Früherer Besuch von Restaurants und Kinos: Maas-Forderung nach Sonderregelung für Geimpfte stößt auf Ablehnung
Der Minister will Geimpften früher Kino- und Restaurantbesuche erlauben. „Populistisch“ nennen das Kritiker. Auch die Bundesregierung winkt ab.
Bundesaußenminister Heiko Maas stößt mit seiner Forderung nach einer Aufhebung von Corona-Beschränkungen für Geimpfte auf deutlichen Widerstand in der Bundesregierung. Sowohl das SPD-geführte Justizministerium als auch das CDU-geführte Gesundheitsministerium lehnten den Vorstoß des SPD-Politikers ab. Maas hatte sich in einem Interview dafür ausgesprochen, dass Menschen nach der Corona-Impfung früher als der Rest der Bevölkerung Restaurants oder Kinos besuchen können.
"Geimpfte sollten wieder ihre Grundrechte ausüben dürfen", sagte Maas der "Bild am Sonntag". Damit stellt sich der SPD-Politiker gegen das Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel und seine eigene Partei, die mehr Freiheiten für Geimpfte bislang ablehnen.
In der Bundesregierung zeigte man sich am Wochenende verwundert. "Eingriffe in Freiheitsrechte müssen immer gut begründet sein. Aber solange nicht klar ist, ob ein Geimpfter das Virus übertragen kann, kann es keine Ausnahmen geben", sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums zu Reuters.
Das Justizministerium verwies auf eine Äußerung von Ministerin Christine Lambrecht vor wenigen Tagen. "Diese gilt nach wie vor", betonte ein Sprecher. Die SPD-Politikerin hatte in einem Interview gesagt, dass sich verbiete, Geimpfte anders zu behandeln als Nicht-Geimpfte, schon weil es keine wissenschaftlichen Belege gebe, ob die Impfung vor der Weitergabe des Virus schütze.
Auch Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte Sonderrechte strikt abgelehnt und vor einer Spaltung der Gesellschaft gewarnt. Als Argument gegen Sonderrechte wird auch angeführt, dass die meisten Menschen sich noch gar nicht impfen lassen können.
Irritiert zeigte man sich in der Bundesregierung auch deshalb, weil das Auswärtige Amt gerade erst bei der neuen Einreise-Verordnung zugestimmt habe, dass es keine Sonderrechte für Geimpfte geben solle.
Die FDP nannte den Vorstoß "sehr populistisch" und undurchdacht." In einer Zeit, wo der Impfstoff sehr begrenzt und nur für Alten- und Pflegeheime reichen wird, sind Sonderrechte für Geimpfte fehl am Platz", sagt der Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Gesundheitsausschuss, Andrew Ullmann. Diese Diskussion könne erst dann geführt werden, wenn das Impfangebote deutlich in die Breite gehe, wie im Sommer. "Jedoch sollten dann bereits Kinos und Restaurants unter wohldurchdachten und kontrollierten Hygienekonzepten öffnen dürfen."
Maas beklagt irreführende Debatte in der Bundesregierung
Maas findet die bisherige Debatte in der Bundesregierung dagegen "irreführend". "Es geht nicht um Privilegien, sondern um die Ausübung von Grundrechten von Geimpften", sagte der SPD-Politiker. Diese Grundrechte habe der Staat mit den Corona-Regeln massiv eingeschränkt, damit sich nicht noch mehr Menschen ansteckten und am Ende Intensivbetten und Beatmungsgeräte nicht mehr ausreichten.
"Es ist noch nicht abschließend geklärt, inwiefern Geimpfte andere infizieren können", sagte der frühere Bundesjustizminister. "Was aber klar ist: Ein Geimpfter nimmt niemandem mehr ein Beatmungsgerät weg." Damit falle mindestens ein zentraler Grund für die Einschränkung der Grundrechte weg.
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Außerdem schränke die Regierung auch die Grundrechte von Menschen ein, die Geschäfte betrieben wie Restaurants, Kinos, Theater, Museen. "Die haben ein Recht darauf, ihre Betriebe irgendwann wieder zu öffnen, wenn es dafür eine Möglichkeit gibt", sagte Maas. Die gebe es aber erst, wenn immer mehr Menschen geimpft seien. "Wenn erst mal nur Geimpfte im Restaurant oder Kino sind, können die sich nicht mehr gegenseitig gefährden", fügte Maas hinzu.
Derzeit ist gut ein Prozent der deutschen Bevölkerung geimpft. Zunächst werden ältere Menschen geimpft sowie Angehörige von Medizin- und Pflegepersonal. Eine ähnliche Debatte über die Erlaubnis zum Zutritt in Einrichtungen gab es auch im Zusammenhang mit Schnelltests.
Angesichts der angespannten Corona-Lage in Deutschland beraten Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder bereits kommenden Dienstag über weitere Restriktionen zur Eindämmung der Pandemie. Unter anderem wurden eine Ausgangssperre und eine Pflicht zum Homeoffice ins Gespräch gebracht. (Reuters,