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Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Bamf-Chefin Jutta Cordt werden noch viele Fragen beantworten müssen.
© Wolfgang Kumm, dpa

Bamf-Affäre: Manipulation möglich

Zugriffsrechte für die Computer-Bearbeitung von sensiblen Bamf-Akten wurden offenbar inflationär vergeben. Das deutet auf Fehler im System hin.

Von Antje Sirleschtov

War Bremen ein Einzelfall oder gibt es in der Migrationsbehörde Bamf systematische Fehler? Bei der politischen Beurteilung des Skandals um das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und die Entscheidung, ob zur Aufklärung ein Untersuchungsausschuss im Bundestag eingesetzt werden soll, ist das Urteil darüber gewiss entscheidend.

Bisher deutet sehr viel darauf hin, dass die Kanzlerin im Herbst 2015 mit ihrem Nein zur Schließung der Grenzen vor tausenden Flüchtenden die für Asylanträge zuständige Bundesbehörde in eine kaum zu lösende Mammutaufgabe geschickt hat. Über Jahre hinweg personell ausgedünnt schob das Nürnberger Bamf zum damaligen Zeitpunkt ohnehin einen gewaltigen Berg unerledigter Asylakten vor sich her. Nun kamen in kürzester Zeit hunderttausende Flüchtende dazu, über deren Status entschieden werden musste. Der amtierende Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sandte den Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, an die Spitze des Bamf. Der mit großen Behörden erfahrene Manager, so heißt es bei den Beschäftigten des Bamf jedenfalls, stellte nicht nur in kürzester Zeit hunderte zum Teil unerfahrene Mitarbeiter ein, sondern gab auch die Devise „Quantität vor Qualität“ aus.

Kontrolle funktionierte nicht

Für den Abbau des Antragsberges war das offenbar die richtige Lösung. Für die Verlässlichkeit der Entscheidungen, wer den Flüchtlingsstatus rechtmäßig erhält, scheint sie das nicht gewesen zu sein. Zumindest deutet viel darauf hin, dass das Bamf, zum Teil bis heute, nicht in der Lage ist, ein funktionierendes Controlling der eigenen Verfahrensabläufe zu installieren, mit dem verhindert werden kann, dass die Fehler einzelner Mitarbeiter unentdeckt bleiben oder sogar systematischer Missbrauch getrieben werden kann.

Der Umgang mit dem elektronischen Aktensystem „Maris“ lässt einen solchen Schluss jedenfalls zu. Bei der Kontrolle von mehr als 4000 Asylentscheidungen im Zusammenhang mit dem Skandal um massenhaft gefälschter Akten in der Bremer Außenstelle des Bamf jedenfalls stieß deren eigene Innenrevision in diesem Frühjahr darauf, dass tausende Mitarbeiter weitreichende Bearbeitungsrechte in dem Maris-System besitzen, die eine Manipulation von Asylentscheidungen möglich machen. Ganz einfach, in dem Verfahrensschritte, die zwingend vorgeschrieben sind, umgangen werden – ohne, dass das auffallen muss. Weil die Bamf in den vergangenen Jahren die Zahl der Asylbescheide stark erhöhen musste, hat man offenbar die Zugriffsrechte für das System inflationär an Mitarbeiter vergeben. Und dann den Überblick darüber verloren, welcher Mitarbeiter welche Rechte im System Maris hat.

Ohne Grund verändert

So hat die Innenrevision im April diesen Jahres von der Bamf-Führung zwar erfahren, dass von den 48 Beschäftigten in der Bremer Außenstelle 45 das Recht zum „freien Umprotokollieren“, also das Recht zur Veränderung von Asylverfahren, besitzen. Die ehemalige Außenstellenchefin, gegen die ermittelt wird, war jedoch nicht darunter, obwohl sie auf der Liste hätte stehen müssen. Schließlich hat die Innenrevision nachgewiesen, dass sie selbst einige Akten zum Teil „ohne nachvollziehbaren Grund“ (Bericht der Innenrevision) im System Maris manipuliert hat. Und wenn ein solcher Vorgang in Bremen unentdeckt möglich war, warum sollte das kein Fehler im System sein?

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