Verfassungsschutz: Maaßen muss gehen - ganz und gar
Ursprünglich sollte der Verfassungsschutzchef, noch besser bezahlt, ins Innenministerium wechseln. Jetzt macht Minister Seehofer ihn zum Ruheständler.
Mit ihm werde einer „aus dem Amt gedrängt“, der „in Deutschland als Kritiker einer idealistischen, naiven und linken Ausländer- und Sicherheitspolitik bekannt“ sei. So interpretierte Hans-Georg Maaßen vor wenigen Wochen in einer Rede vor europäischen Geheimdienstkolleginnen und -kollegen seine Abberufung aus jener Kölner Behörde, die er sechs Jahre lang geleitet hat. Für „politische Gegner und einige Medien“ sei sein Interview zu Chemnitz lediglich der Anlass gewesen, ihn aus dem Amt zu drängen.
Kurz nach dem NSU-Schock kam ein Hardliner der Ausländerpolitik
Tatsächlich sahen sich schon bei Maaßens Berufung 2012 durch den damaligen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) diejenigen enttäuscht, die so kurz nach der Selbstenttarnung des rechten NSU-Terrornetzes auf einen Aufklärer gehofft hatten. Einen, der die offensichtlichen Fäden zwischen dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ und den Sicherheitsbehörden benennen und entwirren würde. Maaßen dagegen, der zuletzt als Chef der Terrorismus-Bekämpfung im Bundesinnenministerium gearbeitet hatte, war auf diesem Feld nicht beschlagen und stattdessen als Hardliner in ausländerrechtlichen Fragen bekannt.
Zehn Jahre vor seinem Einzug ins Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz war Maaßen Autor jener Vorlage, mit der die damalige rot-grüne Bundesregierung die Freilassung des Bremers Murat Kurnaz aus dem US-Lager Guantanamo vereitelte. Kurnaz hatte dort viereinhalb Jahre unschuldig eingesessen. Um dennoch seine Rückkehr nach Deutschland zu verhindern, argumentierte Maaßen darin so: Weil Kurnaz, in Bremen aufgewachsen, aber türkischer Staatsbürger, mehr als sechs Monate im Ausland gewesen sei – gemeint war das Lager – und keine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung beantragt hatte, sei sein Recht auf Wiedereinreise „kraft Gesetzes erloschen“.
Seine Abberufung könnte nun die Chance auf einen Amtschef oder eine -chefin bieten, der oder die die Lücke von damals füllt. Der Bundesinnenminister, der nach dem für seine CSU verheerenden bayerischen Wahlergebnis selbst angeschlagen ist, scheint dafür nach wie vor keinen eigenen Personalvorschlag zu haben. In Fachkreisen wurde aufmerksam registriert, dass er in seiner Erklärung zur Versetzung Maaßens in den einstweiligen Ruhestand erneut versprach, dem Bundeskabinett „zeitnah Vorschläge“ zu unterbreiten. Maaßens Abberufung im Kölner Amt ist aber schon seit sieben Wochen beschlossene Sache.
Wird ein Hamburger Nachfolger?
Eher unwahrscheinlich also, dass „ein oberbayerischer Regierungsbeamter mit 30 Jahren Verwaltungserfahrung“ zum Zuge kommt, wie ein Kenner der Materie am Montag witzelte. Immer wieder wird stattdessen ein Nordlicht als möglicher neuer Mann für Köln genannt: Der Hamburger Verfassungsschutzchef Thorsten Voss, gelernter Polizist und Christdemokrat, aber auch in der SPD wohlgelitten – unter einem SPD-Innensenator konnte er weiter Karriere machen. Er gilt als maßvoll und erfahren. Der Verfassungsschützer, der die Polizeilaufbahn auf der berühmten Davidswache auf der Hamburger Reeperbahn begann, war, bevor er Chef wurde, lange stellvertretender Leiter des Hamburger Amts. Mit Maaßen kam er überkreuz, als er in vorderster Reihe gegen dessen Versuch kämpfte, die Verfassungsschutzämter der Länder stärker zentral an die Kandare zu nehmen. Hamburgs Ex-Bürgermeister, der heutige Finanzminister und SPD-Vizevorsitzende Olaf Scholz, twitterte kurz nach der Entlassung von Maaßen, die sei „richtig und war überfällig“. „Eine Sicherheitsbehörde ist zum Schutz der Bürger da, nicht dazu, krude Thesen zu verbreiten.“ Das habe Maaßen nicht verstanden. Bis die Nachfolge von Maaßen geregelt ist, auch dies verkündete Seehofer am Montag, wird sein Stellvertreter Thomas Haldenwang die Geschäfte führen.
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