf Befehl des Präsidenten von der Türschwelle des Weißen Hauses - unter Einsatz von Tränengas und Blitzgranaten - vertrieben werden, um einen Fototermin, in einer der historischsten Kirchen des Landes zu veranstalten, kann man uns verzeihen, wenn wir glauben, dass der Präsident mehr an der Macht als an Prinzipien interessiert ist“, sagte er.
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Zuvor hatte Trump mit Polizeigewalt die St. Johns Kirche in Washington räumen lassen. Dort ließ er sich anschließend mit der Bibel fotografieren. „Ich wünsche nur, er würde sie ab und zu öffnen anstatt sie nur zu zeigen“, kommentierte Biden. Die Demonstranten rief er dazu auf, mehr füreinander einzustehen. „Gemeinsam sind wir stark.“
Biden fordert Verbot von Drosselgriffen
Außerdem forderte Biden den Kongress dazu auf, sofortige Reformen zur Bekämpfung von strukturellem Rassismus anzugehen. Ebenso sollten Polizeidrosselgriffe und die Weitergabe von „Kriegswaffen“ an die Polizei verboten werden. Auch mahnte er zu einer erhöhten Aufsicht- und Rechenschaftspflicht für die Polizeibehörden. Es war Bidens erste öffentliche Rede außerhalb seines Heimatstaates Delaware seit Ausbruch der Coronakrise.
Nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd durch einen weißen Polizisten in Minneapolis war es in den vergangenen Tagen landesweit zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen. Am Montagabend hatte Trump damit gedroht, das Militär einzusetzen. Dafür beruft er sich auf ein Gesetz aus dem Jahr 1807, den sogenannten Insurrection Act, der ein Eingreifen des Präsidenten bei starken Unruhen legitimiert. Die Rechtsauslegung gilt unter Experten als umstritten.