Nach Kritik an Trump-Entscheidung: Macron ruft Netanjahu zu „mutigen Gesten“ an die Palästinenser auf
Israels Premier hatte zuvor die Kritik an Trumps Entscheidung für Jerusalem gerügt - und das Schweigen zu Raketen aus Gaza.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu „mutigen Gesten“ gegenüber den Palästinensern aufgefordert. Er habe Netanjahu darum gebeten, „um aus der derzeitigen Sackgasse herauszukommen“, sagte Macron am Sonntag nach einem Treffen mit Netanjahu in Paris bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Als mögliche Geste nannte er auf Nachfrage ein Einfrieren der israelischen Siedlungspolitik.
Macron sagte, er habe dem israelischen Regierungschef seine Missbilligung der jüngsten Erklärungen Trumps ausgedrückt. Frankreich sei der Auffassung, dass dies dem internationalen Recht widerspreche und gefährlich für den Frieden sei, erklärte Macron. Er verurteilte zugleich „mit größter Klarheit jede Form von Angriff der letzten Stunden und Tage gegen Israel“. Zudem sprach Macron sich für eine Zwei-Staaten-Lösung zur Beilegung des Konfliktes zwischen Israel und den Palästinensern aus.
Netanjahu zeigte von der Kritik an der Jerusalem-Entscheidung der USA unbeeindruckt. Je früher die Palästinenser sich mit der Realität abfänden, dass Jerusalem die Hauptstadt Israels sei, desto eher sei Frieden möglich, sagte er auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Macron.
Netanjahu: Erdogan hilft Terroristen und bombardiert Dörfer im eigenen Land
Zugleich teilte er gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan aus. "Ich bin es nicht gewohnt, Lektionen über Moral von einem Führer zu erhalten, der kurdische Dorfbewohner in seiner Heimat Türkei bombardiert, Journalisten inhaftiert, dem Iran beim Umgehen von Sanktionen hilft, und der Terroristen, auch im Gazastreifen, dabei hilft, unschuldige Menschen zu töten", sagte Netanjahu am Sonntag in Paris.
Erdogan hatte Israel zuvor als "terroristischen Staat" attackiert, der "Kinder tötet". Bei einer Rede im zentraltürkischen Sivas sagte Erdogan am Sonntag: "Palästina ist ein unschuldiges Opfer (...) Was Israel anbelangt, das ist ein terroristischer Staat, ja, terroristisch!" Er werde mit allen Mitteln gegen die Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt durch die USA kämpfen.
Erdogan äußerte sich in den vergangenen Tagen bereits mehrfach erzürnt über die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als Israels Hauptstadt anzuerkennen und die US-Botschaft von Tel Aviv dorthin zu verlegen.
Netanjahu wirft Europa Doppelmoral vor
Vor seinem Besuch in Paris und Brüssel hatet der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Europa vorgeworfen, im Nahost-Konflikt mit zweierlei Maß zu messen. „Ich halte Europa für sehr wichtig“, sagte Netanjahu am Samstagabend vor seiner Abreise. „Während ich Europa respektiere, bin ich nicht bereit, Doppelmoral von seiner Seite zu akzeptieren.“
Zur europäischen Reaktion auf die Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt durch US-Präsident Donald Trump sagte Netanjahu: „Ich höre von dort Stimmen, die Präsident Trumps historische Stellungnahme verurteilen, aber ich habe keine Verurteilungen der Raketenangriffe auf Israel (aus dem Gazastreifen) oder der schrecklichen Hetze gegen es gehört.“
Trumps Entscheidung am Mittwoch hatte weltweit Kritik und Proteste ausgelöst. Bei Unruhen in den Palästinensergebieten sowie israelischen Luftangriffen im Gazastreifen wurden vier Palästinenser getötet und Hunderte verletzt. Auch in Paris kam es am Samstag zu Demonstrationen. Militante Palästinenser im Gazastreifen feuerten in den vergangenen Tagen mehrmals Raketen auf israelisches Gebiet ab.
„In Paris werde ich meinen Freund, den französischen Präsidenten Emmanuel Macron treffen“, sagte Netanjahu, der von seiner Frau Sara begleitet wird. Anschließend werde er in Brüssel mit europäischen Außenministern zusammenkommen. „Ich bin nicht bereit, diese Heuchelei zu akzeptieren, und wie üblich bei diesem wichtigen Forum werde ich Israels Wahrheit ohne Angst und mit hoch erhobenem Haupt präsentieren.“ (dpa, Reuters)