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Staat nimmt so viel ein wie nie: Macht Olaf Scholz auch am Jahresende einen Rekordüberschuss?

Mit 48 Milliarden Euro lag der Staat zur Jahresmitte im Plus. Das lag auch daran, dass man es in Berlin mit der Regierungsbildung nicht so eilig hatte.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz.
© Michael Kappeler/dpa

Die Beschäftigungslage ist gut, die Wirtschaft wächst und die Bundesregierung war nicht handlungsfähig: Das sind die drei Gründe, weshalb das Statistische Bundesamt am Freitag mal wieder einen Rekord vermelden konnte. Gut 48 Milliarden Euro nahmen Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen im ersten Halbjahr mehr ein als sie ausgegeben haben. 762 Milliarden Euro nahm der deutsche Staat von Januar bis Ende Juni ein, 714 Milliarden Euro gab er aus. Dass der Überschuss beim Bund am höchsten ausfiel mit 19,5 Milliarden Euro, liegt daran, dass sich die Regierungsbildung bis in den März hinzog und die neue schwarz-rote Koalition erst im späten Frühjahr richtig zu arbeiten begann. Einen Bundesetat für 2018 gibt es erst seit Juni. So galt einige Monate die so genannte vorläufige Haushaltsführung, die das Geldausgeben bei den Ministerien gedeckelt hat. Mit der Folge, dass der Bund im ersten Halbjahr etwas weniger Ausgaben hatte als im Vorjahreszeitraum. Die Einnahmen aber wuchsen, nicht zuletzt bei den Einkommen- und Vermögensteuern. Der Überschuss des Bundes (und damit der gesamtstaatliche) wäre noch deutlich höher ausgefallen, wäre nicht im Juni eine vom Bundesverfassungsgericht erzwungene Rückzahlung der Kernbrennstoffsteuer an die Energieversorger fällig gewesen. Deren Umfang: 6,3 Milliarden Euro.

Seit Juni wird wieder mehr Geld ausgegeben

Seit dem Haushaltsabschluss im Juni ist die Bundesregierung wieder richtig aktiv. Dass das Folgen hat, zeigen die neusten Zahlen aus dem Bundesfinanzministerium: Demnach wurde im Juli bereits wieder so viel Geld ausgebeben, dass das leichte Halbjahresminus schon Geschichte ist. Der Bund gab bis einschließlich Juli 1,2 Milliarden Euro mehr aus als in den ersten sieben Monaten im Jahr 2017 (und das war ein Wahlkampfjahr). Nicht zuletzt für militärische Beschaffungen, wie dem aktuellen Monatsbericht des Ministeriums zu entnehmen ist. Mehr Geld für die Rüstung ist eines der Hauptanliegen der großen Koalition – wobei es der Union gern noch ein bisschen mehr für die Bundeswehr sein könnte, wie Fraktionschef Volker Kauder am Freitag deutlich machte.

Angesichts der Zahlen zur Mitte des Jahres stellt sich nun die Frage: Meldet auch der Finanzminister Olaf Scholz von der SPD wieder einen Jahresendüberschuss, so wie sein Vorgänger Wolfgang Schäuble von der CDU seit 2014? "Das ist eine gute Entwicklung mit zusätzlichen Möglichkeiten", sagte er zu den Zahlen aus Wiesbaden. Angesichts weltwirtschaftlicher Unsicherheiten sei jedoch Vorsicht geboten (so klang Schäuble freilich auch immer). Üblicherweise entwickelt sich das zweite Halbjahr beiden Einnahmen stets ein bisschen besser als das erste, auch wegen der Jahresboni und Weihnachtsgelder für die Beschäftigten.

Scholz baut vor

Am Ende des Jahres werde man sehen, "was an Handlungsspielraum da sei“, sagte Scholz, der aber eher vermeiden will, dann einen sehr großen Überschuss zu vermelden. Er baut auch schon vor, etwa mit einem Sonderfonds für Digitalprojekte im Umfang von 2,4 Milliarden Euro, der jetzt angelegt werden soll, ohne dass konkrete Projekte für dieses Geld schon absehbar sind. Ohnehin hat das Bundesfinanzministerium in den vergangenen Jahren immer stärker eine Politik des Hortens begonnen – etwa mit der Milliarden-Rücklage für Flüchtlingskosten, die jetzt schon weit mehr umfasst als tatsächlich wohl an solchen Kosten anfallen wird. Im Übrigen hilft den öffentlichen Haushalten nach wie vor, dass die Zinsausgaben wegen der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank seit Jahren fallen – auch im ersten Halbjahr nochmals um 8,7 Prozent. Dafür gingen die Investitionsausgaben vor allem bei Ländern und Kommunen um 12 Prozent in die Höhe.

Auch die Sozialbeiträge stiegen weiter – um 4,2 Prozent, was vor allem die Debatte um die Höhe des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung beeinflussen wird. Die Koalition hat beschlossen, ihn von drei auf 2,7 Prozent zu senken, doch gibt es Forderungen aus der Union, ihn noch weiter nach unten zu drücken.

Der CSU-Wahlkämpfer Markus Söder hat dagegen anderes im Sinn. Bayerns Ministerpräsident, der am 14. Oktober im Amt bestätigt werden will, fordert eine schnellere Senkung des Solidaritätszuschlags. Der soll nach den Plänen der Koalition erst von 2021 an abgebaut werden.

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