Sommertourismus in der Corona-Krise: Maas warnt vor europäischem Wettlauf bei Reiselockerungen
Der Außenminister dämpft die Hoffnung auf Sommerurlaub im europäischen Ausland. Agrarministerin Klöckner empfiehlt Urlaub in deutschen Landen.
Angesichts der Diskussionen um die bevorstehende Urlaubssaison in der Coronavirus-Pandemie hat Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) die Erwartungen an eine baldige Öffnung von europäischen Reisezielen gedämpft. „Ein europäischer Wettlauf darum, wer touristische Reisen zuerst wieder zulässt, führt zu unvertretbaren Risiken“, sagte Maas der „Bild am Sonntag“.
„Was ein Infektionscluster in einem beliebten Urlaubsgebiet in den Heimatländern der Touristen anrichten kann, haben wir bereits erlebt“, erinnerte Maas an die Infektionsfälle im österreichischen Skiort Ischgl. Das dürfe sich nicht wiederholen, mahnte der Minister.
Stattdessen brauche Europa gemeinsame Kriterien für einen Weg zurück zur Reisefreiheit - „so schnell wie möglich, aber so verantwortlich wie nötig“. Auslöser für die Warnungen des Außenministers sind unter anderem die Pläne des österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz für eine schrittweise Grenzöffnung für Urlauber etwa aus Tschechien oder Deutschland.
„Wir dürfen uns die hart erkämpften Erfolge der letzten Wochen nicht kaputt machen", sagte Maas. Sonst werde es noch sehr viel länger Reisebeschränkungen geben.
Tourismusbeauftragter sieht keine Chance für Fernreisen
In der Corona-Krise hält der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, Sommerurlaub in Deutschland für möglich - aber keine großen Fernreisen. Er sprach sich allerdings für vorsichtige Lockerungen bei der geltenden weltweiten Reisewarnung aus.
Der CDU-Politiker sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Große Fernreisen werden in diesem Jahr eher ausfallen. Es steht für viele Heimaturlaub auf dem Programm. Ich gehe davon aus, dass das möglich sein wird, hoffentlich auch schon im Sommer.“ Dazu brauche es aber klare Sicherheitskriterien. „Sicherheitsabstände, regelmäßige Desinfektion oder auch Tests für Personal und Mitarbeiter sind sicher vorstellbar.“
Deutschland sei groß und habe sehr viele schöne Reiseziele. „Aber in der Tat kann es natürlich an besonders beliebten Zielen auch zu Problemen kommen. Sicherheitsregeln und Abstand spielen diesen Sommer eine große Rolle. Handtuch an Handtuch am Nordseestrand wird es dieses Jahr nicht geben. Die Menschen sind bisher sehr verantwortungsvoll mit der Lage umgegangen und ich vertraue darauf, dass Reisen, wenn auch mit Einschränkungen, möglich sein wird.“
Bareiß, der auch parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium ist, sagte weiter: „Für Restaurants, Freizeitparks oder Busreisen hoffe ich sehr, dass wir Schritt für Schritt die Einschränkungen lockern können.“
Restaurants bricht derzeit ein Großteil der Einnahmen weg, sie müssen im Kampf gegen eine Ausbreitung des Coronavirus weiter geschlossen bleiben - möglich ist nur die Lieferung und Abholung von Speisen für den Verzehr zu Hause. Auch Freizeitparks haben dicht, Busreisen sind nicht möglich.
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Klöckner empfiehlt Urlaub in Deutschland
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner rät ebenfalls unter den jetzigen Umständen dazu, in Deutschland Sommerurlaub auf dem Land zu machen. „Im ländlichen Raum gibt es viele kleine Ferienwohnungen bis hin zum Urlaub auf dem Bauernhof mit eigenem Wohnbereich“, sagte die CDU-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Auch in vielen Landgasthöfen mit großen Außenbereichen gibt es Platz für ausreichend Abstand zueinander. Für diese Bereiche könnte ich mir gut vorstellen, dass sie Teil unserer Urlaubsplanungen sein könnten, wenn Abstands- und Hygieneregeln auch wirklich einzuhalten sind.“
Sie meine aber „keine Gruppenreisen mit Disko- und Barbesuchen“, sagte Klöckner. Bei den Planungen müsse mit Bedacht vorgegangen werden. In großen Hotels, in denen am Frühstücksbuffet hunderte Gäste aufeinandertreffen, sei Urlaub aktuell schwer vorstellbar. „Hier würde es wahrscheinlich schwer werden, Infektionsketten nachzuvollziehen.“
Reiseverband fürchtet Pleitewelle
Derweil warnt der Deutsche Reiseverband (DRV) vor einer Pleitewelle in der Tourismusbranche. 60 Prozent der Reisebüros und Reiseveranstalter sehen sich unmittelbar von der Insolvenz bedroht, jedes fünfte hat bereits Mitarbeiter entlassen müssen, wie die „Bild am Sonntag“ basierend auf einer DRV-Mitgliederbefragung berichtet. 80 Prozent der Unternehmen mussten demnach bereits staatliche Hilfen beantragen.
„Wenn wir nicht bald spezifische Unterstützung der Bundesregierung erhalten, wird es die mittelständisch geprägte Reisewirtschaft mit ihren vielen kleinen Reiseveranstaltern und Reisebüros, so wie wir sie kennen, sehr bald nicht mehr geben“, sagte DRV-Präsident Norbert Fiebig gegenüber der Zeitung. Schon jetzt seien mehr als 4,8 Milliarden Euro Umsatzausfälle zu beklagen, die Soforthilfen würden nicht ausreichen. Er forderte einen Rettungsschirm für die 11.000 Reisebüros und 2300 Reiseveranstalter in Deutschland. (dpa, AFP)