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Ärgert sich über steigende Arzneipreise: Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery.
© dpa

Ärztetag ruft nach Gesetzgeber: Mediziner schimpfen über Arzneipreise

Der Ärztetag ruft wegen der steigenden Arzneipreise nach dem Gesetzgeber. Dabei dringen sie selber auf eine neue Gebührenordnung mit höheren Honoraren.

Der Deutsche Ärztetag in Hamburg hat vor einer finanziellen Überforderung des Gesundheitssystems durch ständig steigende Arzneipreise gewarnt und die Politik zum Eingreifen aufgefordert.

Die vor fünf Jahren beschlossenen Regelungen zur Nutzenbewertung neuer Medikamente hätten nicht zu den erhofften Einsparungen geführt, heißt es in einer Entschließung des Gremiums vom Mittwoch. Stattdessen stiegen die Arzneiausgaben der gesetzlichen Kassen weiter um vier bis fünf Prozent im Jahr. Manche Mittel – vor allem in der Krebsmedizin – kosteten jährlich pro Patient bis zu 100 000 Euro, sagte der Vorsitzende der Arzneimittelkommission, Wolf-Dieter Ludwig. Solche Entwicklungen könnten die Versorgung der Patienten gefährden.

Konkret verlangen die Ärzte eine Nachbesserung des Arzneimittelneuordnungsgesetzes (Amnog). „Die derzeit freie, ausschließlich am Markt orientierte Preisfestlegung für Arzneimittel im ersten Jahr nach der Markteinführung durch den pharmazeutischen Unternehmer muss abgeschafft werden“, heißt es in der Entschließung. Und die Ergebnisse der Nutzenbewertung müssten den Ärzten schneller und besser aufbereitet zugeleitet werden. Nur so sei eine Versorgung nach modernsten Erkenntnissen möglich.

Montgomery: Es gilt die Balance zu wahren

Es gelte „die Balance zu wahren“, hatte Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery schon in seiner Eröffnungsrede am Dienstag gemahnt – und zwar „zwischen dem, was Forschung und Entwicklung an Mitteln brauchen, was der Markt bereit ist zu zahlen, aber auch dem, was in einem solidarisch finanzierten System ethisch vertretbar ist“. Es könne nicht sein, „dass nur die Leistungsträger im Gesundheitswesen wie wir Ärzte zu sozialgebundenen Tarifen verpflichtet sind, die Pharmaindustrie aber ausschließlich marktorientiert agiert“.

Tatsächlich geht es auch den Medizinern gehörig ums Geld. Der Streit um eine neue Gebührenordnung zur Abrechnung privatärztlicher Leistungen (GOÄ), die den Ärzten höhere Einkünfte bescheren soll, dominierte diesmal sogar das traditionelle Treffen. Und es fehlte nicht viel, dass Montgomery gleich am Eröffnungstag wegen des Ärgers über den bisher nicht zustandegebrachten Abrechnungskatalog gestürzt worden wäre. 85 Delegierte stimmten für die Absetzung des Ärztepräsidenten, 148 hielten dagegen.

Arzneihersteller verweisen auf Ersparnisse

Der Verband forschender Arzneihersteller zeigte sich jedenfalls verwundert über den Vorstoß der Ärzte. Das Arzneimittelneuordnungsgesetz bringe „die Sparbeiträge, die von ihm erwartet wurden“, sagte Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer dem Tagesspiegel. In diesem Jahr lägen die Einsparungen bei 1,3 Milliarden, im nächsten sogar bei zwei Milliarden Euro. Und auf patentgeschützte Arznei entfielen lediglich sechs Prozent aller Kassenausgaben.

„Bleibt die Frage: Warum beschäftigt sich der Ärztetag mit der Kostenstruktur von Medikamenten?“

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