Neuer Partner Lateinamerika: Mehr als Maduro und Bolsonaro
Es ist wie in vielen Regionen der Erde: In Lateinamerika sind die Chinesen überall präsent. Die Union fordert daher, Europa müsse sich viel stärker engagieren.
Lateinamerika ist aktuell vor allem wegen der Krise in Venezuela und der Wahl des Rechtspopulisten Jair Messias Bolsonaro zum Präsidenten Brasiliens (Spitzname: Tropen-Trump) in den Schlagzeilen deutscher Medien. Zu Unrecht, meint die Unionsfraktion im Bundestag, es gebe viele positive Entwicklungen und Chancen zur Zusammenarbeit. Die Abgeordneten von CDU und CSU fordern deshalb nun, die Zusammenarbeit der EU und Deutschlands mit Lateinamerika zu verstärken – auf den Feldern der Außen-, Wirtschafts-, Sicherheits-, Klima- und Entwicklungspolitik.
Diese Region müsse für Deutschland „in Zukunft von besonderer Bedeutung sein“, sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt (CDU), am Mittwoch. Die Länder Lateinamerikas seien Verbündete beim Bemühen Deutschlands und der EU um eine multilaterale, werteorientierte Weltordnung. Zudem könnten die meisten Länder der Region eine gute Wirtschaftsentwicklung vorweisen. Sofern sich die 500 Millionen Einwohner Lateinamerikas mit denen der EU verbinden würden, bringe man gemeinsam eine Milliarde Einwohner, 40 Prozent der Weltwirtschaftsleistung und 62 UN-Staaten auf die Waage, mithin fast ein Drittel aller UN-Mitglieder.
Hardt stellte gemeinsam mit dem Abgeordneten Andreas Nick (CDU) die neue Lateinamerika/Karibik-Strategie der Fraktion vor, die deren Mitgliedern am Vortag einstimmig beschlossen hatten. Als Schwerpunkte der Zusammenarbeit nannte Hardt den Abschluss eines Handelsabkommens der EU mit den Mitgliedern der lateinamerikanischen Binnenmarkt-Vereinbarung Mercosur, eine engere Zusammenarbeit in der Klimapolitik sowie bei der Bekämpfung von Drogen und Organisierter Kriminalität.
Der Union geht es dabei auch darum, den Einfluss Chinas und Russlands zwischen Mexiko und Chile wenn nicht zurückzudrängen, so doch zumindest in seiner Bedeutung zu relativieren. „Es müsste im Interesse der USA sein, dass wir dazu beitragen, die Rolle Chinas auszubalancieren“, meinte Nick. In dem Papier heißt es, Deutschland sehe sich in bisher ungekannter Weise neuen geopolitischen und geoökonomischen Herausforderungen gegenüber. „Während die russischen Aktivitäten punktuell zunehmen, ist die Präsenz Chinas nahezu allumfassend. In vielen Staaten Lateinamerikas hat China die USA bzw. die EU als wichtigsten Handelspartner abgelöst“, sagte Nick. Auch bei Investitionen hole China „sprunghaft auf“.
Zwar gebe es in Afrika „die größeren und drängenderen Probleme“ als in Lateinamerika, räumte Hardt ein. Es sei dort aber ungleich schwieriger, Erfolge zu erzielen. „In Lateinamerika ist mit relativ wenig staatlichem Aufwand mehr zu erzielen“, meinte der EU-Politiker und verwies auf meist stabile staatliche Strukturen und funktionierende demokratische Parlamente.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hatte zuvor bereits angekündigt, mit einer diplomatischen Offensive die Beziehungen zu den über 30 Staaten Lateinamerikas verbessern zu wollen und dieses Thema zu einem zentralen Schwerpunkt seiner Amtszeit zu machen. „Lateinamerika, die Karibik und Europa dürfen nicht zum Kollateralschaden des Handelsstreits zwischen den USA und China werden“, erklärte Maas kürzlich in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel und wies auf die großen Möglichkeiten für die Wirtschaft beider Seiten hin.
Maas hat für den 28. Mai die Amtskollegen der Region zu einer großen Lateinamerikakonferenz in das Auswärtige Amt nach Berlin eingeladen, um angesichts schwieriger werdender Beziehungen zu Staaten in anderen Weltregionen die Beziehungen auf neue Füße zu stellen. Das ist auch eine Antwort auf den wachsenden Einfluss Chinas und drohende Strafzölle der USA. Die Unionsfraktion begrüßte die Konferenz. Es sei „umso besser, wenn die Bundesregierung auch ohne Anstoß der Union hier aktiv wird“, sagte Hardt.