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Der Chef der Mitte-Partei Modem, François Bayrou.
© Gonzalo Fuentes/Reuters
Update

Wahlkampf in Frankreich: Ein Opfer mit Kalkül

Im französischen Wahlkampf erhält der junge Emmanuel Macron die Unterstützung des erfahrenen Zentrumspolitikers François Bayrou. Dies könnte Macrons Weg in den Elysée-Palast ebnen.

Alt hilft jung: Nach dieser Devise bekommt der 39-jährige französische Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron Unterstützung von François Bayrou. Der 65-jährige Bayrou ist ein alter Bekannter in der französischen Politik. Der Zentrumspolitiker verzichtete auf eine eigene Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl in zwei Monaten und schmiedete statt dessen ein Wahlbündnis mit dem Jungstar Macron. Während Bayrou seinen Verzicht als ein „Opfer“ bezeichnete, hat der Schulterschluss der beiden Politiker vor allem eines zur Folge: Die Aussichten der Vorsitzenden des rechtsextremen Front National (FN), Marine Le Pen, verschlechtern sich.

FN-Chefin Le Pen legt in Umfragen zu

Laut Umfragen gilt nämlich Macron für Le Pen als der gefährlichste Gegner bei der entscheidenden Stichwahl um das Präsidentenamt Anfang Mai. Nach einer Erhebung des Instituts Opinionway käme sie in einem Duell mit Macron nur auf 42 Prozent, während sie in einem Zweikampf mit dem konservativen Kandidaten François Fillon immerhin 44 Prozent erreichen würde. Dies würde zwar in beiden Fällen eine Niederlage für Marine Le Pen bedeuteten, aber die FN-Chefin hat derzeit den Trend auf ihrer Seite. Ihre Umfragewerte für den zweiten Wahlgang haben sich in den vergangenen Wochen stetig verbessert. Le Pen geißelte das Wahlbündnis zwischen Bayrou und Macron prompt als Ausdruck der „alten Politik“ Frankreichs, welche die FN-Chefin grundlegend zu verändern vorgibt.

Aus strategischer Sicht ist es ein kluger Schachzug von Bayrou, auf eine erneute Kandidatur für das höchste Staatsamt in Frankreich zu verzichten. Dem Vorsitzenden der Mittepartei Modem war es in der Vergangenheit nie gelungen, in die zweite Runde der Präsidentschaftswahl zu gelangen. Nachdem ihm bei der Wahl von 2007 mit einem Stimmenanteil 18,6 Prozent ein Achtungserfolg gelungen war, lag er diesmal laut Prognosen nur bei 5,5 Prozent. Bayrous Kalkül: Dank der Unterstützung der eigenen Anhänger soll Macron, der als Pro-Europäer ähnliche politische Ansichten vertritt, an dem Konservativen Fillon vorbei in die Stichwahl einziehen und am Ende Präsident werden.

Macrons Wahlkampf-Patzer

Der frühere Wirtschaftsminister Macron kann die Schützenhilfe von Bayrou ganz gut gebrauchen. Zuletzt leistete sich der Chef der Bewegung „En marche!“ einige Patzer im Wahlkampf. So legte er sich mit den Befürwortern der Homo-Ehe an, was ihm massive Kritik einbrachte. Macron machte anschließend schnell eine politische Rolle rückwärts und entschuldigte sich. Auch Macrons Äußerungen über die Rolle Frankreichs in Nordafrika gingen nach hinten los. Bei einem Besuch in Algerien hatte er erklärt, dass die Kolonisierung „ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und eine „wahre Barbarei“ gewesen sei. Auch in diesem Fall bedauerte Macron seine Wortwahl anschließend, nachdem er bei Wahlkampfauftritten in Südfrankreich den Unmut der Bevölkerung zu spüren bekommen hatte.

Das neue Bündnis in der politischen Mitte in Frankreich hat für Macron auch den Vorteil, nun einen erfahrenen Wahlkämpfer an seiner Seite zu haben. Bayrou war insgesamt dreimal angetreten – 2002, 2007 und 2012. Vor fünf Jahren hatte er schon einmal die Rolle des Königsmachers gespielt. Damals rief er seine Anhänger vor dem entscheidenden zweiten Wahlgang dazu auf, dem Sozialisten François Hollande ihre Stimme zu geben.

Am Abend machte es ihm Yannick Jadot nach: Der französische Grünen-Politiker zog seine Präsidentschaftskandidatur ebenfalls zurück und unterstützt nun den linken Sozialisten Benoît Hamon.

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