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Macron wird Le Pen allmählich gefährlich.
© AFP und Reuters, Montage: Tsp
Update

Zweikampf in Frankreich: Macron wird Le Pen immer gefährlicher

Emmanuel Macron kündigt in seinem Wahlprogramm radikale Reformen an. Inzwischen sammelt er Wähler von rechts und links. Der Druck auf den konservativen Fillon steigt: Jetzt wurde seine Wohnung durchsucht.

Schritt für Schritt schleicht sich Emmanuel Macron an den Elyséepalast heran. Nicht nur was seine Chancen für das Amt des Präsidenten angeht, sondern im wahrsten Sinne des Wortes: Der 39-jährige Sozialliberale hat den Pavillon Gabriel, der hinter den Gärten des Präsidentensitzes liegt, für die Vorstellung seines Programms gewählt. Symbolischer ging es nicht. Selbst die Rechtsextreme Marine Le Pen ist mit ihrem Kampagnensitz weiter entfernt. Immer mehr wirkt es so, als ob sich die Präsidentschaftswahl zu einem Zweikampf entwickelt: Macron gegen Le Pen.

Dafür spricht auch, dass der konservative François Fillon in der Affäre um Scheinbeschäftigung seiner Ehefrau und zweier seiner Kinder zunehmend unter Druck gerät. Am Donnerstag wurde seine Pariser Wohnung durchsucht. Die Maßnahme im siebten Arrondissement sei "früher am Tag" erfolgt, verlautete aus informierten Kreisen, nachdem die Zeitung "Parisien" über die Razzia berichtet hatte.

Macron greift die Gegner Fillon und Le Pen direkt an

Bei der Vorstellung seines Wahlprogramms vor 400 Journalisten am Donnerstag schien Macron selbstsicher, in der ersten Reihe lächelte ihm seine Frau Brigitte zu. Seine Rede begann er mit einem Angriff auf Le Pen und Fillon, ohne deren Namen zu nennen: „Es ist schwerwiegend, dass zwei Kandidaten den Rechtsstaat und die Justiz angreifen.“

Er bezog sich dabei auf die Affären um Scheinbeschäftigung, in die sowohl Fillon als auch Le Pen verwickelt sind. Beide hatten in den vergangenen Tagen die Unabhängigkeit der Justiz in Frage gestellt. Macron dagegen hob hervor, dass er gegen Korruption angehen wolle, und rief seine Konkurrenten zu mehr „Würde“ auf.

Sein Ziel sei ein vollständiger, radikaler Umbau des Landes.In seinem Programm setzt er auf Reformen, darunter eine Angleichung der unterschiedlichen Renten-System und eine weitere Liberalisierung des Arbeitsrechts. Er plant, in fünf Jahren 60 Milliarden Euro einzusparen und rund 120.000 Stellen im öffentlichen Dienst zu streichen.

Zugleich sollen aber 4000 bis 5000 neue Lehrer und 10.000 neue Polizisten eingestellt werden, um die Herausforderungen durch den Terrorismus bewältigen zu können. Unternehmen sollen weniger Abgaben, der Mittelstand weniger Steuern zahlen, denn dieser sei der Sockel des Gesellschaft. Den „europäischen Traum“ will er neu beleben und schwört dabei auf die deutsch-französische Beziehung: „Frankreich muss Deutschland zeigen, dass es ein glaubwürdiger Partner ist.“

Macron liegt laut einer Umfrage nur knapp hinter Le Pen

Seine Bewegung „En Marche“ habe schon 205.000 Anhänger. Das sind mehr als doppelt so viele wie der Front National und fast so viele wie die Republikaner. Mit seinem Programm, das Sozialleistungen weitestgehend erhält und die Wirtschaft fördert, positioniert er sich dabei weder rechts noch links. Er spricht in Frankreich Wähler der Mitte an, kann aber auch von rechts und links Stimmen holen. Umfragen zeigen, dass besser Ausgebildete zu Macron tendieren.

Marine Le Pen mit ihren Programm gegen Ausländer und Europa betont zwar ebenfalls, weder rechts noch links zu stehen. Sie bindet aber eher den „kleinen Mann“ an sich, Teile der Mittelschicht, die gegen Immigration sind, sowie sehr weit rechts stehende wohlhabende Franzosen.

Am Donnerstag stellte Macron sein Wahlprogramm vor.
Am Donnerstag stellte Macron sein Wahlprogramm vor.
© Christian Hartmann/rtr

Macron liegt laut einer Umfrage von Opinionway im ersten Wahlgang mit 24 Prozent schon knapp hinter Le Pen mit 25 Prozent. Sollte er Le Pen im ersten Wahlgang schon schlagen, wäre das eine herbe Niederlage für sie. Im zweiten Wahlgang würde Macron mit 62 Prozent immer klarer gegen Le Pen mit 38 Prozent siegen. Fillon, der Mitte März verhört werden soll und mit einem Ermittlungsverfahren zu rechnen hat, liegt weit abgeschlagen bei 21 Prozent. Mehrere seiner Anhänger haben ihm schon schon den Rücken gekehrt, darunter der ehemalige Minister Bruno Le Maire.

Fillons Wähler laufen zu Macron über

Dass Macron Le Pen immer gefährlicher wird, liegt auch daran, dass mehr Anhänger von Fillon zu Macron überlaufen als zu Le Pen, die seit Wochen konstant um 25 Prozent liegt. Und während Macron von vielen als Frankreichs große Hoffnung bezeichnet wird, gerät Le Pen an einer anderen Front in Bedrängnis. Nach einer Abstimmung im EU-Parlament, die auf Antrag der französischen Justiz erfolgte, wurde ihre Immunität aufgehoben. Dabei geht es allerdings nicht um die Affäre um Scheinarbeit von FN-Mitarbeitern, sondern um grausame Fotos von Terrorismusopfern, die sie getwittert hatte. Die Justiz hatte Ermittlungen wegen der „Verbreitung von Gewaltbildern“ eingeleitet.

Bisher konnte das alles Le Pen in den Umfragen nichts anhaben. Sie hat es geschafft, gegenüber ihrer Wählerschaft die Ermittlungen gegen sie als politisch motiviert zu erklären. Sie betonte, dass die Justiz „in den Dienst“ von Macron gestellt werde. Selbst wenn sich die juristische Situation für Le Pen verschärft, glauben Experten, dass es ihr kaum schaden würde, so der Politologe Jean Petaux von der Elitehochschule Sciences Po: „Sie wird sich weiter als Opfer des Systems darstellen.“ Und ihre Wählerschaft kaufe ihr das ab. (mit AFP)

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