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Die britische Premierministerin Theresa May.
© REUTERS/Peter Nicholls
Update

Großbritannien: May will Parlament über Brexit-Verschiebung abstimmen lassen

Eigentlich ist der EU-Austritt Großbritanniens für den 29. März geplant. Nun bietet May dem Parlament eine Verschiebung an.

Die britische Premierministerin Theresa May will dem Parlament den Weg für eine Verschiebung des Brexits ebnen. Das geht aus einer Erklärung Mays am Dienstag im Unterhaus hervor. Ein "kurzer und begrenzter" Aufschub sei möglich, wenn sich bis Mitte März im Unterhaus keine Mehrheit für eine andere Lösung abzeichne, sagte May am Dienstag vor den Abgeordneten in London. Damit gab sie ihren grundsätzlichen Widerstand gegen eine Verschiebung des Brexit auf. Der bislang für den 29. März geplante EU-Austritt könne aber allenfalls bis Ende Juni aufgeschoben werden.

Voraussetzung sei, dass das Unterhaus sowohl gegen den mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Vertrag als auch gegen einen "harten" Brexit ohne Austrittsvertrag stimme, sagte May. In diesem Fall werde ihre Regierung dem Unterhaus am 14. März eine Vorlage zur Verschiebung des Austrittstermins zuleiten. Die Premierministerin machte klar, dass sie persönlich nach wie vor gegen eine Verschiebung des Austrittsdatums sei.

EU begrüßt Mays Vorschlag

An den Europawahlen im Mai wolle das Land zudem auch bei einer eventuellen Verlängerung der EU-Mitgliedschaft nicht teilnehmen. Die Regierung habe stets die Position vertreten, keine Wahl abzuhalten, sagt ein Sprecher Mays in London. Der EU-Urnengang ist vom 23. bis 26. Mai angesetzt und gilt als eine der große juristischen Hürden für einen längeren Verbleib von Großbritannien in der Staatengemeinschaft. Nach derzeitigem Stand soll das Haus auf gut 700 Abgeordnete verkleinert werden, da die Sitze aus Großbritannien wegfallen.

Die EU steht einer Verlängerung der EU-Mitgliedschaft offen gegenüber. Sollte die britische Regierung einen solchen Antrag stellen, würde die EU den Sachverhalt "positiv" sehen, sagt ein hochrangiger EU-Vertreter in Brüssel. "Eine Verlängerung um ein paar Monate wäre relativ einfach."

May droht Revolte

Vor Mays Rede hatte bereits die "Financial Times" darüber berichtet, dass May den Abgeordneten die Wahl zwischen einem ungeregelten Brexit oder einer „kurzen Verlängerung“ der Austrittsfrist anbieten wolle, sollte sie bis zum 12. März mit ihrem Brexit-Abkommen erneut scheitern. Eine entsprechende Beschlussvorlage wolle May den Abgeordneten bereits am Mittwoch bei einer Abstimmung über die weiteren Brexit-Schritte vorlegen, berichteten Journalisten unter Berufung auf Kabinettskreise am Dienstag. Noch am Montag hatte die Premierministerin erklärt, sie halte am Austrittsdatum 29. März fest.

Gelingt es May nicht, die Rebellen zu besänftigen, könnte sie bei der Abstimmung am Mittwoch die Kontrolle über das Verfahren verlieren. Mehrere Regierungsmitglieder drohen damit, für einen Antrag zu stimmen, der sie zum Verschieben des Austritts zwingen könnte.

Bis zu 15 Parlamentarische Staatssekretäre seien bereit, ihre Ämter niederzulegen, berichtete die „Daily Mail“ am Dienstag. Drei bekannten sich dazu, im Notfall parteiübergreifend im Parlament gegen May zu stimmen, um einen No-Deal-Brexit abzuwenden: Industrie-Staatssekretär Richard Harrington, Margot James (Digitales) und Claire Perry (Energie). Die Regierung müsse einen kühlen Kopf bewahren, heißt es in einem Gastbeitrag der drei Politiker in dem Blatt. Die Folgen eines No Deal wären für die Wirtschaft gravierend.

Auch in Deutschland werden bei einem ungeordneten Brexit Milliardenbelastungen erwartet: Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) rechnet in diesem Fall mit einem Rückschlag für die deutsche Wirtschaft in der Größenordnung von mindestens einem halben Prozent des Bruttoinlandsprodukts. „Das wären rund 17 Milliarden Euro weniger Wirtschaftskraft allein in diesem Jahr“, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang in Berlin. Großbritannien werde dann in eine Rezession stürzen. Der BDI hat seit längerem eine „Task Force“ gebildet, um Unternehmen auf einen No Deal vorzubereiten.

Für einen Paukenschlag sorgte am Montagabend der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn: Er kündigte an, seine Partei stelle sich hinter die Forderung nach einem zweiten Brexit-Referendum. Zuvor will die Labour-Partei jedoch versuchen, die Regierung von ihren eigenen Brexit-Plänen zu überzeugen. Labour setzt sich dafür ein, dass Großbritannien in einer Zollunion mit der EU bleibt. Das lehnt May jedoch kategorisch ab.

Berichte über die mögliche Verschiebung des Brexits verliehen dem britischen Pfund weiter Auftrieb und ließen den Kurs im Handel mit dem Euro auf den höchsten Stand seit fast zwei Jahren steigen. Am Dienstag kletterte der Kurs im Vormittagshandel bis auf 1,1621 Euro, so hoch wie seit Mai 2017 nicht mehr. (Reuters, AFP, dpa)

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