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Emmanuel Macron ist bestens vernetzt.
© AFP/Benjamin Cremel

Ökonom Henrik Enderlein: Macrons treuer Verbündeter in Berlin

Seit Macrons Wahlsieg gibt es viele in Berlin, die sich auf den französischen Präsidenten berufen. Aber einer hat schon vor Jahren eine Freundschaft zu Macron aufgebaut: der Ökonom Henrik Enderlein.

Es war im Jahr 2012, als Henrik Enderlein den heutigen französischen Präsidenten Emmanuel Macron traf. Das war in einem wenig prunkvollen Seitenflügel des Elysée-Palastes. Dort, in einer „schäbigen Ecke mit Linoleumcharme“, habe es gleich eine lebhafte Diskussion zwischen ihm und dem damaligen stellvertretenden Generalsekretär von François Hollande gegeben. So erinnert sich Enderlein an das erste Treffen mit Macron, das nicht das letzte bleiben sollte. Die Begegnung bildete den Grundstein für eine Freundschaft und dafür, dass der Ökonom und Vizepräsident der Berliner Hertie School of Governance zu einem der besten Macron-Versteher in Berlin geworden ist.

Es gibt zwar auch andere in Berlin, die einen Draht zu Macron haben. Dazu gehören der Leiter der Kulturabteilung im Auswärtigen Amt, Andreas Görgen, der frühere Staatssekretär Jörg Asmussen und Kanzleramtsminister Peter Altmaier. Wobei spätestens mit der Wahl Macrons zum Präsidenten die Zeiten vorbei sind, in denen man mühelos mit dem 39-Jährigen per SMS kommunizieren konnte. „Natürlich ist der Kontakt anders“, sagt Enderlein, „Macrons Ansprechpartnerin in Berlin ist jetzt die Bundeskanzlerin.“

Vor drei Jahren wollte Macron in Berlin unterrichten

Dabei sah es vor drei Jahren überhaupt nicht danach aus, dass Macron in absehbarer Zeit Präsident werden würde. Im Juni 2014 warf er seinen Berater-Posten im Elysée-Palast hin. Macron fragte Enderlein damals, ob er für ein Jahr nach Berlin kommen könne, um an der Hertie School of Governance zu unterrichten. Enderlein besorgte ihm ein Büro und die Finanzierung durch die Mercator-Stiftung – und dann blieb Macron doch in Paris: Hollande entschloss sich, ihn zum Wirtschaftsminister zu machen.

Auch nachdem Macron im Ministerium in Bercy angekommen war, arbeitete er eng mit Enderlein zusammen. Gemeinsam mit seinem damaligen Amtskollegen Sigmar Gabriel beauftragte der Minister den Deutschen und dessen französischen Professorenkollegen Jean Pisani-Ferry mit einem Gutachten zum Reformbedarf beider Länder. Zwar verschwanden viele Vorschläge erst einmal in der Schublade. Aber je näher Macron dem Präsidentenamt kam, umso mehr rückten Enderlein und sein französischer Kollege wieder in den Vordergrund. Das Gutachten wurde zur Blaupause von Macrons Wahlprogramm, der Sozialliberale Enderlein entpuppte sich immer mehr als informeller Botschafter Macrons und Wahlkämpfer.

Der Vizepräsident der Berliner Hertie Schoof of Governance, Henrik Enderlein.
Der Vizepräsident der Berliner Hertie Schoof of Governance, Henrik Enderlein.
© Karlheinz Schindler/picture alliance / dpa

Im März organisierte er in Berlin für den Kandidaten aus Frankreich eine Diskussion mit Gabriel und dem Philosophen Jürgen Habermas. Und als kurz vor der entscheidenden zweiten Runde der Wahl im Mai gehackte E-Mails aus dem Wahlkampfteam Macrons gemeinsam mit gefälschten Dokumenten im Internet auftauchten, rief Enderlein per Twitter dazu auf, den Versuch der Wahlbeeinflussung lächerlich zu machen und Kochrezepte zu posten. Unter dem Hashtag #Macronleaks gab er selbst Zubereitungstipps für ein schmackhaftes Enten-Confit weiter. Die Resonanz war enorm.

Gespräche mit SPD-Kanzlerkandidat Schulz

Das SPD-Mitglied Enderlein richtet sein Augenmerk nun auf den Wahlkampf in Deutschland. Mit dem SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz redet er oft über Macron und dessen sozialliberale und pro-europäische Gewinnerstrategie. Zwar beginnt Enderlein im Herbst ein einjähriges Sabbatical am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz, bevor er im September 2018 Präsident der Hertie School of Governance wird. „Aber ich werde nicht aus der Welt sein“, kündigt er an. „Es wird im Herbst einen Moment geben, in dem es wichtig sein wird, die Weichen für Europa zu stellen“, sagt er mit Blick auf den Koalitionsvertrag der künftigen Regierung.

Dass Enderlein strategisch denkt, zeigt sich an der Analyse der EU-Agenda, mit der Berlin und Paris im Frühjahr 2018 nach seiner Ansicht konfrontiert sein werden: Brexit, Vertiefung der Währungsunion und Schaffung einer europäischen Verteidigungs- und Sicherheitsunion. Und was ist mit der hierzulande weit verbreiteten Sorge, Macron könne Deutschland in die Rolle des Zahlmeisters für notleidende Euro-Länder drängen? „Absurd“, sagt Enderlein. Beide Länder müssen aufeinander zugehen, findet er. „Aber echte Antworten zur Zukunft der Währungsunion werden sich wohl erst finden, wenn der Brexit durch ist, voraussichtlich im Herbst 2019.“

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