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Überstanden... hat die Ministerpräsidentin von Rheinand-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), den gegen sie eingebrachten Misstrauensantrag der CDU.
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Update

Rheinland-Pfalz: Malu Dreyer übersteht Misstrauensvotum nach Flughafen-Debakel

Der geplatzte Verkauf des Flughafens Hahn hat die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin unter Druck gebracht. Ein Misstrauensvotum der CDU gegen Malu Dreyer scheiterte aber erwartungsgemäß.

Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, hat das von der CDU gegen sie gerichtete Misstrauensvotum überstanden. In der namentlichen Abstimmung votierten wie erwartet alle 52 Abgeordneten der Regierungskoalition aus SPD, FDP und Grünen für sie, die restlichen 49 Abgeordneten des Parlaments, die Opposition aus CDU und AfD, stimmten gegen Dreyer. Damit scheiterte die CDU-Landesvorsitzende Julia Klöckner, die bereits in zwei Landtagswahlen versucht hatte, selbst Regierungschefin zu werden, auch mit ihrem zweiten Misstrauensantrag gegen eine von der SPD geführten Landesregierung.

2012 hatte Klöckner wegen der Nürburgring-Affäre einen Misstrauensantrag gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) eingebracht, nun wegen des gescheiterten Verkaufes des Regionalflughafens Frankfurt Hahn. Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Landtag, Alexander Schweitzer, sagte direkt nach der Abstimmung dem Tagesspiegel: "Die neue Ampel-Koalition hat Malu Dreyer eindrucksvoll das Vertrauen ausgesprochen. Frau Klöckner hat - wieder einmal - überzogen und gezeigt dass sie kein Gespür für das richtige Maß hat. Frau Klöckners tatsächliche Motivation ist eher in dem von ihr verantworteten historisch schlechten CDU-Ergebnis bei der Landtagswahl zu suchen."

Dreyer selbst zeigte sich erleichtert über das Abstimmungsergebnis. Sie sei "sehr froh" über das "klare Votum", sagte die Ministerpräsidentin an die Adresse der Regierungsfraktionen. Die Ministerpräsidentin versprach eine vollständige Aufklärung des vorerst gescheiterten Hahn-Verkaufs. Alle Vorgänge würden geprüft und aufgeklärt, sagte sie nach dem überstandenen Misstrauensantrag im Landtag. Beim Verkauf des Flughafens liege aber noch ein "schwieriges Stück Weg" vor der Landesregierung.

CDU-Chefin wollte FDP-Abgeordnete auf ihre Seite ziehen

Klöckner hatte darauf gesetzt, dass vor allem Abgeordnete aus den Reihen der Liberalen gegen Dreyer stimmen würden, um ihre liberale Unabhängigkeit zu untermauern. Noch in der Aussprache vor dem Misstrauensantrag am Dienstag hatte sie gesagt: "Vielleicht gibt es den einen oder anderen bei der FDP, der seinen Wählerauftrag, eine andere Politik zu machen, ernster nimmt, als eine Fraktionsdisziplin." Aus Kreisen der FDP war schon vor der Abstimmung zu hören, dass man sich nicht an "politischen Spielchen" der Opposition beteiligen wolle, man habe eine Verantwortung für die Menschen im Land und die wolle man wahrnehmen.

Nach der Abstimmung sagte Volker Wissing, FDP-Landeschef und Wirtschaftsminister, dem Tagesspiegel: „Selbstverständlich stellen wir die Zusammenarbeit mit unserem Koalitionspartner nicht deshalb in Frage, weil in der letzten Legislaturperiode Dinge falsch gelaufen sind.“ Der Vize-Regierungschef fügte aber an, dass die FDP fortan die Verkaufsgespräche eng begleiten werde und sagte: „Dass wir uns von nun an in eigener Verantwortung mit der für uns typischen Präzision mit diesen Einzelfragen befassen werden, darauf kann sich jeder verlassen.“

