Frankreichs Präsident in der Normandie: Macron begegnet Protest der Gelbwesten mit Bürgerdebatte
Mit einer Reise durch die Regionen will Frankreichs Präsident die Situation im Land entspannen. Die Gelbwesten sprechen von einem Ablenkungsmanöver.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat am Dienstag seine Bürgerdebatte begonnen, mit der er auf die Proteste der Gelbwesten eingehen will. Die Debatte soll die Gemüter der Franzosen beruhigen, die gegen Macrons Reformen sind. Der Präsident rief die Franzosen auf, sich an Gesprächsrunden im ganzen Land zu beteiligen.
Erste Etappe war am Dienstag die Normandie. In Grand-Bourgtheroulde, südlich von Rouen, sprach Macron mit 600 Bürgermeistern aus der Region. Insgesamt will Macron zehn Reisen durch das ganze Land unternehmen. Vor der Normandie-Reise konnte jeder Bürger seine Fragen, Kritiken und Forderungen in ein Buch einschreiben. Macron wolle vor allem zuhören und wenig selbst reden, hieß es aus dem Élysée-Palast.
Vor der Ankunft von Macron in Grand Bourgtheroulde waren einige Läden verbarrikadiert, auf einer Schlachterei stand: „Die Zeit der Könige ist vorbei“. Macron war in den letzten Wochen immer wieder vorgeworfen worden, sich herablassend wie ein Herrscher zu benehmen.
In einem offenen Brief wirft Macron 34 Fragen auf
Vor der Reise hatte er an die Franzosen einen offenen Brief geschrieben und das Ziel des Dialogs bestimmt: Er solle zu einem „neuen Vertrag für die Nation“ führen. Auf sechs Seiten warf der Präsident 34 Fragen auf, darunter: Wie machen wir unser Steuersystem gerechter und das staatliche Handeln effizienter? Brauchen wir mehr Volksentscheide?
Die ersten Ergebnisse der Debatte soll es im April geben. Macron betonte jedoch gleichzeitig, er werde an den Leitlinien seiner Politik festhalten, so auch an seiner teilweisen Abschaffung der Vermögenssteuer, die von vielen kritisiert wird. Die wichtigen Themen der Bürgerdebatte sind Steuern und Staatsausgaben, die Organisation des Staates und der Demokratie.
Auch das Thema Einwanderung gehört dazu. Zu diesem Thema ließ Macron verlauten, er denke an „jährliche Ziele“, also Quoten, die vom Parlament festgelegt werden können. Einige Vertreter der Gelbwesten sprachen von einem „Täuschungsmanöver“, Macron wolle nur wieder moralische Lektionen erteilen. Laut einer Umfrage der Tageszeitung „Le Figaro“ glauben sieben von zehn Franzosen, dass die Debatte nicht zu wirksamen Maßnahmen führen wird.
Proteste der Gelbwesten machen Regierung das Leben schwer
Nach Ansicht von Beobachtern wird es schwierig, Wege zu einer Entspannung der Situation zu finden. Die Forderungen der Gelbwesten seien zu unterschiedlich, die Gesellschaft zu gespalten in verschiedene Gruppen – in die Eliten, die ländliche Bevölkerung, die Bewohner der Städte und die Abgehängten in den Vorstadtregionen.
Die Proteste der Gelbwesten haben die Arbeit der Regierung blockiert, weitere Reformen dürften schwieriger werden. Wenn der Präsident mit seinem Roadtrip durch Frankreich scheitert, schwinden die Chancen für den einstigen Star, seine Präsidentschaft noch zu retten.