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Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) wird von seinem türkischen Amtskollegen Mevlut Cavusoglu begrüßt.
© AFP

Türkeireise des Außenministers: Maas will den Neuanfang mit der Türkei

Der Besuch von Heiko Maas soll ein erster Schritt Richtung Normalisierung der Beziehungen sein. Der Außenminister stellt mehr Hilfen für die Türkei in Aussicht.

Schon bevor Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Mittwochnachmittag in der türkischen Hauptstadt Ankara landete, hatte er mit seinem Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu eine Vereinbarung getroffen, die den Willen beider Seiten zu einem Neuanfang in den Beziehungen unterstreichen sollte. Cavusoglu, so war es ausgemacht, sollte noch am Abend zusammen mit Maas in der Regierungsmaschine des deutschen Ministers zur zweiten Station von dessen Türkei-Reise nach Istanbul fliegen.

Im Gespräch mit dem „lieben Mevlüt“, wie Maas seinen türkischen Kollegen nannte, stellte der Bundesaußenminister wegen der Möglichkeit einer neuen Fluchtwelle aus dem syrischen Idlib mehr Hilfe für die Türkei in Aussicht: Deutschland sei bereit, sein humanitäres Engagement zu stärken, sagte Maas. An welche Maßnahmen oder Geldsummen er dabei denkt, sagte Maas nicht.

Den Bemühungen um Gemeinsamkeiten in Ankara stand ein ganzer Berg von Problemen gegenüber. Mehr als ein halbes Dutzend Bundesbürger sitzen wegen politischer Vorwürfe in der Türkei hinter Gittern, mehr als 30 weitere werden zudem mit Ausreisesperren festgehalten. Man werde dazu weiter im Gespräch bleiben – mehr konnte Maas nach seinem Gespräch mit Cavusoglu am Abend nicht vermelden. Der türkische Minister verwies darauf, auch die Türkei habe einige Fragen an Deutschland, etwa was den Aufenthalt mutmaßlicher türkischer Regierungsgegner in der Bundesrepublik betrifft.

Bisher hat Ankara jede Kritik am Druck auf Andersdenkende zurückgewiesen. Die EU verstehe einfach nicht, dass sich die Türkei nach dem Putschversuch von 2016 vor neuen Umsturzversuchen schützen müsse, lautet das Argument. Vergeblich fordert Ankara von den Deutschen und anderen EU-Mitgliedern die Auslieferung mutmaßlicher Anhänger der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen, die für den Putschversuch verantwortlich gemacht wird. Wie bei anderen westlichen Politikern gehörte auch bei Maas am Mittwoch eine Besichtigung der aus der Putschnacht stammenden Schäden im türkischen Parlamentsgebäude zum Programm in Ankara.

 Ankara zählt auf Europas Interesse, eine neue Fluchtwelle aus Syrien zu verhindern

Trotz ihrer Differenzen wissen Türken wie Deutsche, dass sie einander brauchen. Maas sagte, die beiden Länder hätten einen „strategischen Dialog“ der Außenministerien vereinbart. Die Türkei sucht derzeit wegen des heftigen Streits mit den USA und des eskalierenden Konflikts im Nachbarland Syrien wieder verstärkt die Nähe zu Europa und besonders zu den Deutschen. Präsident Recep Tayyip Erdogan, der Maas am Mittwoch ebenfalls in Ankara empfing, hofft auf europäische Hilfe zur Bekämpfung der derzeitigen Finanzkrise.

Gleichzeitig zählt Ankara auf das europäische Interesse daran, eine neue Fluchtwelle aus Syrien zu vermeiden. Aktuell geht es darum, eine „humanitäre Katastrophe“ durch die erwartete syrische Regierungsoffensive in der Provinz Idlib an der türkischen Grenze zu verhindern, sagte Maas. Ein neuer Ansturm von hunderttausenden Hilfesuchenden aus Idlib auf die Türkei könnte sich wie im Krisenjahr 2015 bis nach Europa fortsetzen, warnte Cavusoglu. Er sprach von zwei Millionen oder mehr Menschen, die aus Idlib in die Türkei kommen und auch nach Europa weiterreisen könnten.

Nicht zuletzt deshalb unterstützt Deutschland die Bemühungen der Türkei, bei einem Gipfeltreffen mit Russland und dem Iran an diesem Freitag, den Großangriff in Idlib doch noch abzubiegen. Maas sagte den Türken eine stärkere deutsche Hilfe zu, sollte die großflächige Offensive zu einer neuen Fluchtwelle führen.

In Istanbul wollen Maas und Cavusoglu an diesem Donnerstag gemeinsam die Deutsche Schule besuchen, die in diesem Jahr ihr 150-jähriges Bestehen feiert. Jede freie Minute, sogar im Wagen auf der Fahrt von einem Termin zum nächsten, werde für Gespräche genutzt, sagte Cavusoglu.

Der Besuch von Maas soll ein erster Schritt bei der Normalisierung der Beziehungen sein. Seine Visite ist der Auftakt einer Reihe von geplanten deutsch-türkischen Regierungskontakten. In wenigen Wochen wird Erdogan zu einem Staatsbesuch in Berlin erwartet.

Der türkische Präsident ließ im Gespräch mit Reportern auf dem Rückweg von einer Auslandsreise erkennen, dass er große Hoffnungen in das Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt. Er werde Merkel in Berlin nicht nur zu einem Mittagessen treffen, sondern an einem anderen Besuchstag auch bei einem Arbeitsfrühstück, das zeitlich nicht begrenzt sei, betonte Erdogan. „Wir werden Gelegenheit haben, viele Themen im direkten Gespräch zu erörtern“, sagte der Präsident. „Ich messe diesem Besuch große Bedeutung bei.“

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