Kurt Beck wollte 2009 unbedingt mehr Anteile kaufen

Noch vor vier Wochen hatte der für den Verkauf zuständige Innenminister Roger Lewentz auf dem Flughafen verkündet, dass man sich mit einem chinesischen Investor einig sei. Der Flughafens, der dem Land Rheinland-Pfalz zu 82,5 Prozent und Hessen zu 17,5 Prozent gehört, ist seit vielen Jahren defizitär. Unter der Regierung Beck hatten staatliche Subventionen für das Projekt etwa mit zinsgünstigen Krediten immer wieder die europäischen Wettbewerbsbehörden auf den Plan gerufen. Der Flughafen gehörte zur Infrastrukturpolitik, die Kurt Beck lange Jahre in Rheinland-Pfalz verfolgte und die zu hohen Schulden und zu Problemen mit der EU geführt hatten. 2009 war der Flughafenbetreiber Fraport bei der Hahn-Gesellschaft ausgestiegen, dessen 65 Prozent übernahm Rheinland-Pfalz zum symbolischen Preis von einem Euro. Diese Entscheidung war von vielen heftig kritisiert worden.

Bisher hat das Land beim Flughafen-Hahn allerdings kein Steuergeld verbrannt. Das zumindest betont die Landesregierung, um den Unterschied zur Nürburgringpleite deutlich zu machen. Beim Nürburgringprojekt, eines der Lieblingsinfrastrukturprojekte Becks, verlor das Land durch eigenes Verschulden mehr als 500 Millionen Euro an Steuergeld.

Dann eben nicht..., scheint hier die Vorsitzende der CDU Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner, zu sagen. Doch das Foto stammt aus der Sitzung vor dem Misstrauensvotum, mit dem die CDU-Landeschefin am Donnerstag scheiterte.
Dann eben nicht..., scheint hier die Vorsitzende der CDU Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner, zu sagen. Doch das Foto stammt aus der Sitzung vor dem Misstrauensvotum, mit dem die CDU-Landeschefin am Donnerstag scheiterte.
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Das Debakel des gescheiterten Hahn-Verkaufs trifft die neue Ministerpräsidentin jetzt dennoch hart, weil sie nicht erst seit ihrer Wahl im März, sondern nach der Übernahme des Amtes von Kurt Beck im Jahr 2014 versprochen hatte, die schuldenlastige Politik zu beenden. Deshalb wurden bewusst enge Regierungsbeziehungen zu den Wettbewerbshütern in Brüssel aufgebaut, die Wettbewerbskommission war bei dem aktuellen Verkauf nicht nur involviert, sondern hat auch enge Grenzen gesetzt. So musste Mainz nach den EU-Luftverkehrsrichtlinien handeln wie ein privater Eigentümer. Aus SPD-Kreisen heißt es, dass bei den drei Kaufinteressenten, die in Frage kamen, vor allem auch der Verkaufspreis zu berücksichtigen gewesen sei. Er musste im Mittelpunkt stehen, hieß es. Der nun von der Landesregierung des Betrugs verdächtige Investor, der den Zuschlag bekam, soll mit Abstand den höchsten Preis geboten haben.

Seit vielen Jahren hat der Flughafen Hahn, der zu 82,5 Prozent dem Land Rheinland-Pfalz gehört, finanzielle Probleme.
Seit vielen Jahren hat der Flughafen Hahn, der zu 82,5 Prozent dem Land Rheinland-Pfalz gehört, finanzielle Probleme.
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Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat Strafanzeige gegen den chinesischen Käufer gestellt und den Vertrag "wegen arglistiger Täuschung“ gekündigt, wie es Malu Dreyer ausdrückte. Klöckner dagegen findet: „Was auf dem Hahn passiert, das ist der Tiefpunkt politischen Handelns in diesem Land." Sie warf der Regierungschefin vor, bei Zweifeln gegen die Shanghai Yiqian Trading (SYT) weggeschaut zu haben und die Schuld auf andere zu schieben. So begründete sie auch den nun gescheiterten Misstrauensantrag. Dreyer selbst zeigte sich betroffen. „Das ist bitter, dass dieser schlimme Fehler passiert ist.“ Erst jetzt sei klar geworden, „dass der zum Zuge gekommene Bieter kriminelle Absichten hatte“. Sie sieht aber keine Notwendigkeit, personelle Konsequenzen zu ziehen: „Wir konnten rechtzeitig die Reißleine ziehen.“

