Schwere CDU-Niederlage in Rheinland-Pfalz: Julia Klöckner fühlt sich nicht schuldig
Julia Klöckner hat in Rheinland-Pfalz einen eindrucksvollen Vorsprung verspielt und mit der CDU eine schwere Niederlage eingefahren. Hat sie damit auch ihre politische Zukunft verspielt?
Julia Klöckner ist nicht schuld. Das jedenfalls war die Botschaft von Julia Klöckner selbst, als sie am Montag, einen Tag nach der schweren Niederlage als Spitzenkandidatin in Rheinland-Pfalz, in Berlin landete.
Indirekt machte Klöckner damit auch eine Aussage zu ihrer eigenen Zukunft, denn wer nichts falsch macht, der muss auch keine Konsequenzen ziehen. Die Landespartei wird Klöckner sowieso halten wollen, denn es gibt zurzeit weit und breit keine Alternative zu ihr. Die CDU-Politikerin selbst wird eine persönliche Entscheidung treffen müssen, wie genau diese aussieht, mochte am Montag niemand aus ihrem engeren Umfeld andeuten.
Vermutlich wusste Julia Klöckner es am Montag selbst nicht.
Klöckner betonte am Montag vor der CDU-Parteizentrale sehr hartnäckig und bewusst gut gelaunt vor allem die eigenen Erfolge: So habe die CDU mehr Nichtwähler gewinnen können als Rot-Grün zusammen. Dann versuchte Klöckner, sogar ihren Spagat zwischen Pro-Merkel und Contra-Merkel in der Flüchtlingspolitik als richtig darzustellen. Tatsächlich sah die Wählerwanderung so aus, dass die CDU vor allem Wähler an die AfD und die FDP und nicht an die SPD verloren habe. Genau deshalb sagte Klöckner: „Wir hätten noch mehr verloren, wenn wir uns bei der Flüchtlingsfrage nicht positioniert hätten.“ Man habe einen „konstruktiven Weg“ eingeschlagen, fand Klöckner und wollte danach nichts mehr zu ihrer eigenen Zukunft sagen. Nur so viel: „Das Leben ist zu kurz, um lange Gesichter zu machen.“
Das Problem der Julia Klöckner besteht vielleicht auch darin, dass sie sich immer sehr sicher ist. Sie kokettierte immer sehr gern mit ihrer Nähe zur Bundeskanzlerin Angela Merkel, sie galt, obwohl sie nur eine von vielen Vize-Vorsitzenden in der Bundes-CDU ist, als mögliche Thronerbin von Merkel. SPD-Chef Sigmar Gabriel spielte darauf an, als er am Montag in der Bundesparteizentrale sagte: Viele in der CDU würden ja nun erleichtert sein, dass Frau Klöckner wohl eher nicht mehr als Nachfolgerin von Frau Merkel gelten könne.
Aber Klöckner hatte auch in Rheinland-Pfalz einen zerstrittenen Landesverband geeint, hatte bewiesen, dass sie auch über eine lange Strecke Verantwortung übernehmen kann. Zudem ist sie in der Lage, politische Sachverhalte in einfache Sätze und Bilder zu übersetzen. Das hat ihr ehrlichen Respekt in der Bundes-CDU eingebracht.
Doch im Wahlkampf hatte Klöckner auch versucht, sich von der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin abzusetzen, hatte den sogenannten Plan A2 erfunden, den niemand so recht verstanden hatte, er brachte ihr im TV-Duell mit Malu Dreyer den Satz ihrer Kontrahentin ein, der diesen Wahlkampf vielleicht mitentschieden hat: „Sie fallen ihrer eigenen Kanzlerin in den Rücken“, sagte Dreyer, und Klöckner konnte nichts erwidern, was diesen Vorwurf glaubhaft hätte ausräumen können.
Klöckners größte Leistung am Sonntagabend bestand darin, Contenance zu wahren
Einer aus der CDU sagt, sie habe großartig gekämpft, aber leider habe sie auch die Nerven verloren. Tatsächlich bestand Klöckners größte Leitung am Sonntagabend darin, Contenance zu wahren und zu lächeln, nur in wenigen Augenblicken, wenn die Kameras sie gerade nicht verfolgten oder sie sich allein mit ihrem Team wähnte, merkte man ihr die Tragik der Niederlage an.
Die CDU hatte, nahe am Landtag gelegen, ausgerechnet das herrschaftliche Mainzer Schloss als Ort der Wahlparty gewählt. 800 CDU-Anhänger waren geladen, großzügig waren in mehreren Räumen Tische mit weißen Tischdecken drapiert worden. Das Catering ließ keine Wünsche übrig. Die meisten verließen sehr bald die Party, und viele hörte man beim Rausgehen laut schimpfen über das Ergebnis, das die CDU ins Mark getroffen hatte. Denn am Ende des Abends stand fest, dass man nicht nur verloren hatte, sondern das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der CDU in Rheinland-Pfalz eingefahren hatte.
Schon am Sonntagabend hatte Klöckner das eigene Wording sorgfältig gewählt, und schon hier gab es nur offensive Sätze, Sätze, die merkwürdig klangen, angesichts des Absturzes in der Wählergunst. Sie sagte, man habe ein Wahlziel erreicht, Rot-Grün könne nun nicht mehr regieren. Dann, immerhin: Aber natürlich sei sie sehr enttäuscht. „Wir haben uns schon ein bisschen mehr erwartet.“
In Wahrheit war das Ergebnis ein Schock. Klöckner war die einzige in der Partei, die sich das nicht anmerken ließ, aber alle anderen wirkten am Boden zerstört. Einer sagte: „Leistung wird nicht mehr belohnt“ und meinte damit, das Ergebnis sei ungerecht der CDU gegenüber.
Tatsächlich war noch niemand so nahe dran wie sie, die Ära der SPD zu beenden. Klöckner hat einen völlig zerstrittenen Landesverband neu aufgebaut und sich als starke Landeschefin etabliert. Immer wieder kokettierte sie mit ihren guten Beziehungen zu Merkel, die in diesem Wahlkampf elf Mal allein in Rheinland-Pfalz Station gemacht hatte.
Schon 2011 hatte Klöckner Kurt Beck am Rande einer Niederlage, es fehlten nur 0,5 Prozentpunkte. Beck rettete sich in eine rot-grüne Koalition, trat bald darauf aus gesundheitlichen Gründen ab und ernannte Malu Dreyer zu seiner Nachfolgerin. Und dieses Mal führte Klöckner bereits haushoch, elf Prozentpunkte Vorsprung hatte die CDU im Herbst 2015, niemand wettete mehr auf Malu Dreyer, die bisher noch nie einen Wahlkampf gewinnen musste.
Klöckner aber verspielte den Vorsprung, ob sie auch ihre politische Zukunft verspielte, war an diesem Montag noch nicht zu klären.