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Eine Rakete radikaler Palästinenser hat eine Tankstelle in der israelischen Stadt Ashdod in Brand gesetzt.
© Reuters
Update

Nahost vor neuem Krieg: Mehr als 100 Tote im Gazastreifen - Raketenhagel über israelischen Städten

Die Lage im Nahen Osten eskaliert, die gegenseitigen Angriffe gehen weiter. US-Präsident Barack Obama will den Konfliktparteien zu einer Waffenruhe verhelfen. Auch aus Kairo wird Hilfe angeboten. Die Erstmals schlug eine Rakete aus dem Libanon in Israel ein.

Die Zahl der Toten bei den israelischen Luftangriffen im Gazastreifen ist nach jüngsten palästinensischen Angaben auf mindestens 100 gestiegen. Seit Beginn der israelischen Offensive seien zudem 680 Palästinenser verletzt worden, teilte der Sprecher der Rettungsdienste im Gazastreifen, Aschraf al-Kidra, am Freitag über Twitter mit. Es mehrten sich Berichte über zivile Opfer, darunter Frauen und Kinder. Die israelische Luftwaffe fliegt seit Dienstag massive Einsätze gegen Ziele im Gazastreifen, um den Raketenbeschuss durch militante Palästinenser zu unterbinden. Mehr als 800 Tonnen Raketen und Bomben schlugen nach Armeeangaben in dem kleinen Palästinensergebiet am Mittelmeer ein. Das israelische Sicherheitskabinett hatte am Donnerstagabend beschlossen, die Luftangriffe auf den Gazastreifen weiter auszudehnen. Außerdem wurden drei Infanteriebrigaden an die Grenze verlegt - für eine mögliche Bodenoffensive.

Eine Explosion in Rafah im südlichen Teil des Gazastreifens nach einem israelischen Angriff.
Eine Explosion in Rafah im südlichen Teil des Gazastreifens nach einem israelischen Angriff.
© AFP

Raketen auf Flughafen Ben Gurion

Im Gegenzug weitete die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas ihren Raketenbeschuss auf Ziele in Israel aus. Erstmals beschossen sie auch den internationalen Flughafen Ben Gurion. Drei Raketen seien über dem Großraum von Tel Aviv abgefangen worden, teilte die Armee am Freitag mit. Die israelische Nachrichtenseite "ynet" berichtete, der Flugverkehr sei während des Raketenalarms gestoppt worden.
Auch in der Stadt Tel Aviv heulten die Sirenen. Über Lautsprecher wurden die Menschen aufgerufen, Schutzräume aufzusuchen. Es waren mehrere dumpfe Explosionen zu hören. In der Hafenstadt Aschdod wurde bei einer palästinensischen Raketensalve eine Tankstelle getroffen, es kam zu einem Brand mit meterhohen Flammen und einer Rauchsäule.
Israel hatte den Militäreinsatz in der Nacht zum Dienstag begonnen, um den ständigen Raketenbeschuss gegen israelische Ortschaften zu unterbinden. Auslöser der Krise waren der gewaltsame Tod dreier jüdischer Jugendlicher und der mutmaßliche Rachemord an einem palästinensischen Jungen. Darüber hinaus will die im Gazastreifen herrschende radikal-islamische Hamas-Organisation Israel und Ägypten zwingen, die Abriegelung des Gebietes zu lockern.

1100 Ziele im Gazastreifen angegriffen

Binnen drei Tagen beschoss die Luftwaffe nach israelischen Angaben 1100 Ziele im Gazastreifen. Militante Palästinenser hätten 550 Raketen auf Israel abgefeuert, sagte der israelische Armeesprecher Peter Lerner. Die Raketenabwehr habe etwa 120 weitere Geschosse in der Luft abgefangen.
Vor einer möglichen Bodenoffensive im Gazastreifen verlegte die israelische Armee drei Infanteriebrigaden an die Grenze zu dem Palästinensergebiet. Ein oder zwei weitere Brigaden sollten in den kommenden Tagen zur Verstärkung anrücken, sagte Armeesprecher Lerner. Insgesamt wurden 33 000 israelische Reservisten mobilisiert. US-Botschafter Dan Shapiro sicherte Israel die volle Rückendeckung Washingtons auch im Fall einer Bodenoffensive im Gazastreifen zu.
"Keiner will eine solche Bodenoffensive, und bei uns gibt es den Willen, dass Hamas den Raketenbeschuss stoppt", sagte der Botschafter dem israelischen Armeesender. "Israel hat aber auf jeden Fall volle amerikanische Rückendeckung." US-Präsident Barack Obama bot zugleich eine Vermittlung an. Die USA seien bereit, ein "Ende der Feindseligkeiten" herbeizuführen, sagte Obama in einem Telefonat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, wie das Weiße Haus bekanntgab.Zu den Optionen, die sich der US-Präsident vorstellen kann, gehöre auch die Rückkehr zu einer Waffenstillstandsvereinbarung von 2012. Damals hatten Ex-US-Außenministerin Hillary Clinton und Ägypten zwischen beiden Seiten vermittelt. Die israelischen Luftangriffe hatten 2012 acht Tage lang angedauert.

Derweil bemüht sich Ägypten um eine Waffenruhe. Das Außenministerium in Kairo sprach am Freitag von "intensiven Gesprächen", um die Gewalt zu beenden. Die ägyptische Regierung warf Israel eine "unverantwortliche Eskalation" vor, kritisierte indirekt aber auch die radikal-islamische Hamas. Bisherige Vermittlungsbemühungen seien aufgrund von "Sturheit" gescheitert. Ägypten fordere die Konfliktparteien auf, nicht das ganze palästinensische Volk den Preis für die eigenen politischen Ziele bezahlen zu lassen.
Erstmals seit Beginn des Schlagabtausches wurden auch aus dem Libanon Raketen auf Israel abgefeuert. Ein Geschoss sei in der Nähe der Grenzstadt Metullah gefunden worden, sagte Israels Armeesprecher Lerner. Israelische Artillerie habe in den Libanon zurückgeschossen. (dpa)

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