Ist der Hahn schon im September pleite?

Doch ob das stimmt, erscheint zurzeit noch sehr fraglich. Die mangelnde Liquidität des Flughafens und die politische Dimension der Blamage setzen die Verantwortlichen sehr unter Zeitdruck. Zurzeit wird mit den zwei übriggebliebenen potentiellen Investoren geredet, bisher hieß es, dass diese nicht alle Unterlagen fertig hatten, beispielsweise einen Businessplan oder einen Flugplan. "Die Zeit rennt", sagt ein Koalitionär, und erst wenn eine Lösung gefunden sei, könne sich der amtierende Innenminister seiner politischen Zukunft in seinem Amt sicher sein. Sollte am Ende doch noch die Insolvenz stehen, könnten die politischen Folgen die Regierung Dreyer doch noch nachhaltig belasten.

Interessant in diesem Zusammenhang ist ein Bericht der "Rhein-Zeitung". Danach befinden sich noch zehn Millionen Euro in der Kasse des Flughafens, anderes Geld ist an Investitionen gebunden. Wenn es schlecht läuft, könnte der Han bereits Ende September pleite sein. Die "Rhein-Zeitung" schreibt: "Rein theoretisch hat die Flughafengesellschaft noch Geld, da die Landesregierung ein Gesellschafterdarlehen von insgesamt 34 Millionen Euro vorhält. Damit ließen sich etwaige Finanznöte leicht überbrücken. Nur ist die Auszahlung dieser Summe an eine Bedingung geknüpft: Ein Wirtschaftsprüfer muss bescheinigen, dass der Flughafen Hahn noch ein weiteres Jahr finanziell und wirtschaftlich überlebensfähig ist."

Steht in der Verantwortung. Innenminister Roger Lewentz (SPD).
Steht in der Verantwortung. Innenminister Roger Lewentz (SPD).
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Unklar ist nicht nur die Zukunft des Flughafens, sondern auch die Frage, ob das schnell eingebrachte Misstrauensvotum der CDU wirklich hilft. Offenbar hält eine große Mehrheit der Rheinland-Pfälzer das Misstrauensvotum für falsch, das legen Umfragen nahe, die noch an diesem Donnerstag veröffentlicht werden sollen. In einer Umfrage des SWR wurde gefragt, wer die Schuld an dem geplatzten Verkauf trage. 19 Prozent fanden, Dreyer trage die Hauptschuld, 14 Prozent sagten Lewentz und 29 Prozent sagten: die Wirtschaftsprüfer der KPMG.

Manche politische Beobachter, die vor allem aus der SPD kommen, unterstellen Klöckner Revanche- und Rachegedanken für die verlorene Wahl. Klöckner hatte lange Zeit weit vor der Amtschefin gelegen, doch am Ende war diese noch klar an ihr vorbeigezogen. Es reichte zwar nicht mehr zur Fortsetzung des rot-grünen Bündnisses, doch statt eine große Koalition zu machen, wie es sich auch Klöckner gewünscht hätte, schmiedete Dreyer ein Ampelbündnis. Nicht erst seit dieser Wahl ist das Verhältnis zwischen der SPD und der CDU aufgrund der heftigen persönlichen Auseinandersetzungen, die sich auch in einem extrem personalisierten Wahlkampf gespiegelt hatten, anscheinend vollkommen zerrüttet.

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